Schon vor drei Jahren hat der damalige Kultus- und Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU) bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften eine Studie über „Islam in Bayern“ in Auftrag gegeben und finanziert, nun sind die Ergebnisse der politischen Handlungsanweisung für die Politik wenige Wochen vor der bayerischen Landtagswahl veröffentlicht worden. Formuliert hat sie das von der Akademie beauftragte Erlanger Zentrum für Islam und Recht in Europa (Ezire). Sie werden nicht auf ungeteilte Zustimmung der Landesregierung stoßen, denn sie stehen nicht selten im Widerspruch zur Beschlusslage in Bayern. Das gilt etwa für das klare Plädoyer der Forscher für den islamischen Religionsunterricht als Regelangebot. Der seit zehn Jahren laufende Modellversuch endet im Sommer 2019, wenn er nicht verlängert wird. Auch bei der Bestattungskultur wenden sich die Forscher gegen einen Beschluss des Landtags, wonach Bayern im Unterschied zu fast allen anderen Bundesländern an der Sargpflicht festhält. Sie empfehlen der Landesregierung die Möglichkeit einer sarglosen Bestattung für den Regelfall. Der islamische Ritus schreibt die Bestattung in weißen Leintüchern vor.
Auf hundert Seiten wird nichts beschönigt und auch nicht der politischen Korrektheit gehuldigt. Ausdrücklich warnen die Forscher davor, zu viele kulturelle Zugeständnisse zu machen, vor allem wenn es um die Rolle von Frauen geht. Eine Behördenvertreterin müsse genauso akzeptiert werden wie eine Frau bei der Essensausgabe in einer Asylbewerberunterkunft. Sollte ein Flüchtling nur wegen deren Anwesenheit das Essen verweigern, „darf man darauf schließen, dass er auf die Mahlzeit zu verzichten gedenkt“, heißt es in den Empfehlungen.
Die Zahl muslimischer Inhaftierter in bayerischen Justizvollzugsanstalten ist seit 2015 um nahezu 50 Prozent in die Höhe geschnellt und lag Anfang dieses Jahres der Studie zufolge bei 2100. Hundert davon sind als islamistische Extremisten bekannt oder stehen unter einem entsprechenden Verdacht. Für Salafisten scheint Bayern wegen der engmaschigen Überwachung kein beliebtes Pflaster zu sein, geführte Interviews hätten ergeben, dass Salafisten immer wieder wegziehen und sich in Berlin, Hamburg oder Nordrhein-Westfalen niederließen, schreiben die Forscher. Die vom Landesamt für Verfassungsschutz veröffentlichten Zahlen von 730 salafistischen Sympathisanten in Bayern halten sie nicht für zu niedrig angesetzt. Im Rahmen ihrer Recherchen haben sie sieben salafistische Moscheen besucht und deren Predigten ausgewertet, die sich häufig auf Quellen aus Saudi-Arabien und Ägypten stützen. Salafisten riefen meist nicht direkt zur Gewalt auf, aber ihre Predigten enthielten versteckte Botschaften, die als Aufforderung zur Gewalt verstanden werden könnten. Moscheen und Gebetsräume für die fünf täglichen Pflichtgebete sind die wichtigsten Plattformen für den Zusammenhalt der Sympathisanten. Zunehmend sammeln sie sich nach der Beobachtung der Forscher aber nicht in den Moscheen, sondern in Privatzirkeln von drei bis zehn Personen und entziehen sich so der Beobachtung durch die Sicherheitsbehörden. „Besondere Attraktivität entfaltet der Salafismus nach Erfahrungen in ganz Deutschland und Europa für jüngere Männer aus prekären Lebensverhältnissen oder in persönlichen Krisensituationen“, heißt es in dem Text.