AhlolBayt News Agency (ABNA)

source : spiegel
Donnerstag

12 Mai 2016

05:23:35
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Syrische Flüchtlinge in der Türkei:

An der Grenze droht der Tod

Für Syrer wird die Flucht in die Türkei immer gefährlicher. Flüchtlinge berichten von Misshandlungen und Schüssen auf Kinder.



"Seit diesem Jahr ist es sehr schwer geworden für Syrer, in die Türkei zu fliehen", erzählt Amer Matar. Er muss es wissen: Lange pendelte er zwischen seiner Heimatstadt Rakka und der Türkei hin und her, um Handyaufnahmen aus der vom "Islamischen Staat" (IS) kontrollierten Stadt zu schaffen. Inzwischen lebt er in Berlin und organisiert ein syrisches Filmfestival.

Matars Onkel wollte im Februar aus Rakka in die Türkei fliehen, zusammen mit seiner Frau und drei Kindern. Der Onkel harrte lange in der vom IS besetzten Stadt aus. Denn die Dschihadisten hatten vor zwei Jahren seinen ältesten Sohn festgenommen, und eigentlich wollte er nicht ohne ihn gehen. Doch als das Familienhaus bei Luftangriffen zerstört wurde, ging es nicht mehr.

"Mein Onkel hat einen Schleuser bezahlt, um in die Türkei zu kommen", erzählt Matar. Anders können Syrer ihr Land kaum noch verlassen. "Letztes Jahr wollten die Schleuser 100 bis 200 Dollar. Dieses Jahr müssen Syrer 1000 Dollar bezahlen, um in die Türkei zu kommen", sagt Matar. Eine ähnliche Preisentwicklung schilderten auch andere Syrer, die dieses Jahr in die Türkei geflohen sind, SPIEGEL ONLINE.

Doch Matars Onkel schaffte es nicht in Sicherheit. Noch im syrischen Grenzgebiet entdeckten türkische Sicherheitskräfte die Familie. "Mein Onkel wurde von ihnen vor den Augen seiner Frau und den Kindern erschossen", erzählt Matar. "Seine Leiche blieb 48 Stunden im Grenzgebiet liegen, bevor seine Familie sie bergen durfte."

Es ist ein Fall von vielen: Syrer, die in die Türkei fliehen wollen, werden von türkischen Sicherheitskräften an der Grenze geschlagen und zurückgeschickt. Immer wieder wird auf sie geschossen.

Wie viele Opfer gibt es?

Genau weiß dies keiner, es gibt nur Mindestzahlen: Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die sich auf Informanten in Syrien stützt, hat in den vergangenen vier Monaten 16 Tote dokumentiert, darunter drei Kinder.

Die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" (HRW) konnte mithilfe von Zeugenaussagen fünf Tötungen dokumentieren: Demnach wurden drei Flüchtlinge, darunter ein Kind, und ein Schlepper im März und April von türkischen Sicherheitskräften erschossen und ein weiterer Schlepper zu Tode geprügelt. 14 weitere Flüchtlinge erlitten Schussverletzungen, darunter auch drei Kinder zwischen drei und neun Jahren.

Andere Beobachter gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. Zahlreiche Erschossene sollen im syrischen Kriegsgebiet begraben worden sein - ihre Fälle würden nie bekannt.