m Dezember 2014 sah es in der Essener Innenstadt stark danach aus, als würde der „Islamische Staat“ plötzlich mitten in Deutschland die öffentliche Hinrichtung zweier Männer vollziehen. Vermummte hatten eine schwarze Fahne auf den Boden gelegt. Sie nötigten ihre „Gefangenen“, auf ihr niederzuknien, standen hinter ihnen mit Pistole und Säbel und schritten zur Tat. Allein der Schriftzug am Rande der Fahne – „Ausgebildet in Bonn, Braunschweig und Wuppertal“ – sowie einige mit Kreide auf den Boden geschriebene Worte – „Zusammen gegen den Terror“ – deuteten auf das Schauspiel hin, das es war.
„Was ihr hier seht, findet in unseren Ländern hundertmal am Tag statt“, riefen die Männer ihrem Publikum abschließend zu: „Wir müssen aufwachen, was dagegen tun!“ Die Männer gehörten zu einer muslimischen Gruppe namens „12thMemoRise“. Ihre Mitglieder protestieren gegen die Vereinnahmung ihrer Religion durch Extremisten.
Die neunzigminütige Dokumentation „Glaubenskrieger“, die der Filmemacher Till Schauder im Auftrag von insgesamt sechs ARD-Anstalten gedreht hat, erzählt die Geschichte von „12thMemoRise“. Erzählt wird sie auch filmisch aus dem Blickwinkel der Gruppe, die der Düsseldorfer Germanistik-Student Hassan Geuad gemeinsam mit seinem Bruder und Freunden gegründet hat. Schauder hat die Gruppe seit dem August 2015 begleitet. In seinem Film lässt er sie weitestgehend selbst erzählen. Das ist nicht immer unproblematisch: Manchen Äußerungen der „12thMemoRise“-Aktivisten hätte eine Einordnung durch Außenstimmen gutgetan. So auch ihrem Versuch, mit der islamophoben Rechten ins Gespräch zu kommen. Dennoch ist Schauder mit „Glaubenskrieger“ ein beachtliches Gruppenporträt gelungen. Nicht zuletzt steht einen Monat nach der Kölner Friedensdemo „Nicht mit uns“ wieder die Frage im Raum, wie es mit der innermuslimischen Diskussion um den Fundamentalismus bestellt ist. Und mit dem Rückhalt für jene, die sich gegen den Terror engagieren.
Im Internet – und bewusst provozierend
„12thMemoRise“ geht hier ebenso zeitgenössisch wie radikal vor. Die Gruppe will der IS-Propaganda dort begegnen, wo der Islamismus seinen Nachwuchs rekrutiert: im Internet. Hier landen die Aufnahmen spektakulärer Aktionen wie der Scheinhinrichtung, dem inszenierten Sklavenmarkt – „Es ist fünf nach zwölf!“ – oder dem mit blutigen Händen durchgeführten Protest gegen die salafistische Koranverteilung in den Fußgängerzonen. Dort entfalten sie Wirkung. Die Scheinhinrichtung etwa wurde binnen weniger Tage mehr als 120.000 Mal angeklickt.