Im vergangenen Juli wurde der Begriff „Rasse“ aus der französischen Verfassung gestrichen, in den akademischen Institutionen ist er dagegen Gegenstand eines Kulturkampfs, in dem es um den „Hegemonieanspruch“ an den Universitäten geht. In die Öffentlichkeit kam die Debatte durch ein Manifest, das achtzig namhafte Intellektuelle im Nachrichtenmagazin „Le Point“ veröffentlichten. Der aus den „postkolonialen Studien“ hervorgegangene „Dekolonialismus“, schreiben die Autoren, sei zur Ideologie geworden: Sie wird als wissenschaftliche Wahrheit ausgegeben, die Gegner würden diskreditiert und des Rassismus wie der Islamophobie bezichtigt. Außerdem verweigerten sich die „Dekolonialisten“ jeglicher Debatte. Ihre seien eine Form von intellektuellem Terror. Unterzeichnet haben dieses Manifest unter anderen Élisabeth Badinter, Alain Finkielkraut, Jean-Pierre Le Goff, Pierre Nora, Mona Ozouf und auch der algerische Schriftsteller Boualem Sansal.
Es stützt sich auf eine breite Bestandsaufnahme. Die „dekoloniale Bewegung“, so die Autoren, werde von mehr als zwei Dutzend Vereinigungen getragen, die Zugang zu Theatern, Museen und Universitäten haben. Ein vor kurzem in der renommierten „Fondation Maison des Sciences de l’homme“ zum Thema „Gender, Nation, Laizismus“ veranstaltetes Seminar befasste sich mit Themen wie „Gender-Kolonialismus“, „Weißer Feminismus“, „Gender–Rasse–Macht“. Eine in ihren Anfängen emanzipatorische Bewegung würde auf diese Weise in ihr Gegenteil verkehrt, meinen die Unterzeichner des Manifests: „Mit dem Feminismus wird das Tragen des Schleiers legitimiert. Mit dem Laizismus werden die religiösen Forderungen begründet. Der Universalismus muss die ethnische Absonderung der Parallelgesellschaften rechtfertigen.“ Eine Selbstverständlichkeit sei für die „Dekolonialisten“, einen „Staatsrassismus“ anzuprangern und gleichzeitig von ebendiesem Staat Wohlwollen wie Subventionen einzufordern und auch zu bekommen.