Die Beziehung zwischen Donald Trump und Muslimen (nicht nur) in Amerika ist kompliziert. Einerseits sieht er Muslime und den Islam als Gefahr für die innere Sicherheit Amerikas und hat die Einreise aus einigen Ländern mit muslimischer Mehrheitsbevölkerung verboten. Andererseits macht er gute Geschäfte mit muslimischen Ländern. Seine erste Reise als Staatsoberhaupt ins Ausland führte ihn nach Saudi-Arabien, ein Land, dass mehr als 100 Milliarden Dollar für amerikanische Waffen ausgeben will.
In Amerika selbst ist seine Rhetorik jedoch einer der Gründe dafür, dass die Situation von Muslimen im Land immer schwieriger werde, sagt Robert McCaw vom Rat für amerikanisch-islamische Beziehungen (Cair) im Gespräch mit FAZ.NET. Trumps Rhetorik im Präsidentenwahlkampf habe „amerikanische Muslime angegriffen, den Islam an sich angegriffen“. Einige Menschen fühlten sich dadurch im Recht, wenn sie Muslime angingen, so McCaw. Während die antiislamischen Ansichten früher an den Rand des politischen Spektrums gedrängt worden seien, habe Trump diese wieder salonfähig gemacht. Einige Leute nähmen seine Worte als „Lizenz, auszurasten“, Muslime anzugreifen oder die Worte „Trump“ und „MAGA“ (Make America great again) an Moscheen zu sprühen.
Die Statistik gibt McCaw dabei recht. Laut einer Studie des renommierten Umfrageinstituts Pew aus dem vergangenen Jahr ist die Zahl von Angriffen auf Muslime im Jahr 2016 stark angestiegen. Sie lag sogar über der Zahl von 2001 – damals kam es in Folge des Attentats vom 11. September vermehrt zu Übergriffen. Laut eines Projekts des Think Tanks „New America“ liegt die anti-muslimische Stimmung aber nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch bei den Politikern. Immer wieder habe es Versuche gegeben, in Bundesstaaten Gesetze zu verabschieden, die sich gegen den Islam richten. Islamophobie könne sich aber auch durch Widerstand gegen den Bau einer Moschee oder gegen die Ansiedlung von Flüchtlingen aus muslimischen Ländern ausdrücken.
Saba Ahmend hat die Republican Muslim Coalition gegründet
Diese Faktoren machen es verständlich, dass rund 70 Prozent der als Wähler registrierten Muslime den Demokraten ihre Stimme geben, so McCaw. Dabei gebe es einen deutlichen Unterschied zwischen den Muslimen, die demokratisch wählten und jenen, die für die Republikaner stimmten. So hätten die republikanischen Wähler vor allem finanzielle Interessen als ausschlaggebend für ihre Entscheidung angegeben, so McCaw. Bei denjenigen, die Hillary Clinton ihre Stimme gaben, sei es aber vor allem um Islamophobie und Bürgerrechte gegangen, also soziale Probleme, die sie betreffen. Cair wendet sich in seinen Bemühungen, Muslime für die Politik zu gewinnen, aber nicht nur an demokratisch gesinnte Gläubige, sondern an die gesamte Glaubensgemeinschaft. Immerhin seien besonders ältere Muslime sozialpolitisch konservativ.
Diese Einschätzung teilt auch Saba Ahmed, Gründerin und Präsidentin der Republican Muslim Coalition. Im Gespräch mit FAZ.NET sagt sie, dass es viele Werte gebe, die Muslime und die Republikaner gemeinsam haben. Da seien beispielsweise die Ablehnung von Abtreibungen und der gleichgeschlechtlichen Ehe genauso wie die Zustimmung zu internationalem Freihandel. Ahmed konzentriert sich deshalb darauf, sowohl die Blicke der Republikaner auf Muslime zu schärfen, als auch Muslime für die republikanische Partei zu gewinnen. Jetzt, vor den Zwischenwahlen, sei die Organisation zwar nicht so aktiv, da sie sich vor allem auf Präsidentenwahlen konzentriere. Aber es gebe muslimische Kandidaten, die es sich zu unterstützen lohne, so Ahmed. Sie wurde in Amerika vor allem dafür bekannt, im Jahr 2015 bei einem Auftritt für Fox News eine amerikanische Flagge als Kopftuch getragen zu haben.
Die Zahl der muslimischen Kandidaten ist jedoch bei der demokratischen Partei wesentlich höher. Mehr als 90 Muslime seien für Ämter auf Bundesstaats oder nationaler Ebene angetreten, berichtet die „Washington Post“, der übergroße Teil davon für die Demokraten. Der amerikanische Präsident sei ein wesentlicher Faktor in der Entscheidung vieler Muslime gewesen, sich zu Wahl zu stellen, heißt es. Robert McCaw sagte, es sei einfach schwierig, Menschen dazu zu bringen, für jemanden zu stimmen, der sie angreift. Trump hatte im Wahlkampf unter anderem behauptet, in New Jersey hätten Muslime die Anschläge vom 11. September 2001 gefeiert und einen Einwanderungsstopp für Muslime gefordert – eine Äußerung, die sogar in der Republikanischen Partei damals für heftigen Widerspruch gesorgt hatte.
In jedem Fall wird es nach den Wahlen in einer Woche die erste gewählte Muslima im Kongress geben: In Michigan hat die Demokratin Rashida Tlaib keinen Gegenkandidaten, wird also ins Repräsentantenhaus einziehen. Unklar ist jedoch, ob die Zahl der Muslime im Kongress dann auch deren Anteil an der Gesamtbevölkerung widerspiegelt. So gebe es laut „Washington Post“ rund 3,3 Millionen Muslime in den Vereinigten Staaten, jedoch nur zwei Muslime im Kongress mit seinen 535 Sitzen. Doch könnte der unbeliebteste Präsident der jüngeren Geschichte dazu führen, dass viele Wähler Angehörige der unbeliebtesten Religion im Land wählen, schreibt die Zeitung.
Die Republikaner scheinen das Problem erkannt zu haben, berichten sowohl Robert McCaw als auch Saba Ahmed. McCaw erzählt, dass republikanische Kandidaten sich nicht scheuen, in die Moscheen zu gehen, um dort um Stimmen zu werben. Ahmed wiederum sagt, dass ihr aus der Partei viel Unterstützung für ihre Arbeit zu Teil werde. In einem wichtigen Punkt liegen die beiden jedoch weit auseinander, während McCaw Trump für einen wichtigen Teil der Probleme in Amerika hält, lässt Ahmed nichts auf ihn kommen. Verantwortlich seien Teile der Administration aber nicht der Präsident selbst.