AhlolBayt News Agency (ABNA)

source : offenkundiges.de
Donnerstag

28 April 2016

04:58:44
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Imam Chamene’i – Licht meiner Jugend

Ich war 14 Jahre alt, der Südlibanon wurde von der israelischen Besatzung befreit. Sayyid Hassan Nasrullah – die charismatische Persönlichkeit, die mich bereits mit elf Jahren in ihren Bann zog, obwohl ich faktisch kein Wort von ihm verstand

Ich war 14 Jahre alt, der Südlibanon wurde von der israelischen Besatzung befreit. Sayyid Hassan Nasrullah – die charismatische Persönlichkeit, die mich bereits mit elf Jahren in ihren Bann zog, obwohl ich faktisch kein Wort von ihm verstand – und die Hizbullah wurden gefeiert.Vor allem eine Frage drängte sich auf: Wie war es einer so kleinen und im Vergleich zu „Israel“ schlecht ausgerüsteten Gruppe möglich, die Armee dieses Besatzungsregimes zum Abzug zu zwingen?
Im Hintergrund tauchten immer wieder Bilder von Geistlichen auf. Klar: Den Namen „Chomeini“ hatte ich sicher schon mal irgendwo gehört, aber „Chamene’i“ – wer ist das? Und warum lieben die Menschen diese beiden Personen so?

11. September 2001. Auf einer Klassenfahrt in Berlin bekamen wir bei einem Museumsbesuch mit, dass wohl zwei Flugzeuge in das World Trade Center in New York geflogen waren. Zurück in der Jugendherberge standen bereits Dutzende vor dem aufgehängten Fernseher im Eingangsbereich und verfolgten den Liveticker. Hiernach war tatsächlich nichts mehr so, wie es war. Nun musste man als Muslim, warum auch immer, Rede und Antwort stehen.

In unserer Schulbücherei hatten wir rund zehn Bücher über den Islam, darunter einen „Ahmadiyya-Koran“, ein Buch von Maududi und „Das Schwert des Islam“ von Peter Scholl-Latour. Ich las sie alle und tauchte ein in die Welt des Islam, mit den üblichen Vorkenntnissen, die man als junger Muslim in Deutschland aus dem Elternhaus mit auf dem Weg bekommt, und ohne jegliche Voreingenommenheit. Ein Freund der Familie stellte mir in dieser Zeit weitere interessante Bücher zur Verfügung, darunter „Stellung der Frau im Islam“ von Ayatullah Motahhari und weitere vom selben Autor über das Menschenbild im Islam, was Islam ist usw.

Insbesondere die Art und Weise von Ayatullah Motahhari faszinierte mich und die Einfachheit seines Ausdrucks. Interessant war für mich auch, dass er auf westliche Autoren und Philosophen eingeht, die wir damals parallel oder auch später im Unterricht behandelten.

Mittlerweile waren etwa zwei Jahre seit 9/11 vergangen. Ich stieß zufällig durch einen Zeitungsbericht auf den sog. „Muslim-Markt“ und einen gewissen Dr. Yavuz Özoguz. Sofort googelte ich die Seite und las mir dort alles Mögliche durch. Dadurch kam ich auch auf den „Islamischen Weg e.V.“ und die Bücher, die damals noch von diesem vermarktet wurden. Darunter u.a. „Antworten auf Rechtsfragen“ und „Charta der Freiheit“ von Imam Chamene’i. Ich bestellte sie mir und las sie. Imam Chamene’i beeindruckte mich sehr. Insbesondere die Freiheit, Unabhängigkeit und Stärke, die man selbst einfachen Antworten auf Rechtsfragen entnehmen konnte, belebten etwas in mir. Später las ich natürlich noch den Klassiker von Imam Chomeini in alter Auflage: „Der Islamische Staat“, sowie Zusammenstellungen seiner Aussagen zu den verschiedensten Themen. Diese Denkweise sollte mich dauerhaft prägen und begleiten.

