Der 18-jährige israelische Soldat Elor Azaria wurde von einem israelischen Militärgericht wegen Totschlags verurteilt. Er hatte den 21 Jahre alten Palästinenser Abd al-Fatah al-Scharif, der verletzt am Boden lag, vor laufender Kamera per Kopfschuss hingerichtet. Obwohl das Strafmaß noch nicht verkündet wurde, gingen Zionisten auf die Straßen, um gegen die Urteilsverkündung zu protestieren und ihre Solidarität für den jungen Soldaten auszudrücken, der breit grinsend den Gerichtssaal betrat. Auch Netanjahu und Liebermann äußerten offen, dass sie sich ein anderes Urteil gewünscht hätten. Der Fall wirft die Frage auf, wieso unsere Medien neuerdings von den Verbrechen der Zionisten berichten. Man könnte meinen, dass hier ausnahmsweise die Wahrheit berichtet wird. Doch ist das wirklich so?
Es entspricht nicht der Gewohnheit unserer Systemmedien, von den Gräueltaten an den Palästinensern zu berichten. Es wird höchstens die Politik der Regierung kritisiert, wie die Siedlungspolitik oder die Verhältnismäßigkeit von „Vergeltungsschlägen“, jedoch wird nicht auf die andauernde ethnische Säuberung hingewiesen. Wie soll man die Fernsehbilder deuten, die erst die Schuld des Mörders zweifelsfrei beweisen und anschließend Fanatiker zeigen, die lautstark auf den Straßen protestieren und Freispruch fordern? Soll man glauben, dass die Tagesschauredaktion uns das Bild eines Israels voller Hardliner und Fanatiker vermitteln will? Glücklicherweise – und das ist wohl die Botschaft, auf die es hier wirklich ankommt – gibt es jedoch die unabhängige und unbestechliche Justiz, die selbst gegen die Regierung die Wahrheit ausspricht: Der Rechtsstaat funktioniert.
Von Rechtsstaat oder der einzigen Demokratie im Nahen Osten kann jedoch keine Rede sein. Im vergangenen Jahr wurden 35 palästinensische Kinder von der zionistischen Besatzungsarmee getötet und weitere 83 verletzt, wie die Defense for Children International (DCI) berichtet [1]. 560 Kinder wurden allein aus Jerusalem verhaftet. Ein grausames Rekordjahr.
War die Anklage nur notwendig, weil das Verbrechen per Kamera festgehalten wurde? Das war allerdings in der Vergangenheit nie Grund für eine Anklage. Videoaufnahmen, in denen wehrlose Frauen erschossen wurden, sind gerade aus jüngster Zeit zahlreich. Sie wurden in unseren Medien so gut wie nie thematisiert. Weit seltener noch kam es zu einer Anklage vor einem Militärgericht. Vielmehr haben die Führer der Zionisten den Soldaten freie Hand in der Auslebung ihrer Brutalität gegenüber den Palästinensern signalisiert.
Daher nannte der palästinensische Außenminister den Fall einen Schauprozess, der den Zweck habe, die internationale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen [2]. Die Weltgemeinschaft soll von einem Einzelfall ausgehen. Der Fall kann aber nur unter böswilliger Missachtung der jüngsten Ereignisse in Palästina als Einzelfall dargestellt werden.
Interessant ist in diesem Zusammenhang der jüngste Bericht von Human Rights Watch vom 2. Januar [3]. Darin zeigt sich die Organisation tief besorgt über die wachsende Anzahl israelischer Beamter und Amtspersonen, die sich für eine gezielte Tötung palästinensischer Rebellen aussprechen, selbst dann noch, wenn keine Gefahr mehr von ihnen ausgeht. Human Rights Watch sammelte die Statements seit dem Ausbruch der aktuellen Intifada im Oktober 2015. So sagte beispielsweise der Großrabbiner Yitzhak Yosef, dass es ein religiöses Gebot sei, jeden bewaffneten palästinensischen Widerstandskämpfer zur Abschreckung aller anderen zu erschießen. Entsprechend verkündete der Sicherheitsminister, dass jeder bewaffnete Angreifer wissen solle, dass er den Angriff wohl nicht überleben würde.
Obwohl die Palästinenser das Recht auf Widerstand gegen die illegale zionistische Besatzungsmacht haben, sollten die vielen Augenzeugenberichte nicht unerwähnt bleiben, nach denen unbewaffneten Palästinensern ein Messer in die Hand gelegt wurde, nachdem sie erschossen wurden [4].
Die zionistische Führung zeigt sich engagiert bei der Ablenkung von Berichten, die ihre unmenschlichen Ansichten veröffentlichen. Dabei nimmt sie in Kauf, dass die Weltöffentlichkeit glaubt, es handele sich um eine Regierung, die auf Wählerstimmenfang bei Ultra-Hardlinern und Fanatikern geht, solange nur der Mythos der einzigen Demokratie im Nahen Osten aufrechterhalten werden kann, die auch bei Einzeltätern in den eigenen Reihen durchgreift.
Der Fall Elor Azaria lenkt von der zum Himmel schreienden Ungerechtigkeit ab, die in Palästina voranschreitet. Mindestens bis zur Verkündung des Strafmaßes wird das Echo auf die Mordaufrufe von höchster Stelle im Westen kaum hörbar sein.