Freitagsansprache von 18.03.2016
von Ayatollah Dr. Ramezani Imam und Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg e.V.
Im Namen Allahs, des Barmherzigen, des Allerbarmers
Aller Lobpreis gebührt Gott, dem Erhabenen, dem Herrn aller Welten. Wir danken Ihm für Seine Gnade und Seine Gaben und bitten Ihn um Hilfe und Rechtleitung in allem, was wir tun, und hoffen, dass Er uns in Seine Gunst aufnimmt. Sein Frieden und Segen sei mit unserem Propheten Muhammad, seinen reinen Nachkommen und seinen rechtschaffenen Gefährten. O Diener Gottes, ich rate mir selbst und Ihnen allen zur Ehrfurcht vor Gott und zum Gehorsam gegenüber Seinen Geboten.
In dem letzten Teil haben wir uns ein wenig mit dem Thema der Trennung von Religion und Politik in einem Staat beschäftigt. Der Schwerpunkt (Fokus) der Religion besteht darin, dass sie die Menschenwürde in allen Lebenswegen bewahrt und daher sollte die Religion auch im Gesellschaftsbereich insoweit agieren, dass jeder gläubige Mensch in diesem Staat, Gerechtigkeit, Sicherheit, Verständnis und Spiritualität auffinden kann und auch auf dieser Basis dementsprechend entgegengekommen wird, damit der Mensch im Endeffekt die Vollkommenheit erfahren kann. Daher ist es auch unmöglich, dass man im Islam, die Religion, mit ihrem Gerechtigkeitssinn und Unvergänglichkeit, von der Politik trennen könnte, denn diese Grundansicht wird vor allem auch in den Koranversen und Überlieferungen stark vertreten.
Das Recht des gerechten Staatsoberhaupts
Ein weiteres aufgeführtes Recht von Imam Sajjad (Friede sei auf Ihn) ist das „Recht des gerechten Staatsoberhauptes“: „Das Recht des Staatsoberhauptes ist bei dir, dass du wissen musst, dass du gerichtet worden bist um (wahrhaftig) geprüft zu werden, und damit dadurch auch vor allem seine Rechtskraft geprüft wird, ob er auch wirklich aufrichtig handelt und ihr auch wahrhaftig auf seine Ratschläge hört oder euch ihm widersetzt, und immer dem Oberhaupt demütig seid, damit seineZufriedenheit erlangt wird und wenn sich das Oberhaupt sich nicht richtig verhält, sollt ihr geduldig bleiben und nicht eure eigene Geistigkeit deswegen sinken lässt, und bei solch einem Fall, sich zu Gott zu wenden und bei ihm Hilfe zu suchen, sodass auf dieser Weise keine Feindschaft entstehen kann. Denn wenn eine Feindschaft entsteht, wirst du selbst vor dem Oberhaupt schlecht und undankbar dastehen und ihn auch indirekt niedermachen und ruinieren. Deswegen sollte man ihm beistehen und helfen und immer das Beste für ihn wünschen.“[1] Hier sagt Imam Sajjad, dass man das gerechte Staatsoberhaupt ehren soll, denn er kümmert sich um die Bewahrung und Sicherung der Menschenwürde in seiner Gemeinschaft und daher widmet er sich voll und ganz der Gesellschaft, denn er ist derjenige, der die Gerechtigkeit in dem Staat ausdehnen lässt. Daher besagt der Prophet Muhammad (Friede sei auf Ihn und seine Familie): „Ehrt eure Staatsoberhäupter, denn sie stehen als Vertretung von Ehre und Stärke Gottes auf der Erde mit der Bedingung, dass er sich gerecht verhält.“ [2] Daher werden vor allem auch die Menschen in einem Staat geprüft, ob sie sich wirklich an diese Regelungen halten, denn das regierende Staatsoberhaupt braucht für seine Beständigkeit des Amtes, die Unterstützung und Förderung seines Volkes. Daher können dadurch viele Probleme wie im: kulturellen, wirtschaftlichen, politischen Bereichen mit dieser wichtigen Zusammenarbeit, gelöst werden. Andernfalls besteht in einem Zwiespalt genau das Gegenteil, wie im Endeffekt ein labiler, schwacher und schutzloser Staat. Daher sollte man versuchen, auf die Ratschläge und Reden des Staatsoberhauptes zu hören und zu akzeptieren, damit diese Stabilität innerstaatlich vorhanden bleibt. Sie sollten dem Oberhaupt auch bestimmte Lösungsbeispiele mitteilen, damit dadurch vielleicht eines von diesen vielen, als wahre Problemlösung herausgesiebt und gewählt werden kann. Eines weiteren, sollten die Mitmenschen nicht direkt bei allen Dingen, negativ hinterfragen oder pessimistisch kritisieren. Es sollte aber gesagt werden, dass dies nicht mit der positiven und gesunden Kritik im Widerspruch steht, da jede Angelegenheit „relativ“ aufgefasst wird und generell hängt es meistens viel mit der Geschmacksache (bei einer Angelegenheitsaufnahme) der verschiedenen Mitbürgern ab, daher bereitet sich dadurch auch viele Unruhen und Ungleichheiten.
Im Großen und Ganzen ist zu sagen, dass man einen Mittelweg ersuchen und auswählen muss, damit so viele Ungleichheiten und Gegensätze wie möglich beseitigt werden können. Imam Sajjad (Friede sei auf Ihn) berät den gerechten Staatsoberhaupt, dass er sich demütig und friedlich verhalten sollte, selbst auch, wenn dieser unter negativen Kritiken außer Gefecht gesetzt worden ist. Er sollte sich auch somit immer bemühen, alles für seine Mitmenschen zu tun. Mit dieser Wesensart, werden die Menschen immer mehr angeregt, auf das Staatsoberhaupt zu gehorchen und sich ihm nicht zu widerzusetzen. Darum sollte man mehr, mit so einer positiven und heiligen Wesensart, dankbar sein und seine Dankbarkeit auch zeigen, indem man ihn nicht erniedrigt, denn damit kann man vielleicht den ganzen Staat schwächen und belasten.