Ich las auch über Taqlid (Nachahmung). Da ich mittlerweile in dem Alter war, in dem die Nachahmung für mich verpflichtend wurde, musste ich mich entscheiden. Eigentlich kannte ich niemand anderen als Imam Chamene’i. So folgte ich ihm, zumal ich von allem, was er sagte und schrieb, zu 100% überzeugt war. Außerdem wäre ohne ihn und die Islamische Revolution der Südlibanon sicher nicht befreit worden. Meine Eltern ahmten zwar jemand anderen nach, aber den kannte ich nicht bzw. der war bereits verstorben, sodass ich ihn als Anfänger nicht hätte nachahmen dürfen. Erst später, als dann auch die Internetseiten „Al-Shia.de“ und das „Shia-Forum“ gegründet wurden, das war ca. 2004/2005, kam ich mit anderen jungen Muslimen in Kontakt, und erfuhr dort auch von anderen großen Gelehrten, vor allem von Ayatullah Sayyid Sistani. Im Internet las ich auch über ihn nach. Einige sahen ihn als Meistwissenden unter den Gelehrten an, die meisten Menschen würden ihn nachahmen. Seine Fatwas im Internet waren zwar anders gegliedert als das Buch von Imam Chamene’i, aber die Antworten waren meist gleich, vielleicht gab es hier und dort einen kleinen Unterschied. Ich blieb aber bei Imam Chamene’i, da ich ihn mittlerweile auf Grundlage der Ansicht von anderen Gelehrten als meistwissend ansah, und weil für mich die politische Komponente sehr wichtig war und ich diese bei Sayyid Sistani nicht so stark vorfand bzw. seine Ansicht zu Wilayat-ul-Faqih für mich damals nicht klar war.

Im Laufe der Zeit hörte und las ich von weiteren Gelehrten und islamischen Denkern, darunter Ayatullah Muhammad Baqir al-Sadr, Ayatullah Beheschti und Ali Schariati. Ayatullah Sayyid Fadlallah kannte ich bereits, wie Sayyid Nasrullah, aus dem Fernsehen. Er war auch sehr beeindruckend. Ich hörte schließlich auch irgendwann von einem Sayyid Muhammad Schirazi u.a. Ich befasste mich jeweils mit diesen Gelehrten. Die meisten von ihnen bestätigten mich in meiner Ausrichtung. Dass ausgerechnet die Schirazis sich später als Feinde des Systems herausstellten, erleichterte mich in der Hinsicht, dass Allah mich beim ersten Inkontaktkommen mit ihrer Ideologie davor bewahrte diese zu akzeptieren.

Juli-Krieg 2006. „Israel“ bombardiert unaufhörlich den Libanon. Die Hizbullah ist standhaft und zwingt „Israel“ nach 33 Tagen unerbittlicher Kämpfe zur Beendigung des Krieges – eine unglaubliche Zeit. Sayyid Nasrullah wurde dieses Mal nicht nur unter Libanesen, sondern unter allen Arabern und Muslimen gefeiert. Was für ein Anführer, der mit seiner Ruhe in den Fernsehansprachen während des Krieges selbst seine ärgsten Feinde überrascht haben dürfte. Wieder stellte sich die Frage: Wie war es dieser kleinen Gruppe möglich, in diesem weltweiten Angriff gegen den Libanon standhaft zu bleiben und Israel zu besiegen?

In der Folgezeit lernte ich neue Brüder kennen. Jeder von ihnen hatte eine eigene Meinung zum Thema Nachahmung, Wilayat-ul-Faqih und darüber, wie man in Deutschland Imam Chamene’i folgen sollte. Im Großen und Ganzen folgten fast alle Imam Chamene’i im Politischen, aber Sayyid Sistani beim Fiqh. Das ließ mich kurzzeitig überlegen und grübeln, aber letztlich überzeugte es mich nicht. Warum soll ich trennen? Politik gehört doch auch zum Fiqh und umgekehrt.

Im Herbst 2007 krachte es ein wenig in der deutschsprachigen schiitischen Gemeinschaft, ich war damals in Frankreich und verfolgte alles per Internet. Dr. Yavuz Özoguz, mittlerweile für mich „Bruder Yavuz“, erklärte einige Gelehrte zu „Ayatulshaytan“ (Zeichen des Satan, anstatt Ayatullah (Zeichen Gottes)), weil sie offensichtlich in Sachen Mondsichtung Imam Chamene’i widersprachen und damit sich selbst in den Vordergrund zu rücken versuchten. Die jungen Schiiten in Deutschland stritten sich vehement, sowohl Anhänger Imam Chamene’is untereinander als auch andere mit Anhängern Imam Chamene’is. Es war tatsächlich auffällig und sehr ungewöhnlich, dass Imam Chamene’i am Vormittag eines Tages den Beginn des Monats Ramadan erklärte. Ich nahm das erst mal so hin. Ich nahm vieles erst mal so hin in meiner Jugend und dachte dann darüber nach. Im Bus, zu Hause, vor dem Schlafen gehen – damals war das noch möglich, ohne ständig von Telegramm- oder Whatsapp-Nachrichten gestört zu werden.

