Wenigstens der Taxifahrer hat seinen Humor nicht verloren an diesem Sonntagabend. „Wir nennen die Altstadt die „längste Theke der Welt“. Und die Typen kriegen hier trotzdem nichts zu trinken“, scherzt er, während er an seinem Stand in der Düsseldorfer Altstadt auf den nächsten Kunden wartet. Das dürfte dauern, denn an diesem Abend herrscht Stillstand im beliebten Düsseldorfer Ausgehviertel.
Während AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel ihre Anhänger im Henkel-Saal in Stimmung für den Bundestagswahlkampf bringt, machen draußen vor allem jüngere Gegner ihrem Ärger Luft. „Kein Altbier für Nazis“, fordern sie auf ihren Protestschildern. Das Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“ hat die Demonstration organisiert, nach Polizeiangaben verläuft der Protest friedlich.
Spannender als Protest und Wahlkampf verlief vor allem der Streit um den Veranstaltungsort im Vorfeld des AfD-Treffens: Der Betreiber des Saals im sogenannten Quartier Bohème hatte sich gegen die Nutzung durch die Partei gewehrt, er war damit aber vor Gericht gescheitert. Mit einer einstweiligen Verfügung hatte das Amtsgericht zugunsten des örtlichen AfD-Kreisverbandes entschieden. Der Betreiber kündigte an, alle Erlöse des Abends an einen Flüchtlingsverein spenden zu wollen. „Da dürfte nicht viel bei herausspringen, der Rechtsstreit war teuer“, amüsierte sich AfD-Ratsherr Martin Schiller aus Münster.
Im Umfeld des Saales stellen am Sonntag mehrere traditionsreiche Brauereien und Gasthäuser der Altstadt vorzeitig ihre Zapfhähne ab. Die Gaststätte werde zum Wohle der Gäste und Mitarbeiter sowie zum Schutz des Traditionshauses geschlossen, teilte das Brauhaus „Füchschen“ auf seiner Internet- und Facebookseite mit. Auch die Brauerei „Schlösser“ und die Gaststätten „Goldenes Einhorn“, „Zur Uel“ und „Meilenstein“ machten vorzeitig zu oder öffneten erst gar nicht.
Wahlkampfparolen gegen Flüchtlingspolitik und innere Sicherheit im Saal, Sprechchöre gegen Fremdenfeindlichkeit vor dem Saal. Und klassische Musik auf den Treppenstufen zwischen Partei und Protest. Thomas Beckmann streicht im Frack gekleidet über die Saiten seines Cellos, er spielt eine Suite von Johann Sebastian Bach: „Mit Musik kann man Bewusstsein schaffen“, sagt der 60-Jährige, der auf einem leeren Sprudelkasten Platz genommen hat. „Und man kann mit ihr Ängste nehmen.“ In einer Zeit zunehmender Angst, instrumentalisiere die AfD die Ängste der Menschen. Deshalb sei das Ständchen seine Form des Protestes. „Die AFD ist die einzige Partei, deren Abkürzung man musizieren kann. Und den entsprechenden D-Moll-Akkord spiele ich immer möglichst schief.“ Noch einer, der Humor hat an diesem Abend.