Die Deutsche Islamkonferenz ist seit ihrer Gründung durch den früheren Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein Politikum. Zuletzt war es allerdings ruhig um sie geworden, auch weil der Veranstalter, der Bundesinnenminister, in der vergangenen Sitzungsperiode keine muslimischen Einzelpersonen mehr eingeladen hatte, die nichts mit den in der Mehrheit konservativen islamischen Verbänden zu schaffen haben. Innenstaatssekretär Markus Kerber will das nun ändern: Vermutlich im November sollten auch wieder Einzelpersonen zugelassen werden, und zwar „sicher auch kritische muslimische Stimmen zum Islam“.
Das könnte der Konferenz wieder die Aufmerksamkeit bescheren, die ihr wenig glamouröse Sachthemen wie die islamische Wohlfahrtspflege zuletzt sicher nicht bieten konnten. Andererseits birgt das die Gefahr, dass aus dem Sachtreffen wieder die alte Zeter- und Mordioveranstaltung wird, wie zu Zeiten der Innenminister Schäuble und Friedrich. Es wird also darauf ankommen, die richtige Mischung an Verbandsvertretern und muslimischen Freigeistern zu finden. Und da fängt das große Rätselraten an.
In den ersten Phasen der Islamkonferenz saßen beispielsweise der Publizist und Politikwissenschaftler Hamed Abdel-Samad, der im Islamismus Motive des Faschismus identifizierte, ebenso mit am Tisch wie gemäßigte islamische Intellektuelle wie Navid Kermani oder Vertreter der muslimischen Sozialarbeit wie Ahmad Mansour. Gerade in der Anfangszeit fiel die Islamkonferenz durch starke Polarisierung zwischen Einzelvertretern und den Islamverbänden auf.
Der Innenminister muss sich nun die Frage stellen: Will man wieder den Krawall der Anfangstage? Dann muss man auf schillernde Islamkritiker setzen, die für Kontroverse stehen. Will man die gepflegte Langeweile ohne wichtige gesellschaftliche Debatten wie jene zur Rolle der Frau in Teilen des Islams? Dann sollte man so weitermachen wie bisher. Will man aber, dass die Islamkonferenz gesellschaftlich und politisch wieder relevant wird, dann braucht es wirksame Horizonterweiterungen, die den konservativen Islamverbänden etwas entgegenzusetzen haben, ohne die Sachthemenarbeit zu gefährden.
Den Verbänden, die ihre Agenda in der Konferenz bislang weitgehend durchdrücken konnten, dürfte diese Horizonterweiterung nicht gefallen. Aber genau deshalb ist sie umso nötiger. Ansonsten könnte man auf den Gedanken kommen, dass es die Islamkonferenz in Zukunft gar nicht mehr braucht.