Die erste Bombe detonierte in der Kirche, als die Gläubigen sich gerade zum Sonntagsgottesdienst zusammengefunden hatten. Die zweite Explosion folgte nur wenige Augenblicke später auf dem Vorplatz, nachdem einige Soldaten der Armee an den Tatort auf der südphilippinischen Insel Jolo geeilt waren. Unter den 20 Toten waren neben den Zivilisten auch fünf Soldaten, 81 Menschen wurden verletzt. Berichten von Augenzeugen zufolge waren durch die Wucht der Explosionen die Türen, Bänke und Fenster der Kirche zerstört worden. Der Sprecher des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte nannte den Anschlag ein „feiges Verbrechen“.
Die Täter sollten mit aller Härte des Gesetzes verfolgt werden, sagte der Sprecher Salvador Panelo in einer Stellungnahme. Papst Franziskus verurteilte das „terroristische Attentat“. Er bete für die Toten und Verwundeten, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche während seines Besuchs in Panama. Am Sonntagabend hat sich die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ bezichtigt, den Doppelanschlag begangen zu haben. Zwei Selbstmordattentäter seien daran beteiligt gewesen.
Der zweifache Bombenanschlag versetzt der Hoffnung einen Dämpfer, dass ein neuer Autonomiestatus Frieden in die Unruheregion im Süden der Philippinen bringen könnte. Erst in der vergangenen Woche hatten Wähler in der Inselgruppe Mindanao für die Schaffung einer neuen Einheit mit mehr Selbstverwaltung gestimmt.
Die Unruheregion
Die Erklärung der autonomen Region Bangsamoro gehört zum Friedensvertrag zwischen der Regierung mit der größten ehemaligen Rebellengruppe im Süden des Landes. Mindanao unterscheidet sich kulturell und religiös von dem Rest der Philippinen. Während die meisten Katholiken sind, gibt es dort in vielen Gebieten eine muslimische Mehrheit. Die hat das Gefühl, bevormundet und benachteiligt zu werden. Der Süden ist zudem die ärmste Region des Landes.
Viele Leute wünschten sich deshalb einen eigenen Staat für die „Moros“, wie die Muslime einst von den spanischen Eroberern getauft worden waren. In dem Konflikt mit verschiedenen Separatistengruppen haben in fünf Jahrzehnten rund 150.000 Menschen den Tod gefunden. Der friedliche Ablauf der Volksabstimmung war daher ein positives Zeichen, auch deshalb ist der Anschlag am Sonntag schmerzvoll.
Die Kathedrale „Our Lady of Mount Carmel“ und ihre Nachbarschaft sind laut Nachrichtenseite Rappler seit dem Jahr 2000 schon zehn Mal das Ziel von Anschlägen gewesen. Sie steht in Jolo, der Hauptstadt der gleichnamigen Insel, die zum Sulu-Archipel gehört. Auf der Insel mit etwa 700.000 Einwohnern sind Christen eine kleine Minderheit. Seit der Ankunft muslimischer Händler im 14. Jahrhundert hatten sich in der Region mehrere Sultanate entwickelt.
Wiederholte Anschläge
Die Provinz Sulu war dabei die einzige, die in der vorigen Woche gegen die Annahme des Bangsamoro-Gesetzes gestimmt hatte. Es tritt aufgrund der überwältigenden Mehrheit in den anderen Gebieten dennoch in Kraft. Mit den Anschlägen am Sonntag senden Terroristen womöglich ein Zeichen, dass sie nicht hinter dem Abkommen stehen, das die Moro Islamic Liberation Front (Milf) mit der Regierung geschlossen hatte.
Einige Finger zeigten sogleich auf die islamistische Terrorgruppe Abu Sayyaf, für die Jolo und die Nachbarinsel Basilan seit Jahren eines ihrer wichtigsten Operationsgebiete ist. Dort hält sie derzeit auch mehrere ausländische Geiseln gefangen.
Ein bekannter Friedensaktivist berichtete der Zeitung „Philippine Daily Inquirer“, dass die Terrorgruppe schon seit Monaten Anschläge in Jolo geplant habe. Fotos des Militärs zeigten am Tatort mehrere Leichname, die mit Planen bedeckt waren, und den blutüberströmten Körper eines Mannes auf einem Lieferwagen. Nach Angaben von Oberstleutnant Gerry Besana handelte sich bei den Bomben um Selbstbau-Sprengsätze. Unklar war, wie sie an den Anschlagsort gebracht worden waren. Bisher hat sich auch noch niemand als Urheber der Anschläge zu erkennen gegeben.
Schutz der christlichen Minderheit
Durch das Gesetz bekommen die muslimischen Gebiete in Mindanao ein eigenes Budget, Polizeikräfte und ein Parlament zugesprochen. Auch die Kontrolle über die Bodenschätze und natürlichen Ressourcen liegt bei der neuen Verwaltung, in der die ehemaligen Milf-Rebellen Schlüsselpositionen übernehmen werden. Zudem ermöglicht es die Einführung von Scharia-Gesetzen. Sie sollen aber nur für Muslime gelten.
Die christliche Minderheit soll geschützt werden und gleichberechtigt bleiben. Für das „Bangsamoro Organic Law“ hatten sich 1,7 Millionen der Wahlberechtigten entschieden, nur 254.000 hatten dagegen gestimmt. Das Gesetz sieht die Schaffung der autonomen Region vor, die an die Stelle der bisherigen „Autonomous Region on Muslim Mindanao“ tritt.
Es wurde nach dem überwältigenden Votum am vergangenen Freitag für ratifiziert erklärt. Am 6. Februar wird aber noch in einigen weiteren Gegenden darüber abgestimmt, ob sie dem neuen Gebiet ebenfalls beitreten wollen. Das politische Zentrum der Autonomen Region ist die Stadt Cotabato auf der Insel Mindanao.
Anhaltendes Kriegsrecht
Die Verabschiedung des neuen Gesetzes war in den vergangenen Jahren immer wieder verschoben worden. Dabei hatte Duterte die Entwicklung des Südens des Landes zu einer seiner Prioritäten erklärt.
Er ist der erste philippinische Präsident, der selbst aus der Region stammt und hatte das Gesetz im vergangenen Jahr unterschrieben. Auch das Parlament hat zugestimmt. Unter dem Friedensplan unterstützt die Milf den Kampf der Regierung gegen die islamistischen Rebellen. Diese haben immer wieder ihre Stärke demonstriert.
So hatten Islamisten mit Verbindungen zum „Islamischen Staat“ im Jahr 2017 die Stadt Marawi besetzt, die Rückeroberung dauerte fünf Monate. Mindanao steht seither unter Kriegsrecht. Nach dem Anschlag am Sonntag versetzte Verteidigungsminister Delfin Lorenzana die Truppen in Alarmbereitschaft.