O du fröhliche! Weihnachtsbräuche werden in der Türkei doch nicht verboten. In einer deutschen Schule in Istanbul dürfen weiterhin Weihnachtslieder gesungen werden – allerdings nur die islamischen.
Ganz Deutschland fragt sich: Ist das Unterrichtsthema Weihnachten an einer von deutschen Steuergeldern mitfinanzierten Eliteschule in Istanbul nun von den türkischen Behörden verboten worden oder nicht?
Während die Lehrer der deutschen Abteilung des Gymnasiums in einer Mail beklagten, dass per Dekret von oben „ab sofort nichts mehr über Weihnachtsbräuche und über das christliche Fest im Unterricht mitgeteilt, erarbeitet sowie gesungen“ werden dürfe, dementierte die Schulleitung die Existenz einer entsprechenden Vorgabe.
Erdogan zeigt sich versöhnlich
Wahr sei nur, dass die deutschen Lehrer im Unterricht „vor allem in den letzten Wochen Texte über Weihnachten und das Christentum auf eine Weise behandelt haben, die nicht im Lehrplan vorgesehen ist“, teilte die Schule auf ihrer Homepage mit.
Um nicht für eine weitere Belastung des deutsch-türkischen Verhältnisses zu sorgen, kommt nun ein Schiedsspruch aus Ankara, den man salomonisch nennen dürfte, wenn es denn nur erlaubt wäre: Präsident Recep Tayyip Erdogan verfügte höchstpersönlich, dass an dem Elitegymnasium weiterhin selbstverständlich Weihnachtslieder gesungen werden dürften – allerdings mit einer kleinen Einschränkung.
Islamische Weihnachtslieder haben ihre Tücken
„Wenn schon Weihnachtslieder, dann bitte schön nur die islamischen“, zeigte sich Erdogan ungewohnt tolerant, was Vertraute auf seinen reichlichen Verzehr von Mohammedstollen in den vergangenen Wochen schieben.
Für die deutschen Lehrer an der Schule in Istanbul und viele Weihnachtsfreunde in der Türkei stellt dieser großzügige Kompromiss allerdings ein nicht geringes Problem dar: Islamische Weihnachtslieder gelten generell als unsingbar.
Weihnachtsfans greifen zur Selbsthilfe
Zwar wurden Chören von den türkischen Behörden Krippen mit einem prächtigen Erdogan-Kind im Zentrum zur Verfügung gestellt, um die peinliche Stille während des Adventssingens etwas stimmungsvoller zu machen, aber einige Sänger finden das etwas unbefriedigend.
Deshalb greifen jetzt viele Menschen in der Türkei zur Selbsthilfe und texten Weihnachtslieder, die vormals noch einen christlichen Bezug hatten, kurzerhand um.
Türken fühlen sich genervt
Manche Mitbürger fühlen sich davon inzwischen genervt. So beschwert sich ein Passant in Istanbul: „Den ganzen Tag laufen Schnulzen wie ,Mohammed durch ein Dönerwald ging‘, ,Es ist ein Zieg’ entsprungen‘ und ,Last Ramadan‘ im Radio. Ich kann es bald nicht mehr hören!“