Ein Pflegekind darf einer Gerichtsentscheidung zufolge nicht gegen den Willen der leiblichen Eltern eine andere Religion annehmen. Bestimmen Kindeseltern die Religionszugehörigkeit, bleibt das auch dann verbindlich, wenn das Kind nach Entzug der elterlichen Sorge in einer Pflegefamilie mit anderem Glauben aufwächst, wie es in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm heißt (AZ: 2 UF 223/15).
Das Gericht lehnte damit einen Antrag des Jugendamtes und der Pflegeeltern ab, die Taufe und römisch-katholische Erziehung eines muslimischen Mädchens zu genehmigen. Das Familiengericht Dorsten hatte das in erster Instanz erlaubt.
Taufe sei Wunsch der Neunjährigen
In dem Fall war der leiblichen Mutter, einer aus Nordafrika stammenden jungen Frau, unmittelbar nach der Geburt des Kindes 2007 das Sorgerecht zum Teil, 2008 ganz entzogen wurden. In dem Sorgerechtsverfahren verlangte die Muslimin in mehreren an das Familiengericht gerichteten Schreiben, dass das Kind im muslimischen Glauben groß gezogen werden solle. Auch gegenüber dem vom Gericht bestellten Sachverständigen äußerte sie die Erwartung. Der nicht sorgeberechtigte Vater stammt aus einer evangelischen Familie.
Seit 2009 lebt das Mädchen unter anderem Namen in einer Dauerpflegefamilie, die ihre eigenen Kinder nach christlichen Wertvorstellungen erzieht. Sie wollten ihre Pflegetochter nun auch katholisch taufen lassen, damit sie nach ihrer Teilnahme am katholischen Religionsunterricht auch die Erstkommunion empfangen kann. Das entspreche auch dem Wunsch des Kindes (9), erklärten sie. Die in Duisburg lebende Kindsmutter legte jedoch eine Beschwerde gegen die Genehmigung des Familiengerichts Dorsten ein.
Praxis von Jugendämtern in der Kritik
Das Oberlandesgericht Hamm gab ihr nun recht. Nach den Vorschriften des Gesetzes über die religiöse Kindererziehung sei der Vormund an die Entscheidung der muslimischen Mutter gebunden, begründeten die Familienrichter ihre Entscheidung. Ihr Erstbestimmungsrecht habe die Kindesmutter noch vor dem vollständigen Entzug der elterlichen Sorge ausgeübt, erklärten sie unter Hinweis auf dokumentierten schriftliche und persönliche Äußerungen der Duisburgerin.
Jugendämter stehen schon seit vielen Jahren in der Kritik, bei Kindern mit Migrationshintergrund keine Rücksicht auf den religiösen oder kulturellen Hintergrund des Kindes zu nehmen. Auffällig ist bei Familien mit Migrationshintergrund ist zudem die vergleichsweise hohe Zahl der Interventionen der deutschen Jugendämter. Im Jahre 2013 erregte auch ein Fall aus den Niederlanden die Gemüter. Dort wurde ein türkisches Kind von seinen Eltern getrennt und bei einem lesbischen Paar untergebracht. (epd/mig)