Seit mehr als zehn Jahren gibt es bei Verlagen ein Codewort, das die Chance, ein Buch zu veröffentlichen, höchst wahrscheinlich macht: Islam. Aus Sicht von Verlegern verspricht alles, was mit dieser Religion zu tun hat, Erfolg. In den Bereichen Sachbuch und Belletristik erscheinen ununterbrochen Publikationen zum Thema. Besonders "erfolgreich" laufen seit den ersten Veröffentlichungen von Ayaan Hirsi Ali und Necla Kelek islamkritische Bücher. Wobei "kritisch" in einigen Fällen eine beschönigende Beschreibung des Inhalts ist, da es im Grunde oft nur um Diffamierung geht; etwa wenn die Weltreligion Islam auf eine Stufe mit dem Faschismus gehoben wird oder Muslimen eine Art "Geburten-Dschihad" unterstellt wird, eine Eroberung durch Fortpflanzung.
Aus diesen Verkaufserfolgen den Schluss zu ziehen, solche Bücher würden eine Aufbruchstimmung in die innerislamische Community tragen oder gar Reformen anstoßen, wäre grundnaiv. Der innerislamische Dialog in Deutschland ist in Bewegung geraten, ja, aber sicher nicht wegen, sondern trotz solcher Bücher und vor allem durch das Engagement liberaler Muslime. Die meisten islamkritischen Autoren sind nicht mal Teil des innermuslimischen Diskurses. Manche haben dem Islam längst abgeschworen, andere betrachten sich als säkular, die wenigsten verfügen über fundierte Kenntnisse islamischer Theologie.
Fast alle diese Bücher haben auf konstruktiver Ebene nichts zu bieten. Wissenschaftlich werden sie kaum rezipiert, gesellschaftlich schaden sie mehr, als dass sie nutzen. Sie haben die Spaltung der Gesellschaft, den Aufstieg von Islamfeindlichkeit und Rassismus entscheidend befördert. Die Erfolge von rechtspopulistischen Bewegungen und Parteien wie Pegida und AfD sind auch das Ergebnis solcher Publikationen.
Es ist Zeit, mit einem populären Irrtum aufzuräumen: Islamkritische Bücher verkaufen sich nicht etwa deshalb so gut, weil sich ein breiter Querschnitt der Bevölkerung für den Islam interessiert. Im Gegenteil. Der Kauf eines islamkritischen Buchs ist auch ein politisches Statement! Wer ähnlich denkt, schlägt im Buchhandel zu. Sechs Millionen Menschen haben mit der AfD einer in Teilen auch islamfeindlichen Partei ihre Stimme bei der Bundestagswahl gegeben. Ein Teil dieser auch sonst hochgradig aktivistischen Wähler sind gewiss auch Käufer