Die amerikanischen und afghanischen Elitesoldaten staunten nicht schlecht. Als sie in der Nacht des 28. Februar in einem Dorf in Südafghanistan einen Taliban-Kämpfer gefangen nahmen, begrüßte sie der Mann mit dem Satz, er sei Deutscher. Die hagere, fast schon zerbrechlich wirkende Gestalt saß auf dem Boden einer Hütte, trug eine landestypische Hose und ein knielanges Hemd, auf dem geschorenen Kopf einen schwarzen Turban und im Gesicht einen rotbraunen, langen Bart. Auf die Frage nach seinem Namen antwortete er, er heiße Muhajir. Das ist die Bezeichnung für einen Muslim aus dem Westen, der in einem islamischen Land Zuflucht gesucht hat. Bald darauf berichteten afghanische und ausländische Medien von einem „deutschen Talib“, der als militärischer Berater und als „bedeutende Figur“ in der Hierarchie der Islamisten weit oben angesiedelt gewesen sei. Er solle für „zahlreiche Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte“ verantwortlich sein.
Sieben Monate später steht Muhajir alias Thomas K. aus Worms in Deutschland vor Gericht. Im Laufe der neun Prozesstage wird deutlich, dass die Rede vom einflussreichen und gefährlichen „deutschen Talib“ schwer übertrieben war. Thomas K. ist allenfalls einer, der auszog, den Heiligen Krieg zu führen, dafür aber nicht taugte. Dennoch wiegen seine Taten schwer. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, mehr als fünf Jahre lang Mitglied in der terroristischen Vereinigung „Taliban“ gewesen zu sein und gemeinschaftlichen versuchten Mord begangen zu haben. Dafür könnte ihm im schlimmsten Fall lebenslange Haft drohen. Zu Prozessbeginn vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf sagte Thomas K., die Anschuldigungen der Bundesanwaltschaft seien teilweise falsch. Er habe nur seine Pflicht als guter Muslim erfüllen und den „kleinen Dschihad“ führen wollen. Er habe aber niemanden getötet und dies auch nicht vorgehabt. Einer seiner zwei Anwälte erklärte nach dem ersten Prozesstag, sein Mandant könne keiner Fliege etwas zuleide tun.