Den ersten religionsverfassungsrechtlichen Vertrag unter Geltung des Grundgesetzes schloss das Land Niedersachsen mit den evangelischen Landeskirchen am 19. März 1955 im Kloster Loccum ab. Der sogenannte Loccumer Vertrag regelt umfassend das Verhältnis zwischen dem Land und den Landeskirchen. So gehört zum Vertragsinhalt unter anderem: Die Bekräftigung verfassungsrechtlicher Freiheiten, die Behandlung der gemeinsamen Angelegenheiten (sog. Res Mixta) sowie die Gewährung von Staatsleistungen. Der Vertrag diente lange Zeit als Vorbild für die nachfolgenden religionsverfassungsrechtlichen Verträge nicht nur in Niedersachsen, sondern auch in anderen Bundesländern. Noch heute wird ihm eine besondere Bedeutung zugeschrieben. In seinem Festvortrag zum 60. Jubiläum des Übereinkommens im Jahr 2015 erklärte der Präsident des niedersächsischen Staatsgerichtshofs, der im Loccumer Vertrag niedergelegte Regelungsmechanismus könne auch für den Umgang des Staates mit anderen Religionsgemeinschaften und künftige Staatskirchenverträge wegweisend sein.
source : iq
Sonntag
5 Juni 2016
14:22:34
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Das Land Niedersachsen beabsichtigt schon länger, einen Staatsvertrag mit den dortigen Islamischen Religionsgemeinschaften abzuschließen. Negative Stimmen führten sogar zu einer Aussetzung der Verhandlungen, die mittlerweile wieder aufgenommen wurden. Inwieweit die Kritik berechtigt und wie der Vertrag im Übrigen zu bewerten ist, schreibt die Juristin Anissa Bacharwala.