Seinen Beginn markiert der Protest breiter Bevölkerungsschichten gegen das Assad-Regime. Wie in anderen Ländern, die 2010/11 von den Aufständen des „Arabischen Frühlings“ erfasst wurden, standen zunächst Forderungen der Demonstranten nach Reformen, mehr Freiheiten, der Freilassung von politisch Inhaftierten und der Protest gegen Korruption in der herrschenden Elite im Vordergrund. Nachdem die Staatsmacht mit Gewalt reagiert und auf Demonstranten hatte schießen lassen, griffen die zunächst lokal begrenzten Proteste auf andere Städte und Landesteile über; viele Demonstranten verschärften ihre Forderungen, statt Reformen sollte ein Regimewechsel eingeleitet werden, Assad und seine Familie die Macht abgeben.
Als der Konflikt zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten eskalierte, desertierten zunehmend Angehörige der Regierungstruppen, die sich nicht an Gewalt gegen die Zivilbevölkerung beteiligen wollten. Viele stellten sich auf die Seite der Aufständischen, die derweil auch Zulauf von radikalen sunnitischen Islamisten erhielten. Die Regierung verlor in der Folge die Kontrolle über wichtige Protestzentren wie Hama und Homs sowie große Teile im Norden und Osten des Landes, konnte sich aber in seinen eigenen Hochburgen im Westen behaupten.
Ethnische und religiöse Gräben im Land
In der Folge wandelte sich der syrische Konflikt zunehmend von einem Ringen zwischen Staatsmacht und protestierender Bevölkerung zu einem Bürgerkrieg entlang ethnischer und religiöser Linien. Ein Blick auf die Bevölkerungsstruktur des Landes macht das verständlich. Zwar ist ethnisch gesehen die überwältigende Mehrheit der Syrer Araber, nur etwa zehn Prozent gehören der kurdischen Minderheit im Norden an. Mit Blick auf die Religionszugehörigkeit ergibt sich aber ein differenzierteres Bild:
Sunniten stellen die Mehrheit der Syrer, ihre gesellschaftlichen Vorstellungen reichen von sehr konservativen Ansichten über liberale Auslegungen des Islam bis hin zu säkularen Tendenzen. Unter den Sunniten fand der Aufstand gegen Assad auch deshalb die größte Unterstützung, weil ihre Stellung in Staat und Gesellschaft nach eigener Einschätzung nicht dem Anteil an der Bevölkerung entsprach. Allerdings fühlten sich unter Assad nicht alle Sunniten als Verlierer: Die Handelsmetropole Aleppo, später Sinnbild der Zerstörung, war vor dem Krieg zu 80 Prozent von Sunniten bewohnt – viele von ihnen waren wirtschaftlich erfolgreich und verhielten sich im Westteil der Stadt loyal zum Assad-Regime, weil sie wegen ihrer Geschäftsinteressen an einem Erhalt des status quo interessiert waren.
Alawiten bilden die zahlenmäßig größte Minderheit in Syrien: Die religiöse Sekte gilt als eine Spielart des schiitischen Islam. Die Herrscherfamilie um Assad ist alawitisch, Alawiten besetzen die Schlüsselpositionen in Staat und Militär – obwohl sie zahlenmäßig weniger als 20 Prozent an der Gesamtbevölkerung stellen. Ihr Hauptsiedlungsgebiet liegt in den küstennahen Regionen im Westen des Landes.
Christen, Drusen, Schiiten und Jesiden sind kleinere Minderheiten, die das Szenario eines möglichen sunnitischen Gottesstaates fürchten, in dem sie marginalisiert werden könnten.