Bis 2027 würde die Wirtschaftsleistung in der Europäischen Union um 0,2 Prozent niedriger ausfallen, sollte US-Präsident Donald Trump alle angekündigten Zölle auf europäische Produkte umsetzen. Das sagte EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis am Freitag nach einem Treffen der Eurogruppe in Warschau, wie das Handelsblatt berichtete.
Der Schaden für die US-Wirtschaft wäre laut Kommission deutlich größer: Das Wirtschaftswachstum würde dort im gleichen Zeitraum um bis zu 1,4 Prozent gebremst.
Sollten die Zölle dauerhaft bleiben oder andere Staaten mit Gegenzöllen reagieren und ein Handelskrieg die Folge sein, wären die wirtschaftlichen Kosten noch höher: Das Minus betrüge dann bis zu 3,3 Prozent in den USA, bis zu 0,6 Prozent in der EU und 1,2 Prozent weltweit.
Dombrovskis betonte, dass es sich um Schätzungen handele, die sich angesichts der schnellen Kurswechsel in Washington jederzeit ändern könnten. Die Zahlen sollten lediglich ein „Gefühl für das Ausmaß der möglichen Folgen“ vermitteln. Der Vertrauensverlust der Investoren in die USA, der das Wachstum weiter belasten werde, sei in den Modellrechnungen nicht enthalten.
Schon jetzt sei klar, dass Trumps Zollpolitik ein „Schlag gegen die Weltwirtschaft“ sei, so Dombrovskis. „Zölle sind schädlich für Wohlstand und Wirtschaft.“ Die wirtschaftlichen Aussichten würden „immer unsicherer“.
EU besorgt über Eskalation zwischen USA und China
Das Hin und Her im Handelsstreit zwischen Washington und Peking geht weiter. China zeigt sich ebenso unnachgiebig wie die USA und erhöht ab Samstag die Zölle auf US-Waren von 84 auf 125 Prozent, wie die Zollkommission des chinesischen Staatsrats mitteilte.
Sollte Washington weiterhin Zölle auf chinesische Waren erheben, die in die USA exportiert werden, werde China dies ignorieren. Die Zölle hätten ein Niveau erreicht, bei dem es keine Marktakzeptanz mehr für US-Waren gebe, die nach China exportiert würden.
US-Präsident Donald Trump hatte zuvor angekündigt, die Zölle auf Importe aus China weiter auf 125 Prozent zu erhöhen. Die US-Regierung hatte daraufhin mitgeteilt, bereits eingeführte Zölle in Höhe von 20 Prozent nicht berücksichtigt zu haben. Damit liegt der Sonderzollsatz gegenüber China nun bei 145 Prozent.
Trump begründete den Schritt damit, dass China den Weltmärkten "mangelnden Respekt" entgegenbringe. Peking hatte zuvor als Reaktion auf die US-Zollankündigungen der vergangenen Tage deutlich gemacht, dass es im Zollstreit bereit sei, "bis zum Ende zu kämpfen" und warf den USA "Erpressung" vor.
Der eskalierende Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt ist einer der Gründe, warum die EU-Finanzminister keine Entwarnung geben wollten. Sie zeigten sich zwar erleichtert über das 90-tägige Moratorium, wiesen aber darauf hin, dass viele US-Zölle weiterhin in Kraft seien. Darunter die 25 Prozent auf Stahl und Autos aus der EU sowie zehn Prozent auf viele andere Industriegüter.
Bundesfinanzminister Jörg Kukies zeigte sich zuversichtlich, dass die EU-Kommission in den Gesprächen mit der US-Regierung eine Lösung finden werde. Er habe in Washington den Eindruck gewonnen, dass man an einer Einigung interessiert sei. Allerdings warnte er im Handelsblatt-Interview, es sei „durchaus denkbar, dass das Ganze nach 90 Tagen wieder eskaliert“.
Auch die schwedische Finanzministerin Elisabeth Svantesson blieb skeptisch. „Die US-Regierung spielt ein Spiel mit hohem Einsatz“, sagte sie. „Hoffen wir, dass es zu Verhandlungen kommt. Aber wir sind nicht sicher.“
Mehrere Finanzminister betonten, die EU müsse Trump geschlossen entgegentreten. Über die richtigen Gegenmaßnahmen gehen die Meinungen jedoch auseinander. Kukies warnte erneut davor, US-Technologiekonzerne zu besteuern, solange europäische Unternehmen keine Alternativen zu US-Anbietern hätten.
Dagegen bekräftigte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Freitag in einem Interview mit der Financial Times, dass die Gegenmaßnahmen auch den US-Dienstleistungssektor treffen könnten. Denkbar sei etwa eine Abgabe auf Werbeeinnahmen digitaler Dienstleister. Auch EU-Wirtschaftskommissar Dombrovskis betonte in Warschau: „Alle Optionen liegen auf dem Tisch“.
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