AhlolBayt News Agency (ABNA)

source : Kerbela(mehrnews)
Mittwoch

31 Oktober 2018

06:45:23
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Kerbela

Was hat es auf sich mit Arbain? Was ist das Ziel?

Seit einigen Jahren begeben sich Millionen von Menschen jährlich am vierzigsten Trauertag auf den Pilgerweg zum Enkelsohn des Propheten (S) in Karbala im Irak. Dieser Tag ist Arbain. Was hat es damit auf sich?

Die Zahl der Pilger zu Karbala zum Arbain-Tag  ist in den letzten Jahren enorm angestiegen und hat bis zu 20 Millionen erreicht. Diese riesige Versammlung von Menschen ruft zum Frieden und zum Wohl der Menschen auf.

Diese Menschen wissen, dass Gott die Freunde Husains lieben. Gott will, dass alle Gemeinschaften und Völker in Frieden und Sicherheit miteinander leben und gemäß den moralischen menschenwürdigen Werten, wie  gegenseitige Achtung und Beachtung der gegenseitigen Rechte, handeln und ihre Vernunft einsetzen, damit kein Regime und kein Volk sich erlaubt anderen Völkern Gewalt anzutun, sie zu beherrschen und auszubeuten.  Wie bei allen Einzelnen gilt auch bei den verschiedenen Völkern und Gemeinschaften, dass sie verschiedene Fähigkeiten besitzen. Jedes Volk muss über die Grundlagen für seine Weiterentwicklung verfügen. Der Koran verkündigt folgende universale Devise im Vers 208 der Sure 2 (Baqara): 

O die ihr glaubt, nehmt alle den Frieden (Islam) an ...

Zurzeit findet an einem Punkt auf dieser Erde eine riesige Versammlung für den Frieden und das Wohl der Menschen statt, und zwar in Karbala. An dieser Zusammenkunft nehmen keine staatlichen Positionsträger von Ländern teil sondern Menschen aus allen Gesellschaftsschichten und aus den verschiedensten Ländern. Sie schließen sich zusammen ohne dass es irgendeinen Streit gäbe. Sie gehen freundlich aufeinander zu. Die Türen stehen für alle offen und großzügig werden die Pilger mit  Speisen und Getränken versorgt.

Diese sehenswerte Zusammenkunft ereignet sich zu Arbain - dem vierzigsten Trauertag für Husain ibn Ali - Friede sei mit ihm. Die Teilnehmer bringen die größte Pilgerversammlung für Imam Husain in  der Geschichte Karbalas zu Buche. Die kommen zu Fuß - trotz der Gefahr eines Terrorangriffes. Von Nadschaf und von anderen Städten aus setzen sich die Trauerzüge in Richtung Karbala in Bewegung. Es ist aufsehenerregend. Hier wird eine gewaltige kulturelle und religiöse Kapazität sichtbar.  Wer an diesem Arbain-Fußmarsch teilnimmt wird sehen, dass alle Konfessionen vertreten sind. Imam Husain (F) wird hier geehrt von  Sunniten und Schiiten und Christen, die ein Kreuz umhängen haben oder mit sich tragen,  und selbst Buddhisten nehmen an der Zeremonie zum vierzigsten Trauertag um Imam Husain teil. Die Abgrenzungen  sind gewichen und Imam Husain erscheint als eine universale Persönlichkeit jenseits der konfessionellen Unterschiede.

Welchen Sinn macht Arbain und der Pilgerbesuch für Imam Husain (F). Was ist das Ziel?  Der Schriftsteller Dr. Mohammad Resa Sangar erwidert diese Frage wie folgt:

„Die Antwort steckt in der Bedeutung von Arbain. Arbain beinhaltet eine Vollendung. Arbain bedeutet 40. Tag nach dem Märtyrertod von Imam Husain (F). Die Zahl 40 markiert die oberste Grenze der Vollendung. Der Prophet des Islams wurde mit 40 Jahren ausgesandt und im Koran steht geschrieben, dass Gott sein Treffen mit Prophet Musa (Moses), das 30 Nächte sein sollte, um weitere zehn auf 40 Nächte  „vervollständigte“ (siehe Sure 7, Vers 142). Der Pilgerbesuch zu Arbain ist in Wahrheit eine symbolische Handlung, damit wir zeigen, dass man den Weg bis zum Schluss gehen muss, und die Bewegung nicht unvollständig belassen darf. An einem Tun festzuhalten ist schwieriger als es zu beginnen. Der Fußmarsch der Pilger und Anhänger Husain Ibn Alis (F) bedeutet also: Festhalten am Ideal, Glaube und Festhalten an den Überzeugungen und es bedeutet:  nicht schwach werden und nicht vom Weg abkommen. Wir lesen in dem Audienzgebet zu Arbain, dass Imam Husain sein Leben geopfert hat, um die Unwissenheit zu vernichten und der Ratlosigkeit und Verwirrung ein Ende zu bereiten. Die Teilnahme an dem Fußmarsch dient der Verwirklichung dieses hohen Zieles. Das heißt: die Schleier der Ignoranz beiseite rücken, sich von der Ratlosigkeit und Verwirrung und   Unklarheit entfernen und in Richtung Helligkeit gehen. Dies ist die klare Botschaft von Arbain.“

