Das kontinuierliche Abdriften der Türkei in den Islamismus ist auch an den gegenwärtigen Kampagnen ablesbar, die dort für das islamische Ostjerusalem veranstaltet werden. Als im September Ali Erbaş seinen Amtsvorgänger Mehmet Görmez an der Spitze des staatlichen Präsidiums für religiöse Angelegenheiten (Diyanet) ablöste, ließ er keinen Zweifel daran, dass er dessen Haltung in Sachen Jerusalem teilt. Erbaş hat bislang zwar noch nicht, wie Görmez es im Sommer 2015 tat, in der Jerusalemer Al-Aqsa-Moschee eine flammende Rede gehalten. Dafür verurteilte seine Behörde am 8. Dezember vergangenen Jahres in ihrer Freitagspredigt „Unsere offene Wunde: Jerusalem“ die kurz zuvor von Donald Trump abgegebene Jerusalem-Erklärung in aller Schärfe. Darin hieß es etwa, „in der Stadt der Propheten schweigen die Waffen nicht, unschuldige Menschen werden grausam massakriert“.
In der stark abgeschwächten Version des türkischen Moscheeverbands Ditib, der seit 2006 seine eigenen Freitagspredigten verfasst, wurde die Erklärung des amerikanischen Präsidenten lediglich als eine der „Fehlentscheidungen“ kritisiert, „die das Vertrauensklima in der Region und unserer Welt“ zerstörten – man erwartete, dass sie „unverzüglich revidiert“ würden. Wie viele Türken und Türkischstämmige an jenem Tag hierzulande auch die militante Diyanet-Version lasen, bleibt offen. Auf das Informationsangebot des Diyanet jedenfalls, das in der Türkei einen eigenen Fernsehsender mit Internetportal betreibt, kann man auch in Deutschland über verschiedene elektronische Kanäle leicht zugreifen.