rbb: Frau Mrowat, Sie tragen als Rettungssanitäterin ein Kopftuch. Wie reagieren die Patienten darauf?
Zahra Mrowat: Es gibt sowohl positive als auch negative Äußerungen. Viele sagen erstmal: "Oh mein Gott, ein Kopftuch" oder "Ach Sie, mit Kopftuch, arbeiten Sie auch hier?". Gestern hat mich auch jemand gelobt und gesagt: "Ich finde es richtig stark, dass Sie das machen."
Das Schlimmste, was ich erlebt habe, war, dass sich eine Patientin geweigert hat, sich von mir untersuchen zu lassen. Meinen männlichen Kollegen hat sie akzeptiert, aber mich abgelehnt mit der Begründung, ich sei eine Terroristin, komme von Al Qaida und könne ihr nur schaden und nicht helfen. Dann wurde ich aus der Wohnung rausgeschmissen.
Wie reagieren Sie auf solche Anfeindungen?
Ich habe es am Anfang sehr ernst genommen, ich leide darunter. Und jetzt sage ich, es hat nichts mit mir zu tun. Ich als Muslima muss nur das Gute zeigen, damit die Menschen sehen, es gibt auch die andere Seite, die Muslime sind nicht alle schlecht.
Sie fahren zu Notfällen und trotzdem ist dann manchmal Ihr Kopftuch das beherrschende Thema. Wie finden Sie das?
Wirklich traurig ist, dass man für die Taten anderer Menschen verantwortlich gemacht wird. Man muss für das bezahlen, was andere gemacht haben und womit man überhaupt nichts zu tun hat. Egal, was Schlimmes im europäischen Raum passiert oder irgendwo auf der Welt – wenn muslimische Gruppen etwas damit zu tun haben, wird nachgefragt: "Haben Sie das gehört, und wie finden Sie das? Wie ist Ihre Einstellung dazu?" Und ich sage immer: "Ich bin genauso wie Sie eine Deutsche und meine Einstellung ist genauso wie Ihre".
Was hat Ihre Familie zu Ihrem Berufswunsch gesagt?
Also die Nachteinsätze waren erstmal ein bisschen schwierig, da ich in Kneipen rein musste, und alle haben mich angeguckt. Mein Vater war überrascht, weil ich am Anfang nicht gesagt habe, dass ich auch Nachtschichten machen würde. Er war besorgt, dass jemand beispielsweise rassistisch reagiert, sich von mir nicht behandeln lassen will oder mich gefährdet. Meine Mutter war eher locker drauf und hat sich weniger Sorgen gemacht.
Im Rettungsdienst sind Frauen noch immer selten. Wie haben Ihre Kollegen auf Sie als Teampartnerin reagiert?
Am Anfang waren manche Kollegen sehr kritisch. Ich bin nicht so groß, und man braucht eigentlich viel körperliche Kraft, um in diesem Beruf durchzukommen. Ich glaube, ich habe sie inzwischen überzeugt. Mit bestimmten Techniken kann man trotzdem gut arbeiten, und bis jetzt habe ich keine Beschwerden gehört.
Sie könnten das Kopftuch auch ablegen. Warum tragen Sie es trotzdem im Dienst?
Ich will auch ein Symbol sein für andere Mädchen, vor allem aus meiner Religion. Viele muslimische Mädchen denken, sie haben keine Chance in männlichen Berufen, etwa im Rettungsdienst zu arbeiten. Ein Kopftuch ist kein Hindernis, wenn man wirklich etwas will. Und ich will als Beweis dastehen, und die auf jeden Fall motivieren. Es ist keine leichte Arbeit. Aber wenn man hart dabei bleibt und sich Mühe gibt, dann schafft man es auch.
Mit Zahra Mrowat sprachen Caroline Walter und Christoph Rosenthal.