  Um den Sinn des Trauerzuges  der Anhänger zu Imam Husain zu verstehen, müssen wir  in das erste Jahrhundert nach der Hidschra und dem Mondkalender zurückkehren (Ende 7. Jahrhundert) Der erste Pilger zum Grab von Imam Husain (F) war Dschabir Ibn Abdullah Ansari. Er traf am  Morgen des ersten vierzigsten Todestages des Imams in Karbala ein und am gleichen Tag erreichten auch die geehrte Zainab und Imam Sadschad (F) zusammen mit 84 anderen  Karbala und betrauerten dort Imam Husain (F).

Atiyah Aufi, ein treuer Anhänger des Prophetenhauses berichtet: „Wir machten uns zusammen mit Dschabir Ibn Abdullah  auf den Weg, um zum Grab Husains (F) zu pilgern und als wir in Karbala eintrafen, hat Dschabir  am Ufer des Euphrats die rituelle Ganzwaschung (Qusl)  vorgenommen, wechselte sein Gewand, öffnete einen Beutel mit einem Duftstoff und nahm sich etwas davon. Jeden Schritt, den er tat war begleitet von Worten zum Gedenken an Gott, bis er schließlich an dem Heiligen Grab stand und da sagte er – weil er blind war – zu mir: `Leg meine Hand auf das Grab!` Als ich das tat, verlor er das Bewusstsein und sank auf das Grab herab. Ich benetzte Dschabers Gesicht mit Wasser, damit er zu sich kommt und da rief er dreimal: `O Husain! … Ich bezeuge, dass du der Sohn des besten Propheten und der Sohn des Anführers der Gläubigen (Imam Ali) bist. Du bist der Sohn der  Nachfolgerschaft für Rechtleitung und Gottesfürchtigkeit und der fünfte der Ashab-i Kasa (die der Prophet als seine Ahl-e Bait unter seinem Übermantel versammelte) und du bist der Sohn des großen Anführers des Volkes und der Sohn Fatimahs, der Fürstin der Frauen. Warum auch sollte es nicht so sein, wo doch die Hand des Herrn der Gesandten dich gespeist hat und du im Schoße der Gottesfürchtigen aufgewachsen bist und aus der Brust des Glaubens gestillt wurdest und dein Leben in Reinheit verbracht und in Reinheit die Welt verlassen und die Herzen der Gläubigen mit deinem Verlust bekümmert hast! So gelte dir Gottes Segensgruß und Sein Wohlgefallen und Paradies. Du bist auf die gleiche Weise fortgegangen und zum Märtyrer geworden, wie dein Bruder Johannes, Sohn des Zacharias.“

                 

Dann wendete Dschabir den Kopf der Umgebung des Grabes zu und sprach: „Gegrüßet seid ihr Seelen, die ihr an der Seite Husains erschienen seid und ruht. Ich bezeuge,  dass ihr das Gebet verrichtet habt, und die Zakat gezahlt habt und das Gute geboten und des Schlechte verwehrt habt und gegen die Gott-Ungehorsamen und Gott-Ungläubigen gekämpft  habt und Gott gedient habt bis zum Tod. Bei Gott, der den Propheten zu Recht berufen hat, wir haben an dem was euch Märtyrern geschah, teil.“

Atiyah Aufi berichtet weiter:

„Ich sagte zu Dschabir: `Wir haben doch kein Werk (wie sie) vollbracht!` Und er erwiderte: `O Atiyah! Ich habe von meinem geliebten Freund, dem Propheten Gottes, folgendes Wort gehört: Wer eine bestimmte Gruppe liebt, der wird mit ihr zusammen auferstehen, und jeder der das, was eine Gruppe tut, liebt, wird Teilhaber an ihrem Tun sein.`“

