Innenminister Horst Seehofer (CSU) hat mit einer Erklärung die Deutsche Islam-Konferenz am Mittwoch in Berlin eröffnet. Dabei forderte er in seiner Rede die Moscheegemeinden in Deutschland dazu auf, sowohl ihre eigene Organisation und Finanzierung als auch die Ausbildung von Predigern „weitgehend selbst“ zu stemmen – und sich von ausländischen Geldgebern zu lösen. Zentrale Aufgabe der Konferenz sei es zu klären, wie ein Islam in Deutschland gefördert werden könne, „der in unserer Gesellschaft verwurzelt ist“, sagte Seehofer. Muslime in Deutschland hätten selbstverständlich „die gleichen Rechte und gleichen Pflichten wir jeder hier in Deutschland“, sagte Seehofer. „Muslime gehören zu Deutschland.“
Zu Beginn seiner Amtszeit hatte Seehofer für Aufregung gesorgt, als er in einem Interview den Satz „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ fallen ließ. Dies wiederholte er am Mittwoch nicht, verwies jedoch auf die christlich-jüdische Prägung Deutschlands.
Im Vorfeld der Konferenz gab es Diskussionen über die Ausbildung von Imamen und die Rolle der Islamverbände in Deutschland. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sprach sich am Mittwoch im SWR für eine Ausbildung der Imame in Deutschland aus, beklagte aber zugleich, dass er dafür kaum Unterstützung aus der Politik bekomme. Die Türkei überweise Hunderttausende Euro, um Imame in Deutschland zu finanzieren. Es sei wohlfeil von der Politik, zu sagen, man wolle dies nicht, sagte Mazyek. Allerdings fehlten konkrete Alternativen.
Es sei bequem, etwas einzufordern, sich dann aber, wenn es konkret werde, „in die Büsche zu verabschieden“, kritisierte Mazyek. Zudem betonte er im Vorfeld der Konferenz die Zugehörigkeit des Islam zur deutschen Gesellschaft. „Wir sind ein Teil dieser Gesellschaft und lassen uns nicht von den Ewiggestrigen, von Extremisten, übrigens auch muslimischen Exremisten, auseinander dividieren“, sagte Mazyek dem Radio-Sender Bayern2.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt äußerte sich ebenfalls zur Ausbildung der Imame und forderte einen „Neuanfang“ der Islamkonferenz. „Dazu gehört, dass bei uns in Deutschland mehr Imame ausgebildet werden. Und es braucht endlich konkrete Vorschläge zur Anerkennung islamischer Religionsgemeinschaften“, sagte Göring-Eckardt.
Özdemir: Verbände sollen deutsche Vertretungen inländischer Muslime sein
Der Grünen-Politiker Cem Özdemir kritisierte die bisherige Politik der deutschen Parteien gegenüber den Islamverbänden als „zu nachgiebig“. Alle Parteien im Bund und in den Ländern hätten die Reformbereitschaft der Islamverbände „völlig überschätzt“, sagte der frühere Grünen-Chef Özdemir der Tageszeitung „Die Welt“. Das gelte insbesondere für den Moscheeverband Ditib.
Die Dachverbände sollten nicht „für alle Ewigkeit ausgeschlossen werden“, sagte Özdemir. „Aber zuvor müssen Ditib und die anderen Verbände die Voraussetzungen erfüllen – sie müssen sich von Organisationen ausländischer Mächte zu deutschen Vertretungen inländischer Muslime transformieren“, forderte der Grünen-Politiker. Zudem müssten sie nachweisen, „dass sie mit beiden Beinen auf dem Boden unserer Verfassung stehen und dass in unserem Zusammenleben das Grundgesetz für sie über jedem heiligen Buch steht“. Bislang sei ihm Deutschland „in dieser Frage zu nachgiebig“.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), warb im Sender NDR Info dafür, die Gesprächsfäden zum umstrittenen Moscheeverband Ditib nicht abreißen zu lassen. „Innerhalb Ditibs gibt es Veränderungen. Gerade in den jüngsten Tagen haben wir bemerkt, dass sich die Gemeinden in Deutschland auch emanzipieren wollen. Ich glaube, wir müssen diesen Prozess unterstützen“. sagte Widmann-Mauz.
Güler für unabhängige Finanzierung muslimischer Gemeinden
Die Staatssekretärin im nordrhein-westfälischen Integrationsministerium, Serap Güler (CDU), sprach sich für eine vom Ausland unabhängige Finanzierung muslimischer Gemeinden aus. Sie unterstützt damit eine entsprechende Forderung von Bundesinnenminister Seehofer. Güler sagte am Mittwoch im Inforadio vom rbb, denkbar sei beispielsweise eine Moscheesteuer. Allerdings sei es bis dahin noch ein weiter Weg. Bis zu einer Regelung sollten sich muslimische Gemeinden über eigene Mitgliedsbeiträge oder Spenden finanzieren, wie dies bereits beim Bau der meisten Moscheen in Deutschland praktiziert werde. „Warum sollte es nicht ein ähnliches Modell zur Finanzierung der Imame geben“, sagte Güler.
Der Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“ müsse nicht nur von den Islamverbänden gefeiert, sondern auch mit Inhalten gefüllt werden, so Güler. Zugleich sprach sie sich dafür aus, dass Imame in der Lage sein sollten, sich in deutscher Sprache zu verständigen.
Bereits in einem Gastbeitrag für die F.A.Z. hatte Seehofer die Muslime in Deutschland vor ein paar Tagen dazu aufgefordert, sich „von ausländischer Einflussnahme abzukoppeln und sich so zu organisieren, dass sie den Anforderungen für eine Kooperation mit dem Staat“ genügten.