Mit einer Allianz unter dem Titel „CLAIM“ wollen 35 Organisationen und Projekte das Bewusstsein für Islam- und Muslimfeindlichkeit schärfen. „Das Klima und der Ton gegenüber Muslimen sind deutlich rauer geworden“, sagte die Projektverantwortliche Nina Mühe am Dienstag in Berlin. Die Allianz wolle daher das Thema, das in engem Zusammenhang zu Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit stehe, auf die gesellschaftliche und politische Tagesordnung setzen. Nötig seien mehr Beratungsstellen bundesweit, wünschenwert wäre ein Bundesbeauftragter für Islamfeindlichkeit, so Mühe weiter.
Akteure und Partner
Die Allianz ist ein Projekt der Mutik GmbH und liegt im Geschäftsbereich der Jungen Islam Konferenz. Finanzielle Unterstützung erhält das Bündnis aus dem Programm „Demokratie leben!“ des Bundesfamilienministeriums. Mitglieder sind unter anderem die Vereine Juma und Inssan, das Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg, der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, die Stiftung gegen Rassismus und die Arbeiterwohlfahrt.
Im vergangenen Jahr wurden in der ersten Kriminalstatistik zu Islamfeindlichkeit 1.075 Übergriffe auf Muslime und muslimische Einrichtungen registriert. Der Leiter des Referats „Demokratie leben!“ im Bundesfamilienministerium, Thomas Heppener, sprach davon, dass antimuslimische Ressentiments salonfähig geworden seien – auf der Straße und im Netz.
Nur wenige Opfer melden die Straftaten
Die Dunkelziffer der Straftaten ist aus Sicht von Experten hoch. Wie der Salzburger Politikwissenschaftler Farid Hafez erklärte, melden schätzungsweise weniger als 20 Prozent der Betroffenen Übergriffe. „Muslimfeindlichkeit oder Islamfeindlichkeit ist heutzutage wohl der gesellschaftsfähigste Rassismus“, so Hafez. Die gesamte Gesellschaft müsse sich dieser Entwicklung entgegenstellen.
Die Vertreterinnen des Antidiskriminierungsnetzwerks Berlin des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg, Eva Andrades, und des Vereins Inssan, Zeynep Çetin, berichteten von einer wachsenden Zahl an Betroffenen, die sich an ihre Beratungsstellen wendeten. Dabei gehe es oft um alltäglichen Rassismus, bei der Wohnungssuche oder im Beruf. „Die Grenzen der Religionskritik und die offene Ausgrenzung und Rassismus verschwimmen immer mehr“, sagte Çetin. Viele Betroffene nähmen Diskriminierung dabei als normal wahr, trauten sich nicht, etwas zu unternehmen oder wüssten nicht, was. (KNA, iQ)