Ich konnte Bruder Yavuz’ Aussagen später nachvollziehen. Er hatte recht. Wie so oft. Das beeindruckte mich an ihm. Und vor allem seine unabdingbare Treue und Liebe zu Imam Chamene’i. Ich wollte das auch. Aber irgendwie war das noch nicht so ganz möglich. Ich wusste immer noch zu wenig über diese Person Imam Chamene’i, über seinen Werdegang, über diese tiefe Liebe, die vor allem das iranische Volk zu ihm verspürt. Zu viele gab es in meinem näheren Umfeld, die stets bewusst oder auch unbewusst versuchten, mich von Imam Chamene’i und dem Weg der Wilayat-ul-Faqih wegzulenken. Viele habe ich gesehen, die von sich behaupteten Anhänger Imam Chamene’is zu sein, dieses Bekenntnis aber nicht in ihren Alltag miteinbrachten. Tatsächlich tauchten auch immer mal wieder Menschen auf, die behaupteten, dass Imam Chamene’i zu jung sei, als dass er wissender als Sayyid Sistani sein könne, dass er den Titel „Ayatullah“ und die Mardschaiyya geschenkt bekommen habe, und überhaupt, dass er nicht sympathisch sei, dass er die Iraner unterdrücke usw., dass die Unterstützung der Palästinenser unnötig sei, ganz zu schweigen von dem, was Exil-Iraner alles über ihn verbreiten.

Im Iran war mittlerweile Mahmud Ahmadinedschad Präsident geworden, und über ihn wurde in den westlichen Medien im Allgemeinen sehr schlecht berichtet, u.a. versuchte man stets, ihn als Gegner von Imam Chamene’i darzustellen, als Mitglied einer Bewegung, die durch die Schaffung von Chaos in der Welt die Rückkehr des 12. Imams beschleunigen wolle (sog. Huddschatiyya). Anführer dieser Bewegung sei Ayatullah Misbah Yazdi. Bei näherem Hinsehen stellte sich alles als Käse heraus. Ayatullah Misbah Yazdi ist einer der bekanntesten Anhänger Imam Chamene’is im Iran. Und Ahmadinedschad sah sich stets ebenfalls als Anhänger des Imam. Im Sommer 2009 sollte er wiedergewählt werden. Es gab ein breites Bündnis gegen ihn in den westlichen Medien. Es wurde behauptet, dass die Iraner ihn nicht mehr wollten.

Einen Tag nach dem dortigen Wahltag kamen erste Ergebnisse heraus. Ahmadinedschad hatte die Wahl gewonnen. Sofort begannen die Proteste unter dem Motto „Where is my vote“ im Iran. Die hiesigen Medien waren voll davon. Schnell wurde deutlich, dass es hier nicht um Ahmadinedschad und um die „Grünen“ geht, sondern um das gesamte System – und um Imam Chamene’i persönlich. Jetzt verstand ich auch noch besser die Worte von Bruder Yavuz aus dem Jahr 2007, zumal sich einige bekannte und ehemals große Gelehrte auf die Seite der vom Westen unterstützten Protestler stellten. So wie andere diskutierte ich auch heftig mit Brüdern darüber und es kam sogar mit einigen, von denen ich bis dato dachte, dass sie fest hinter Imam Chamene’i stehen, zu einer Trennung. Mit Gottes Hilfe blieb ich in dieser Zeit der Fitna (Zwietracht) standhaft und meine Liebe zu Imam Chamene’i vergrößerte sich sogar. Die legendäre Freitagspredigt von ihm ging ins Mark. Von nun an konnte niemand mehr an meiner Überzeugung rütteln, egal was für (Schein-)Argumente mir vorgebracht wurden, ich sah all die Gegner- und Feindschaft zu Imam Chamene’i als gefährlich an und teilte es den Betroffenen auch mit. Es gab für mich, allein aus logischen Gründen, keine andere Alternative als diesen Weg. Nun verstand ich auch besser, warum ein Sayyid Nasrullah oder andere Gelehrte, die bereits auf diesem Weg getötet wurden, so groß waren: Weil sie all ihr Wirken diesem Weg und dem Waly-ul-Faqih widmeten.

