Vor ein paar Tagen erst traf sich Josef Wirges, der Bezirksbürgermeister von Köln-Ehrenfeld, mit Vorstandsmitgliedern der deutsch-türkischen Ditib, um die Scherben aufzufegen, die durch den Auftritt des türkischen Präsidenten im Herbst entstanden waren. Recep Tayyip Erdogan hatte Ende September die Ditib-Zentralmoschee in Ehrenfeld eröffnet; Vertreter der Kölner Stadtgesellschaft oder Bundes- und Landespolitiker waren dabei nicht anwesend. Es handelte sich um eine Ego-Show für Erdogan, der jede Gelegenheit nutzt, um sich als Anführer der Muslime zu präsentieren.
Im Dezember habe ihm die Ditib jedoch versichert, dass auch sie an einer Rückkehr zur Normalität interessiert sei, berichtet Sozialdemokrat Wirges, der auch Mitglied im Moscheebeirat ist. Ende Januar soll es deshalb auch ein Gespräch zwischen dem vor wenigen Tagen neu gewählten Ditib-Vorstand und der parteilosen Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker geben.
Reker „äußerst irritiert“ über Veranstaltung
Umso erstaunter sind Wirges und Reker darüber, was die Ditib allem Anschein nach für normal hält: Von Mittwoch bis Freitag hielt die Organisation in ihrer Zentralmoschee unter dem Titel „Die Zukunft der Muslime in Europa“ eine große Islamkonferenz ab, an der 100 Personen aus 17 Ländern teilnahmen. Nach Angaben der Ditib handelte es sich um nichts weniger als ein „Treffen der europäischen Muslime“, das künftig alle zwei Jahre stattfinden soll.
Publik wurde die Großveranstaltung allerdings erst nach ihrem Ende durch eine Pressemitteilung, in der die Ditib am Freitag auch die längliche Abschlusserklärung von Ali Erbas verbreitete. Der Erdogan-Vertraute ist der Präsident der staatlichen Religionsbehörde Diyanet in Ankara, der auch die Ditib mit ihren rund 900 Moscheegemeinden in Deutschland untersteht. Über die geschlossene Veranstaltung sei sie „äußerst irritiert“, sagt Oberbürgermeisterin Reker auf Anfrage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.).
Schon im September hatte die Ditib Reker brüskiert. Bei der Moscheeeröffnung hatte Reker eine Rede halten wollen. Doch dann wurde die Oberbürgermeisterin von der Ditib mit ihrer chaotischen, intransparenten Planung so lange hingehalten, bis sie ihr Kommen entnervt absagte.
Noch vor kurzem hätten ihr Ditib-Vertreter im persönlichen Gespräch zugesichert, sich der Kölner Stadtgesellschaft stärker zu öffnen, sagt die Oberbürgermeisterin. Doch die in der vergangenen Woche abgehaltene Islamkonferenz widerspreche diesem Ansinnen „ganz offenkundig“. Auch in ihrer Funktion als Vorsitzende des Kölner Rats der Religionen erwarte sie, „dass es seitens der Ditib eine umfangreiche Information der Öffentlichkeit über das Zustandekommen, die Teilnehmer und die Inhalte dieser Konferenz geben wird“. Radikalismus habe in Köln keinen Platz. Wer wie die Ditib in Köln seinen Sitz habe und haben wolle, müsse sich zu den Kölner Werten von Demokratie, Freiheit, Vielfalt und Toleranz bekennen und diese aktiv unterstützen, äußert die Oberbürgermeisterin mit Blick auf Berichte, wonach an der Tagung auch Personen teilgenommen haben, die der vom Verfassungsschutz beobachteten Muslimbruderschaft nahestehen.