29.06.2016, Hamburg – Seit heute ist die Blaue Moschee an der Alster der Schirmherr der Aktion „Büchertürme“, die auf spielerische Art und Weise die Schieflage der deutschen Schülerschaft in puncto Lesen verbessern will. Nachdem sich die Hamburger Schüler bereits in den letzten Monaten 112 Meter auf den Rathausturm gelesen haben, wurde in einem symbolischen Akt die Schirmherrschaft im Kaisersaal des Rathauses vom Ersten Bürgermeister Olaf Scholz an Ayatollah Dr. Ramezani, den Leiter der Islamisch-Europäischen Union der Schia-Gelehrten (IEUS), Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) sowie Vorsitzenden der Schura Hamburg, übergeben. Nun gilt es für die Schüler der Hamburger Grundschulen, so viele Bücher zu lesen, dass sie aufeinandergestapelt die Spitze der Minarette der Blauen Moschee mit einer Höhe von 36 Metern erreichen. Hierzu sind einige weitere Veranstaltungen und Rahmenprogramme in der Blauen Moschee vorgesehen.
Begonnen hat alles am 11.11.2011 mit der Aktion „Kinder, lest euch auf den Michel“. Inzwischen haben sich die Hamburger Schüler auf die Türme der Kirche St. Nikolai, Katharinenkirche, St. Petri, St. Jacobi und den Rathausturm erlesen und damit die beachtliche Zahl von insgesamt 707,4 Metern erreicht. Das Projekt hat über die Grenzen Hamburgs hinaus auch in anderen Bundesländern, aber auch in Spanien, Österreich, Polen und Luxemburg Nachfolge gefunden.
Mit kurzen Redebeiträgen wandten sich Olaf Scholz und Ayatollah Ramezani an die rund 200 Grundschüler, die zusammen mit ihren Lehrerinnen und Lehrern an der Abschlussfeier im Rathaus teilnahmen.
In seiner Rede begrüßte Ayatollah Ramezani zunächst die Lesenden und Lehrenden und bedankte sich bei der Initiatorin der Aktion Ursel Scheffler für dieses so wichtige Projekt. Sein Dank ging ebenfalls an den bisherigen Schirmherren Olaf Scholz für den Empfang und seine begrüßenden Worte.
Ayatollah Ramezani wies auf die lange Tradition des Dialoges in der Blauen Moschee hin und erläuterte, dass die Imam-Ali-Moschee bereits seit ihrer Gründung vor nun mehr als 55 Jahren eine Art Brückenbauer zwischen den Religionen und Kulturen ist. Auch architektonisch ist sie, die seit 2013 unter Denkmalschutz steht, eine Zierde und Bereicherung für unsere Stadt, gar für Deutschland. Man könne nicht früh genug mit dem Dialog beginnen, ergänzte Ramezani. Er freue sich sehr, dass im Rahmen dieses Projekts nun noch mehr Schulklassen die Möglichkeit gegeben werde, die Schönheit dieser Moschee selbst zu erkunden und so auch mehr über den Islam zu erfragen und zu erfahren. „Nachdem bereits fünf Kirchentürme und der Rathausturm erlesen wurden, spricht es für eine weltoffene Stadt wie Hamburg, dass nun die Minarette der Blauen Moschee erlesen werden: Hamburg ist und bleibt die Hauptstadt des interreligiösen Dialogs.“
„Ich bin stolz darauf, dass ich auf eine 35-jährige Erfahrung als Lehrer zurückblicken darf, denn auch die göttlichen Propheten und die Reinen dieser Welt waren Lehrer der Menschheit.“ Der dreifache Vater und Großvater einer Enkelin führte weiter fort: „Ich liebe Kinder und wann immer ich in ihrer Mitte bin, geht mein Herz auf, da ich die Reinheit und Unschuld in ihren Gesichtern sehe und sie der Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit näher sind.“
Weiter sprach er über die Bedeutung von Büchern, die uns die Möglichkeit geben, von der Geschichte, aber auch der Erfahrung anderer Menschen zu lernen und zu profitieren. Dies sei wichtig, um so nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Gesellschaft einen wertvollen Beitrag leisten zu können, bekräftigte Ramezani. „Durch Bücher kann man mit allen Kindern auf der Welt verbunden sein und an ihrem Leben teilhaben. Hier zu Lande können wir für unsere Sicherheit und unser Wohlergehen dankbar sein, jedoch sollten wir nicht vergessen, dass es in diesen Augenblicken in anderen Orten auf der Welt Kinder gibt, deren Leben bedroht ist und sie Armut und Hunger erleiden müssen.“
Verweisend auf die Worte des Vizekanzlers Sigmar Gabriel beim Iftar-Empfang der IGS vor einer Woche – „dass wir gemeinsam unser Deutschland aufbauen müssen“ – betonte Ramezani: „Als islamischer Gelehrter und Vorsitzender der Schura verspreche ich Ihnen, dass die Muslime sowie die muslimischen Gemeinden weiterhin alles Mögliche unternehmen werden, damit wir gemeinsam und auf Basis der Vernunft und Spiritualität ein friedliches und sicheres Zusammenleben für alle gewährleisten können. Muslime sind eine Chance für Deutschland und Europa. Hamburg kann hier als Vorbild für alle anderen Bundesländer dienen.“ Dabei lobte er die Arbeit von Olaf Scholz, den er als „einen guten Bürgermeister für Hamburg“ bezeichnete. Das Ergebnis dieser guten Zusammenarbeit sei unter anderem der Staatsvertrag mit den Muslimen, der deutschlandweit zum ersten Mal in Hamburg besiegelt wurde.
Zuvor hatte Olaf Scholz über die Bedeutung des Lesens gesprochen und die Schüler für die gemeinsam erbrachte Leistung gelobt und hinzugefügt, dass er die Kinder für die Zeit, die sie zum Lesen aufbringen können, beneidet. „Der Rathausturm ist erlesen, doch nun soll es auch weitergehen. Das nächste Ziel sind die Minarette der Blauen Moschee an der Alster.“
Mehr über das Projekt „Büchertürme“:
Als die Kinderbuchautorin Ursel Scheffler durch die PISA-Studie darauf aufmerksam wurde, dass die Schüler ihrer Heimatstadt Hamburg im Bereich Lesekompetenz schlechter als die der Stadt Shanghai in China abgeschnitten haben, war sie sehr überrascht. Sie beschloss etwas dagegen zu tun und so würde aus der Idee „Wir lesen den Turm von Pisa gerade!“ das Projekt „Büchertürme“.
Weitere Infos unter: http://www.büchertürme.de/