Eine der wichtigsten und gefährlichsten Herausforderungen für Anhänger dieses Weges sind die stetigen Versuche anderer, sie von diesem Weg abzubringen. Es gibt offensichtliche Fitna-Stifter, wie sie in London und teils in anderen Städten sitzen, die offen hetzen, und es gibt diejenigen, die man überall vorfindet, die indirekt gegen diesen Weg agieren, unter dem Banner von Schia, Unabhängigkeit, Offenheit usw. Trotz vieler Irrungen und Wirrungen, die im Laufe der Jahre auf mich zukamen, war Allah gnädig zu mir, und brachte mich aus jeder Zeit der Erschwernis mit neuen Erkenntnissen hervor, über Imam Chamene’i selbst und auch über seine Gegner. Diese Prüfungen enden aber nicht. Wie wir gerne untereinander sagen: Es wird stets gesiebt, solange bis eine reine Gruppe übrig bleibt, die treu zum 12. Imam ist. Mögen wir alle mit Gottes Erlaubnis dazu gehören.

Man muss auf diesem Weg stets wachsam sein, denn die Mittel der Gegner und Feinde werden feiner. Sie agieren auch im deutschsprachigen Raum offener und stärker gegen diesen reinen Pfad. Die einen auf religiöser Ebene, die anderen auf politischer Ebene und wiederum andere auf gesellschaftlicher Ebene, seien es Einzelpersonen, vor allem im Internet, oder sogar bekannte Jugendgruppen und Organisationen, die Husseiniyyas unterhalten.

Ich kann aus meiner bescheidenen Erfahrung heraus jedem Jugendlichen, der sich auf diesem Weg befindet, und gewisse Zweifel hegt, welche sicher nicht verboten sind, nur raten, geduldig zu sein, viel nachzudenken, viel nachzuforschen, viel nachzufragen, auch kritisch zu sein und vor allem viel zu Allah zu beten. Er wird einem Kraft und Ausdauer geben, stets die richtige Entscheidung zu treffen und stets auf diesem Weg zu bleiben, ohne jegliche Vermischungen mit anderen Elementen und falschen bzw. fragwürdigen Auslegungen, wie es leider noch zu viele tun.

Diesem Weg zu folgen bedeutet klar und deutlich einer Schule zu folgen, die geprägt ist von Vernunft, Spiritualität und Liebe. Die wesentlichen Elemente dieses Weges sind die unbedingte Treue zu Allah, dem Propheten und den Ahlulbayt, unbedingte Bindung an den heiligen Qur’an, unbedingte Treue zum Waliy-ul-Faqih (Waliy-ul-Amr, Imam der Umma), das korrekte Beleben der Revolution Imam Husseins, das aktive Vorbereiten der Rückkehr des 12. Imams, das Verteidigen der Unterdrückten gegen Unterdrücker (Anti-Imperialismus, Anti-Kapitalismus), Unabhängigkeit von jeglicher weltlich-politischen Macht („Weder Osten noch Westen“), das Verteidigen der palästinensischen Sache (Anti-Zionismus, Quds-Tag), das Festhalten an der Einheit der Muslime (Woche der Einheit). All diese Elemente gehören auf diesem Weg zusammen. Rosinenpickerei sollte unterlassen werden. Man kann z.B. nicht sagen: „Palästinenser mag ich nicht, deswegen unterstützte ich sie nicht.“ Nein, wenn der Waly-ul-Amr sagt, dass der Palästina-Israel-Konflikt die vorderste Front der Umma ist, dann muss ich diese Aussage als Anhänger nach meinen Möglichkeiten unterstützen, in Deutschland z.B. durch die aktive Teilnahme an der jährlichen Demo zum Quds-Tag. Unabhängig hiervon ist es natürlich, sogar auf Grundlage der Fatwas von Imam Chamene’i, erlaubt jemand anderes als Mardscha anzunehmen und dem Waly-ul-Faqih in den allgemeinen Angelegenheiten zu folgen. Das muss aber jeder für sich und auf Basis seiner eigenen Überzeugung entscheiden.

Alles in allem ist dieser Weg sicher nicht leicht, aber es ist der einzige Weg, der in jeder Hinsicht den Weg der Propheten und der Imame fortführt, und der uns mit der Erlaubnis Gottes direkt zur Rückkehr des 12. Imams führt. Ich kann heute sagen, dass Imam Chamene’i tatsächlich in meiner Jugend ein Licht war und ist, an dem ich mich orientieren durfte und weiterhin darf, und sich jeder andere ebenfalls orientieren kann und sollte.