Für keinen der anderen Unfehlbaren aus dem Hause des Propheten gibt es eine ähnliche Arbain-Pilgerzeremonie wie für Imam Husain – gegrüßet sei er - . Ein wichtiger Grund für diese Arbain-Pilgerreise war, dass Imam Sadschad die Häupter der Märtyrer von Karbala am Vierzigsten Trauertag wieder zu ihren Leibern zurückbrachte.   Der große Gelehrte Abu Rayhan Al-Biruni  (10. Jahrhundert n. Christus) schreibt:  „Am 20. des Monats Safar wurde das Heilige Haupt Imam Husains (Friede sei mit ihm) zu seinem Leib zurückgebracht und zusammen mit ihm beigesetzt und am gleichen Tag wurde der Pilgerbesuch zu Arbain eingeführt.“

 

Nach Dschabir sind noch viele  große Gelehrte zu Fuß nach Karbala gewandert. Ein zeitgenössischer von ihnen ist Ayatollah Mirza Dschawad Agha Maleki Tabrisi. Er ist ein großes religionsrechtliches Nachahmungsvorbild für die schiitische Welt und ist mehrere Mal zu Fuß nach Karbala gewandert. Dieser Gelehrte, der 2006 verstarb, hat gesagt:  „Für den Gottergebenen muss der 20. Safar (Arbain)  ein Tag der Trauer sein und er muss versuchen, den Märtyrer- Imam an dem Ort seiner Grabstätte zu besuchen und sei es nur einmal im Leben, denn die Edle Überlieferung (von Kasa) hat die Arbain-Pilgerreise als eines der Zeichen für einen Gläubigen angeführt.“

                           

Der Arbain-Fußmarsch ist ein Brauch, der in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat.  Dr. Sangar sagt über diesen Fußmarsch zu Arbain: „Der Pilgerbesuch zu Arbain geht nicht nur auf eine  historische Betrachtung zurück. Sondern es gibt eine Sichtweise, die auf religiösem Wissen fußt.  Auf gewisse Weise begleiten wir geistig am Arbain-Tag Imam Sadschad und Hadhrat-e Zaynab und die Gefangenenkarawane. Als die Karawane mit den Gefangenen von Karbala wegging, war sie wie eine Karawane der Besiegten. Die Feinde hatten ihren Sieg gefeiert. Aber als sie  40 Tage später nach Karbala zurückkehrte, war Yazid trotz seiner Macht der Verlierer.  Denn die Gefangenen hatten beweisen können, welches Unrecht Imam Husain widerfahren war und  sie hatten die Tyrannei der Umayyaden verdeutlichen können.  Diesen Sieg hatte die kleine Schar der Gefangenen erzielen können, an ihrer Spitze Imam Sadschad, Sohn des Husain (F) und Hadhrat-e Zeynab, die Schwester des Märtyrers.  Nachdem Imam Sadschad und Zaynab  den Umayyadenherrscher Yazid entlarvt hatten, fühlte sich dieser noch nicht einmal in seinem eigenen Haus sicher. Seine Frau tadelte ihn und  auch die Botschafter die er überall ins Land zu Siegesfeiern ausschickte, kritisierten ihn. Als sie erfuhren, dass das Haupt , welches sein Heer von Karbala mitgebracht haben und das er so abfällig behandelt hatte, das Haupt des Enkelsohnes des Propheten ist,  bekam Yazid großen Protest und Hass zu verspüren. Also war der Fußmarsch zu Arbain  ein Gedenkmarsch für den Sieg Imam Husains und des Sieges des Rechtes über das Unrecht.  Dies ist eines der Geheimnisse von Arbain.“

 

Revolutionsoberhaupt Ajatollah Khamenei  bezeichnet den Fußmarsch als Ausgangspunkt einer magnetischen Anziehungskraft am Arbain Tag.  Es ist eine magnetische Kraft, die Dschabir von Medina aus nach Karbala kommen lässt und „dieselbe magnetische Kraft“, so fährt er fort, „die ihr und ich heute – nach vielen Jahrhunderten -  im Herzen verspüren.“

Arbain ist also sowohl religiös von Wichtigkeit als auch hinsichtlich des kulturbildenden Aspektes.  Es verbildlicht ein sehr starkes Potential   in der Region für die Erreichung von Sicherheit und  sozialem Wohl und die Nutzung der Ressourcen, sowie den Kampf gegen das Unrecht und die Unterdrückung der hegemonialen Mächte allerorts.  Das große Treffen der Freunde Husains ist ein großer Aufmarsch, der die  Ablehnung inhumaner Politik und Maßnahmen und die Liebe zu Imam Husain (F)  demonstriert.