Ein Kopftuchverbot für eine Software-Ingenieurin stellt der EU-Generalanwältin Eleanor Sharpston zufolge eine „rechtswidrige unmittelbare Diskriminierung“ dar. Als die französische Firma Micropole die Frau wegen ihres Kopftuchs entließ, habe sie die Angestellte wegen ihrer Religion benachteiligt, erklärte die Generalanwältin in ihrem Gutachten für den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Der EuGH kann sich dieser Einschätzung in seinem Urteil anschließen, muss dies aber nicht tun.
Generalanwältin Sharpston wies am Mittwoch darauf hin, dass die EU-Staaten sehr unterschiedliche Regelungen zum Tragen religiöser Kleidung und religiöser Zeichen bei der Arbeit insbesondere im öffentlichen Dienst haben. Im strittigen Fall gehe es aber um ein Privatunternehmen. Die Gutachterin betonte dabei die Religionsfreiheit: Bougnaoui sei wegen ihrer Religion benachteiligt worden, denn ein Projektingenieur, der seine Religion oder Weltanschauung nicht bekannt hätte, wäre nicht entlassen worden.
Antidiskriminierungsrichtlinie
Die sogenannte Antidiskriminierungsrichtlinie der EU lässt Sharpston zufolge eine unterschiedliche Behandlung nur unter bestimmten Bedingungen zu. Eine solche Benachteiligung muss demnach „wegen eines Merkmals erfolgt sein, das eine ‚berufliche Anforderung‘ darstellt“. Das sei bei Bougnaoui nicht der Fall. Sie habe ihre Aufgabe als Projektingenieurin auch mit Kopftuch wahrnehmen können: Im Kündigungsschreiben von Micropole werde nämlich „ausdrücklich die fachliche Kompetenz von Frau Bougnaoui hervorgehoben“.
In einem anderen Fall hatte Generalanwältin Juliane Kokott im Mai vor dem EuGH die Ansicht vertreten, dass ein Kopftuchverbot in Unternehmen zulässig sein könne: Wenn ein Arbeitgeber eine religiöse und weltanschauliche Neutralität durchsetzen wolle, könne eine Betriebsregelung gerechtfertigt sein, die sichtbare politische, philosophische und religiöse Zeichen am Arbeitsplatz untersage. (