Beobachter bezeichnen dies als einen beispiellosen Schritt zur Unterdrückung abweichender Meinungen in der Region. Mehrere Kaschmiris, die entweder im von Indien kontrollierten Teil Kaschmirs oder im Ausland leben, haben in den letzten zehn Tagen E-Mails von der indischen Regierung erhalten, in denen ihnen mitgeteilt wurde, dass ihnen ihre Reisepässe entzogen wurden.
Das regionale Passamt in Srinagar verwies auf Abschnitt 10 (3) des Passports Act von 1967 mit der Behauptung, dass die betroffenen Personen eine Bedrohung für die Sicherheit Indiens darstellten.
Der Passbeamte von Srinagar, Devinder Singh, sagte auf der indischen Nachrichten- und Meinungsseite The Wire, dass es „Anweisungen von Geheimdiensten“ gebe, auf deren Grundlage einige Pässe von Einwohnern Kaschmirs beschlagnahmt würden.
„Wir haben die Anweisung, die Reisepässe von Dutzenden von Personen zu sperren, aber ich kann die genaue Zahl nicht nennen. Einige von ihnen wurden über die ergriffenen Maßnahmen informiert“, sagte Singh.
Quellen zufolge umfasst die Liste 98 bis 200 Menschen aus dem von Indien verwalteten Kaschmir. Die tatsächlichen Zahlen haben die Beamten jedoch nicht bestätigt.
Die Liste der Einwohner Kaschmirs, deren Pässe beschlagnahmt werden, wurde von den indischen Sicherheitsbehörden erstellt. Quellen zufolge umfasst die Liste Journalisten, Akademiker, Anwälte, politische Aktivisten und andere.
In der Vergangenheit hat die indische Regierung die freie Reise von Journalisten aus Kaschmir eingeschränkt.
Die in Srinagar lebende Fotojournalistin und mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Fotografin Sanna Irshad Mattoo wurde von den indischen Behörden daran gehindert, in die USA zu fliegen, um die Auszeichnung entgegenzunehmen.
Derzeit schmachten vier Journalisten aus Kaschmir in indischen Gefängnissen und müssen mit Anti-Terror-Ermittlungen rechnen.
Im September 2022 kritisierte Amnesty International die indische Regierung mit der Begründung, sie ziele auf alle neutralen Informationsquellen zu Jammu und Kaschmir.
„Es herrscht Stillschweigen hinsichtlich aller Meinungsverschiedenheiten, was durch brutale Unterdrückung erreicht wurden, die Angst und Unsicherheit in der Region verbreitet hat“, hatte Amnesty International bei einem Briefing gesagt.
Einem Bericht von Human Rights Watch zufolge seien seit 2019, als die hindu-nationalistische Regierung in Neu-Delhi unter Premierminister Narendra Modi an die Macht kam, mindestens 35 kaschmirische Journalisten im Zusammenhang mit ihrer Arbeit „polizeilichen Verhören, Razzien, Drohungen, körperlichen Übergriffen oder Strafverfahren“ ausgesetzt nachdem Artikel 370 des Gesetzes, der der Himalaya-Region einen Sonderstatus verlieh, aufgehoben wurde.
Experten sagen, dass der Entzug von Pässen ein Akt zur Bestrafung abweichender Meinungen sei, und seit Jahrzehnten bestraft die indische Regierung Kaschmiris mit langen Verzögerungen oder der vollständigen Verweigerung von Pässen, wobei sie „Sicherheitsgründe“ anführt, um die Verweigerung zu rechtfertigen.