Von: Willy Wimmer, Staatssekretär a.D.
Es soll niemand sagen, dass im Antagonismus kein Reiz liegt. Neben allen anderen Aspekten war dieser Antagonismus zwischen der Sowjetunion und dem kollektiven Westen bestimmend für die relative Bändigung des westlichen Kapitalismus. Die gesamte Entwicklung in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg hat deutlich gemacht, in welchem Umfang der soziale Ausgleich davon im Westen geradezu abhing, weil es das sozialistische System dem Wortlaut nach im Osten des Kontinentes gab. Nach dem vorläufigen Ende des ersten Kalten Krieges dient das amerikanische System des „shareholder value“ nach 1990 dazu, den Sozialismus das Lebenslicht auszublasen und bei der Gelegenheit das Erfolgsmodell der „Sozialen Marktwirtschaft“ nachhaltig zu schwächen und/oder zu zerstören. Seither sind nicht nur unsere Gesellschaften in EU-Europa in einer sich verschlimmernden Schieflage. China ist das Musterbeispiel für den gescheiterten Versuch, aus der „Sozialen Marktwirtschaft“ einen Exportschlager zu machen, einschließlich gesellschaftlicher und individueller Freiräume. Wallstreet und weder Marx noch Kolping übernahm die Welt. Unter dem Präsidenten Joe Biden, Demokrat, wird jetzt versucht, in Anbetracht der globalen Entwicklung einen neuen, den Westen disziplinierenden Faktor antagonistischer Art einzuführen, um die seit 1917 mit dem amerikanischen Krieg gegen Deutschland und Österreich-Ungarn begonnene globale Vormarschsituation zu stabilisieren und fortsetzen zu können. Der Vormarsch des kapitalistischen Systems unter dem Deckmantel der Globalisierung hatte zu einer Form von eigenständiger Entwicklung auf mehreren Kontinenten geführt, die die amerikanische Dominanz zu relativieren drohte und droht. Die einzelnen Schritte sind klar zu definieren und führten zu einem gemeinsamen Brief des chinesischen Präsidenten Xi Jinping und des russischen Präsidenten im Winter 2021/2022 unter anderem an den amerikanischen Präsidenten Joe Biden. Wie dieser es mit der Handlungsfreiheit aller Staaten nach der Charta der Vereinten Nationen halte oder ob er für amerikanisches Sonderrecht im Globalmaßstab eintrete? Auch als Antwort auf diese Frage wurden im Westen, im amerikanischen Lager, gleichsam die Riemen angeworfen. Seither wird bis in die stündlichen Nachrichtensendungen zwischen der demokratischen Welt und den autoritären Staaten unterschieden. Verschwiegen wird dabei, wie synchron die Form des Wirtschaftens zwischen Shanghai, Saratow, Stuttgart und Seattle geworden ist. Aber warum sollen sich Reiche wie Brasilien und China, Russland und Indien, Südafrika und Iran dem amerikanischen Kommando ausliefern? Gewiss, in Washington sieht man das anders. Solange andere Hauptstädte in amerikanischer Dominanz keinen Mehrwert sehen, wird die Teilung der Welt weiter betrieben. Gleichzeitig stehen wir vor galaktischen Herausforderungen, die unbestritten sind. Sind unsere Regierungen im amerikanischen Lager wirklich der Ansicht, in der tödlichen Konfrontation die Welt retten zu können. „Mir san mir“ ist unser Motto. Wird das wirklich durch Beijing oder Moskau oder nicht vielmehr durch Washington ad absurdum geführt.? Droht uns im Westen die berüchtigte „Selbst-Kannibalisierung“? Die Sabotage an den Nordstream-Pipelines könnte, die Beschaffungsentscheidung zugunsten der F-35 dürfte ein Beispiel dafür gewesen sein. Es war das Lebenswerk von Franz-Josef Strauß, über den militärischen. Flugzeugbau die Grundlage für das zivile Erfolgsmodell „Airbus“ zu schaffen. „Zeitenwende“ steht für „schneller den Bach runtergehen lassen“. So geht es mit allem, nicht nur mit unserem Erbe der „Ostpolitik von Willy Brandt“.
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