Das in Bayern seit acht Jahren geltende Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen ist rechtswidrig. Es handele sich um einen Eingriff in die Religions- und Ausbildungsfreiheit ohne gesetzliche Grundlage, entschied das Verwaltungsgericht Augsburg am Donnerstag. Die bayerische Landesregierung kündigte Berufung an. Geklagt hatte eine Jura-Studentin mit deutscher und pakistanischer Staatsangehörigkeit im sogenannten Vorbereitungsdienst.
„Meine Haltung ist klar: Ich will nicht, dass Rechtsreferendarinnen auf der Richterbank, beim staatsanwaltschaftlichen Sitzungsdienst oder bei sonstigen hoheitlichen Tätigkeiten ein Kopftuch tragen“, sagte Justizminister Winfried Bausback. Eine unabhängige und neutrale Justiz gehöre zu den Grundpfeilern des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates. Jede Partei, jeder Angeklagte und jeder sonstige Verfahrensbeteiligte müsse auf die Unabhängigkeit, die Neutralität und erkennbare Distanz der Richter und Staatsanwälte vertrauen können. Dies gelte auch für Rechtsreferendare. „Dieses Vertrauen darf schon durch das äußere Erscheinungsbild nicht erschüttert werden“, so der Justizminister.
Der religionspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck, begrüßte dagegen die Augsburger Entscheidung. „Kopftuch, Kippa und Schleier gefährden nicht die Rechtsfindung“, sagte Beck. Sie seien Ausdruck der jeweiligen religiösen Haltung und gehörten zur Wahrnehmung der individuellen Glaubensfreiheit. Es sei zwar richtig, dass auch unter Muslimen umstritten sei, ob das Tragen eines Kopftuchs religiös geboten sei. „Aber der Staat hat nicht zu entscheiden, was die richtige oder zeitgemäße Interpretation einer Religion zu sein hat.“ Das sehe auch das Bundesverfassungsgericht so.
Wie kam es überhaupt bis zu diesem Punkt? Wir haben den jahrzehntelangen Kopftuchstreit in einem Video zusammengefasst. Klicken Sie auf das Bild, um zum Video zu gelangen.