Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat im Fall des in Istanbul verschwundenen und möglicherweise ermordeten saudi-arabischen Journalisten Aufklärung von Riad gefordert. Sollte Jamal Khashoggi das Konsulat in Istanbul wieder verlassen haben, müsse Saudi-Arabien das beweisen, sagte Erdogan in Budapest auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán.
Die saudi-arabischen Behörden müssten dementsprechende Videoaufnahmen haben, sagte er. Es sei die "politische und menschliche Pflicht" der Türkei, dem Fall nachzugehen. Die Ermittlungen laufen demnach auf Hochtouren. Ziel sei es, so bald wie möglich ein Resultat zu erhalten. Seit dem 2. Oktober gebe es jedoch keine Spur von Khashoggi.
Der Journalist und Regimekritiker hatte das Konsulat Saudi-Arabiens in Istanbul im Viertel Levent am vergangenen Dienstag betreten, um Papiere für seine Hochzeit abzuholen, war aber nicht wieder herausgekommen. Seine Verlobte wartete nach eigenen Angaben stundenlang vor dem Eingang auf ihn.
Mohamed bin Salmans kritische Rolle
Medien und Freunde berichteten daraufhin unter Berufung auf türkische Ermittler und Regierungskreise, Khashoggi sei ermordet worden. Saudi-Arabien wies die Vorwürfe zurück. Aus Riad hatte es geheißen, Khashoggi habe das Konsulat zunächst verlassen und sei danach erst verschwunden.
Das Verhältnis zwischen der Türkei und Saudi-Arabien ist ohnehin schon sehr angespannt und wird durch den Fall weiter belastet. Auch die Rolle von Mohamed bin Salman wird besonders kritisch gesehen. Sollte Khashoggi tatsächlich verschleppt oder ermordet worden sein, gilt es als sehr wahrscheinlich, dass der saudi-arabische Kronprinz Bescheid wusste.
Die Friedensnobelpreisträgerin Tawakkul Karman forderte Konsequenzen, auch für den Kronprinzen. Die Verschleppung und das Verschwinden Khashoggis seien "ein großes Verbrechen, und die, die es begangen haben, müssen zur Verantwortung gezogen werden - auch Mohammed bin Salman". Die jemenitische Journalistin warf Saudi-Arabien Staatsterrorismus vor. Der Fall Khashoggi solle nun international untersucht werden.
aev/dpa