Die Bänke der kleinen katholischen Kirche in Rabat reichen nicht aus. Die Türen zum Garten stehen weit offen. Draußen gibt es nur noch Stehplätze, drinnen wiegt sich der Chor zum Rhythmus des Gloria. Die Gottesdienstbesucher sind festlich und farbenfroh gekleidet. Neben ihnen fallen die weißen Gesichter der beiden Priester und einer Handvoll anderer Katholiken auf. Alle anderen kommen aus Afrika – dort, wo Rabat auch geographisch liegt. Die Hauptstadt des islamischen Landes ist an diesem Sonntag Abidjan, Dakar und Libreville näher als der arabischen Welt oder dem keine Flugstunde entfernten Europa.
In Marokko haben Migranten und Studenten aus den Staaten südlich der Sahara neues Leben in die katholische Kirche gebracht. Bevor das nordafrikanische Land vor gut sechzig Jahren unabhängig wurde, lebten dort gut eine halbe Million Europäer, und es gab 200 Kirchen. Heute sind es nur noch knapp 30000 Christen, die in 40 Kirchen Gottesdienst feiern. Wenige Wochen nach seiner Reise nach Abu Dhabi besucht der Papst am Wochenende die kleine, aber sehr lebendige Diaspora. Die Christen leben das, was Franziskus ein besonderes Anliegen ist: die gute Nachbarschaft zur muslimischen Mehrheit.