Somit kann man also sagen, dass die Regeln des Mitbürgers in einem gerechten Staat: Erstens, das Fördern und Stärken der Regierung und des Regierenden ist. Zweitens, Bekundung des Widerstandes gegenüber der Staatsfeinde. Drittens, Ehrung und Achtung gegenüber des Staatsoberhaupts. Viertens, Dankbarkeitsgefühl gegenüber der Tätigkeit des Staatsoberhaupts.
Ein weiteres Recht, welcher ein gerechtes Staatsoberhaupt seinen Mitmenschen gegenüber besitzt ist, dass man auf seine Ratschläge achten und hören sollte, denn dieses Thema bereichert in jedem Staatsorgan etwas positives, wenn man aufrichtig auf diesen gehorcht und beachtet. Unter anderem gehört dabei auch eine gesunde und Nutzen reiche Kritik hinzu, denn dadurch wird mehr Wachstum und Entwicklung in einem Land erreicht.
Es ist gleichzeitig auch klar, dass man mit seinem Führer (Imam) nach dem Tod (Jenseits im Jüngsten Gericht) auferstanden wird. Dies wurde von Bushar ibn Ghalib von Imam Hussein (Friede sei auf Ihn) auch in einer Koranexegese überliefert, welche folgender Koranvers ist: „Erinnert euch daran, dass eines Tages jede Gruppe mit deren Führer aufgerufen (auferstanden) wird.“ [3] „Eine Gruppe kommt ins Paradies und eine Gruppe in die Hölle.“[4] Hierbei ist die Koranexegese folgendes: „Ein Imam (Führer) lädt zur Rechtleitung ein und eine Gruppe nimmt diese an und erfüllt diese, und ein Imam (Führer) der zum Irrweg und Abweichung einlädt, nimmt auch eine Gruppe diese an und erfüllt diese. Die einen kommen ins Paradies und die anderen in die Hölle und dies ist die Bedeutung von der Überlieferung „Eine Gruppe kommt ins Paradies und eine Gruppe in die Hölle“.“[5]
Es ist eindeutig, dass ein Staatsoberhaupt, der Gerechtigkeit als Basis seiner Regierung anwendet, Ehre und Achtung erhält, aber wenn einer Gewaltherrschaft und Tyrannei in einem Land verbreitet, oder mit Zwang kolonisieren will, besitzt dieses Oberhaupt keinerlei Ehrung und Achtung, wie Imam Baghir (Friede sei auf Ihn) besagt: „Drei Personen sind es, die keine Ehre und Achtung von der Gesellschaft besitzen: 1. Derjenige der durch seine inneren Gelüste negative Erneuerungen schafft, 2. Der tyrannische Führer, 3. Der Frevler, der sein Frevel (Übeltat und Ungehorsam Gott gegenüber) öffentlich bekennt und zeigt.“ [6] Daher antwortete Imam Ali in einem Brief (Friede sei auf Ihn) auf einen Regierenden, der ihn betrogen hatte, wie folgt: „Es wurde mir gesagt, dass du die Güter der Muslime (wie Lanzen und Pferde) unter deinen ausgewählten (arabischen) Familienstamm aufgeteilt hast, daher schwöre ich bei Gott der den Samen zerteilt und den Menschen erschuf, dass wenn diese Nachricht wahr und richtig ist, du deinen Rang und deine Stellung bei mir gegenüber, sehr primitiv, unfähig und minderwertig gezeigt hast (und so minderwertig mir gegenüber auch geworden bist). Daher beachte die Rechte und Gesetzte deines Schöpfers und errichte nicht dein ewiges Leben im verachtenswerten Diesseits, denn dadurch wirst du sonst nämlich zum negativsten Schänder.“[7]
Daher zeigt sich ohne Zweifel durch die Achtung auf das Recht des gerechten Staatsoberhauptes, welche zur Einigung und Autorität der Mitbürger in einer religiösen Gesellschaft führen, viele verschiedene positive Einflüsse und bringt dazu, dass man sich mehr zum gesellschaftlichen Gerechtigkeitsgefühl annähert.
[1] Ibn Shabe Harani, Hassan ibn Ali, Tohaf al-Ughul, Seite 260.
[2] Al-Zemakhshari, Rabi al-Abrar und Nusu al-Akhbar, Band 5, Seite 161, Tahghigh abd al-Amir Mahna, Muassisat al-Alami li al-Matbuat, Erste Auflage, Jahr 1412 (Mondjahr). Und Al-Imam al-Abedin(Friede sei auf ihn), Sharh Risalat al-Hughugh, Seite 382, Tahghigh Hassan as-Seiyed Ali al-Ghabantshi, Qom, Ismaliliyan, Zweite Auflage, Jahr 1406 (Mondjahr).
[3] Sura Isra, Vers 71
[4] Sura ash-Shura, Vers 7
[5] Huwaizi, Abd Ali ibn Jame, Tafsir Nour ath-Thaghalain, Band 3, Seite 192,Qom, Ismailiyan, Vierte Auflage, Jahr 1415(Mondjahr).
[6] Humairi, Abdullah ibn Jafar, Qurb al.Isnad, Seite 176, Hadith 645, Qum, Muassisat Alu al-Bait (Friede sei auf Ihnen), Erste Auflage, Jahr 1413 (Mondjahr).
[7] Nahju al-Balagha, Brief 43.