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source : gedemi.de
Sonntag

29 Mai 2016

05:39:06
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Deutscher Islam = Islam light?

Immer dann, wenn von einem deutschsprachigen Islam und einem Islam, der nach Deutschland passt, die Rede ist, bekommen einige das große Zittern und wähnen sich und ihre Kinder schon in der Gaststätte bei einer Riesenportion Eisbein und einem Superkrug Weißbier.

Autor: Bruder Sajjad

Immer dann, wenn von einem deutschsprachigen Islam und einem Islam, der nach Deutschland passt, die Rede ist, bekommen einige das große Zittern und wähnen sich und ihre Kinder schon in der Gaststätte bei einer Riesenportion Eisbein und einem Superkrug Weißbier. Sie denken an das Ablegen des Hijabs und die Verleugnung wichtigster islamischer Praktiken. Für sie kann der Islam nur dann echt sein, wenn er an eine x-beliebige orientalische Kultur gekoppelt ist. Während ein Islam arabischer/türkischer/persischer/bosnischer/usw. Prägung keinen Widerspruch darstellt, kann laut dieser Denkweise ein Islam deutscher Prägung kein echter Islam sein. Deshalb versteifen sich viele Muslime, selbst in der xten Generation, darauf, den Islam in jener Färbung zu bewahren, wie er im Herkunftsland ihrer Eltern oder gar Großeltern gelebt worden ist.

Aber wie ist es überhaupt? Kann es einen Islam geben, der nach Deutschland passt, ohne dass man den Islam verschandelt? Ein Islam, bei dem man gleichzeitig Deutscher sein kann, als auch Muslim? Einen Islam, in dem die Hauptsprache Deutsch ist und jene Themen behandelt werden, die in dieser Gesellschaft eine Relevanz aufweisen, anstatt nur über Themen zu sprechen, die in den orientalischen Ländern aktuell sind?

Um diese Frage zu beantworten, muss man sich zuallererst klar machen, dass die Religion des Islam nicht fest an eine Region gekoppelt ist. Weder theoretisch noch praktisch. Abgesehen von einzelnen Praktiken (wie bspw. das Pflichtgebet, das verpflichtend in arabischer Sprache abgehalten werden muss) gibt es keinerlei Zwang, dass ein Muslim zusätzlich zu den islamischen Regelungen die Sitten und Kulturen orientalischer Länder annehmen muss. Im Gegenteil, nicht umsonst gibt es im islamischen Recht zahlreiche Fälle, in denen der Muslim auch die jeweilig gängigen gesellschaftlichen Umgangsformen (arab.= ʿurf) beachten muss. Das ist ein Indikator, der aufzeigt, wie wichtig dem Islam die kulturelle und regionale Vielfalt ist.  Auf praktischer Ebene betet sowohl der praktizierende senegalesische Muslim als auch der praktizierende indonesische Muslim. Beide fasten, beide zahlen die verpflichtende Almosensteuer (Zakat), haben das Ziel, einmal in ihrem Leben die Pilgerfahrt nach Mekka (Hadsch) zu verrichten). Aber dennoch ziehen sie sich unterschiedlich an, hören ihre Freitagspredigten in der jeweiligen Landessprache, haben eine eigene Mentalität, eigene Sprichwörter, eigene Probleme und einen eigenen Stil. Wir können also sicherlich von einem Islam senegalesischer und einem Islam indonesischer Prägung sprechen.

Auch für Deutschland trifft selbiges zu. Wir müssen nicht krampfhaft versuchen, den Islam zu orientalisieren, damit wir ihn für authentischer halten. Der Islam wird nicht islamischer, wenn wir Abi und Akhi statt Bruder sagen und Schawarma statt Fischstäbchen essen, auch wenn gegen beides natürlich nichts einzuwenden ist. Wenn in den Moscheen endlich die deutsche Sprache zur Hauptsprache gemacht werden sollte, da sie der Landessprache der hiesigen Bevölkerung entspricht, dann sollte keine Angst bestehen, dass nur deshalb nun der Islam verfälscht werden würde. Wenn in den Moscheen in Deutschland begonnen werden sollte, Themen zu behandeln, die relevant für die Muslime in Deutschland sind, dann bedeutet es noch lange nicht, dass man sich nun für eine Lightversion des Islam entschieden hat.

Wir müssen daran arbeiten, dass dieser Widerspruch endlich aufgehoben wird, dieser Widerspruch, sowohl Deutscher als auch Muslim zu sein. Wir müssen daran arbeiten, dass ein Muslim, der Deutschland als seinen Lebensmittelpunkt betrachtet und in dieser Gesellschaft wirken möchte, nicht weiterhin, zumindest hinter vorgehaltener Hand, als Verräter betrachtet oder bezeichnet wird. Spätestens unsere Kinder sollten nicht mehr mit dieser Zerrissenheit leben, an der unsere Generation gelitten hat, sich für das eine oder das andere entscheiden zu müssen, ohne dass dafür eine Notwendigkeit besteht, sich für das eine oder andere entscheiden zu müssen, da beides miteinander möglich ist. Ein Islam deutscher Prägung ist nämlich keineswegs ein minderwertiger Islam, sondern hat vielmehr gar das Potential eine Vorreiterrolle innerhalb der gesamten muslimischen Gemeinschaft (Ummah) zu spielen. Wir müssen es nur zulassen,

Euer Bruder Sajjad