In Deutschland ist ein dramatischer Wandel der Bestattungskultur zu besichtigen. 2013 gab es rund 45.000 Bestattungen auf mittlerweile 400 Baumbestattungsstandorten in Deutschland. Die Zahl der Feuerbestattungen ist auf über 60 Prozent gestiegen. Friedhöfe verändern ihre Gestalt, weil Grabfelder für Muslime angelegt und Gräber individueller oder – wegen veränderter Familienstrukturen – pflegeleicht gestaltet werden.
Kirchen, Friedhofsverwalter und Bestatter beobachten zwei gegenläufige Trends: auf der einen Seite immer mehr anonyme, kostengünstige Rasengrabstellen, auf der anderen Seite zunehmend persönlich gestaltete Grabmale. Einerseits bieten Discountbestatter Einfachbeerdigungen. Andererseits wollen immer mehr Hinterbliebene den Sarg des Verstorbenen bemalen, seine Lieblingsmusik bei der Trauerfeier oder eine besonders persönliche Trauerrede hören.
Friedhofspflicht und Sargzwang verlieren an Bedeutung
„Traditionen, Konventionen und religiöse und familiäre Bindungen verlieren an Bedeutung“, so fasst es der Vorstand der Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas, Christoph Keldenich, zusammen. „Mobilität und Vielfalt der Lebensentwürfe nehmen zu“. Das hat Auswirkungen auf Tod und Sterben.
Solche Vielfalt war lange unmöglich: Friedhofspflicht und Sargzwang prägten die Bestattungskultur. Ausnahmen sind nur die Seebestattung und die Naturbestattung in einem Wald. Jedoch wird auch bei Baumbeisetzungen die Urne vom Bestatter an den ausgewiesenen Bestattungsort gebracht. Während andere europäische Länder inzwischen erlauben, die Asche von Verstorbenen auch daheim aufzubewahren, bleibt Deutschland streng. Lediglich Bremen erlaubt seit 2015, die Asche von Verstorbenen auf Privatgrundstücken und festgelegten öffentlichen Flächen zu verstreuen. Eine völlige Abschaffung des Friedhofszwangs bedeutet das nicht.