Der Islam ist mit circa zwei Milliarden Anhängern nach dem Christentum die weltweit zweitgrößte Religion. Die muslimische Gemeinschaft versteht sich als Solidargemeinschaft. In dieser hat das Gemeinwohl einen hohen Stellenwert. Jeder Muslim ist verpflichtet, seinen Nächsten zu helfen und sich um sie zu sorgen, unabhängig vom Geschlecht, Alter, Ethnie oder Religion.
Im Islam wird die Gerechtigkeit unter den Muslimen durch die Solidarität der einzelnen Mitglieder hergestellt. Solidarität gewährleistet die Entstehung des Gemeinwohls. Gleichzeitig werden die individuellen Rechte des einzelnen Muslims geschützt. Also ist die Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit die gegenseitige Verantwortlichkeit und Verpflichtung aller Muslime, indem die individuellen Bedürfnisse hinter die kollektiven Bedürfnissen gestellt werden. In einem Koranvers heißt es passend:
„…Und sie bevorzugen andere vor sich selbst, auch dann, wenn sie in Not sind. Und wer vor dem Geiz seines Ego geschützt wird, diese sind die wirklichen Erfolgreichen.“ (Sure Hucurât, 59:9)
Solidarität wird im Islam nicht nur als ein Teil der Frömmigkeit betont, sondern auch als wichtigste Tugend eines Menschen. Die Wichtigkeit dieser Tugend ist ebenso im Neuen Testament wiederzufinden. Der Verzicht auf die eigenen Rechte, die Liebe zum Nächsten und auch die Aufforderung zur Liebe der Feinde sind Aspekte, die öfters im Evangelium betont werden. Im Matthäus Evangelium Kapitel 5 Vers 39 ff. heißt es: „Ich aber sage euch: Verzichtet auf Gegenwehr, wenn euch jemand Böses tut! Mehr noch: Wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, dann halte auch die linke hin. Wenn jemand mit dir um dein Hemd prozessieren will, dann gib ihm den Mantel dazu. Und wenn jemand dich zwingt, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh mit ihm zwei. Wenn jemand dich um etwas bittet, gib es ihm; wenn jemand etwas von dir borgen möchte, sag nicht nein.“
Das Verständnis der Solidarität ist also so aufgebaut, dass man lernt sein Ego zu vergessen und sich dem Wohlbefinden der Mitmenschen widmet