n der ersten Regierungserklärung nach ihrer Wiederwahl hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Islam als einen Teil Deutschlands bezeichnet. „Es steht völlig außer Frage, dass die historische Prägung unseres Landes christlich und jüdisch ist“, sagte Merkel am Mittwoch in ihrer Regierungserklärung im Bundestag in Berlin. „Doch so richtig das ist, so richtig ist es auch, dass mit den 4,5 Million bei uns lebenden Muslimen ihre Religion, der Islam, inzwischen ein Teil Deutschlands geworden ist.“
Viele hätten ein Problem damit, „diesen Gedanken anzunehmen – und das ist auch ihr gutes Recht“, sagte Merkel. Die Bundesregierung habe aber die Aufgabe, alle Diskussionen so zu führen, dass am Ende durch konkrete Entscheidungen der Zusammenhalt aller dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen größer und nicht kleiner werde. Die große Mehrzahl der Muslime in Deutschland lehne Radikalismus und islamistischen Terror ab. „Viele von ihnen leben ihren Glauben, den Islam, friedlich, verfassungs- und gesetzestreu“, sagte Merkel.
Die Kanzlerin kündigte außerdem an, dass künftig bundesweite Strukturen für die Ausbildung von Imamen geschaffen werden sollten. „Dass wir uns Jahrzehnte darauf verlassen haben, dass für die Gastarbeiter Imame aus der Türkei kamen, reicht für das 21. Jahrhundert nicht mehr aus“, sagte Merkel.
Insbesondere in Moscheen des Islam-Verbands Ditib, der der türkischen Religionsbehörde unterstellt ist, beten türkische Imame vor. Ditib ist der größte deutsche Moschee-Verband. Staatsverträge, wie es sie mit den christlichen Kirchen und dem Zentralrat der Juden gibt, scheiterten bei muslimischen Gemeinschaften in der Vergangenheit unter anderem an der unklaren Mitgliederstruktur ihrer Verbände.
Dobrindt: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“
Mit ihren Aussagen zum Islam reagierte die Bundeskanzlerin auf Bundesinnenminister Horst Seehofer, der gesagt hatte, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, wohl aber die hier lebenden Muslime. Die Debatte wird seit Jahren immer wieder geführt. Nach einem Interview, das Seehofer der „Bild“-Zeitung gegeben hatte, flammte sie wieder auf. Seehofer wurde dafür heftig kritisiert, vor allem von der Opposition. Rückendeckung erhielt er aus seiner eigenen Partei, der CSU.
In der Aussprache, die auf die Regierungserklärung Merkels folgte, widersprach CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der Einschätzung der Kanzlerin. „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“, sagte der CSU-Politiker und bekräftigte damit die Position seines Parteivorsitzenden. Dobrindt fügte hinzu, die überwiegende Mehrheit wolle, dass Deutschland ein christlich geprägtes Land mit seinem Wertesystem bleibe. „Und wir sind die Stimme dieser Menschen.“
Doch nicht nur Horst Seehofer und die Rolle des Islams waren in der Aussprache Thema, sondern auch die Aussagen von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu Hartz-IV-Empfängern. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter übte scharfe Kritik an beiden Politikern. „Morgen wird Herr Seehofer entlassen und übermorgen ist Herr Spahn fällig“, empfahl Hofreiter. Mit seiner Äußerung, der Islam gehörte nicht zu Deutschland, habe Seehofer zur tieferen Spaltung der Gesellschaft beigetragen, kritisierte der Grünen-Fraktionschef. Dem Innenminister sei es damit gelungen, dem ganz rechten Rand und zugleich den Islamisten einen Gefallen zu tun.