Versprochen wurde von der Regierungsspitze, dass man bei einem entsprechenden Pakt der Union mit der Türkei die eigenen Werte nicht über Bord werfen werde. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass sich Europa ausliefere, betonte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Es gebe keinen inhaltlichen Abtausch zwischen den europäischen Grundwerten und dem EU-Beitrittsprozess bzw. der Visa-Liberalisierung, versicherte Faymann.
Dass man eine Vereinbarung mit der Türkei schließen wird müssen, liegt für den Kanzler auf der Hand. Es gebe keine Möglichkeit dem Nachbarn etwas zurückzubringen, wenn dieser das nicht in irgendeiner Art und Weise akzeptiere. Das gelte auch für einen schwierigen Nachbarn wie die Türkei. Könne man sich mit dieser nicht verständigen, müsste man eine Million Flüchtlinge oder mehr in Griechenland abwickeln.
Mitterlehner warb dafür, dass die Balkan-Route geschlossen bleiben müsse und appellierte an die Hilfsorganisationen, hier keine falschen Erwartungen zu wecken. Griechenland forderte der Vizekanzler auf, Menschen nicht weiter Richtung mazedonischer Grenze passieren zu lassen, damit diese dort Druck aufbauten.
Dass die Zeit des Durchwinkens vorbei sei, habe man bereits im EU-Rat festgelegt, erinnerte Faymann. Das sei auch von Griechenland und Deutschland mitbeschlossen worden. An Berlin ging die Forderung Mitterlehners, sich aus seiner schweigenden Rolle zu entfernen und eine Zahl zu sagen, wie viele Flüchtlinge man bereit sei aufzunehmen. Komme diese nicht, würden Asylsuchende weiter Angebote aus anderen Ländern wie Portugal und Luxemburg ablehnen.
Regierung: Österreich Vorbild in der Flüchtlingskrise
Österreich schilderte Faymann "durchaus" als Vorbild. Würde jedes Land gemäß seiner Größe 37.500 Asylanträge annehmen, würde dies zwei Millionen Menschen in Europa die Chance auf ein faires Verfahren bringen. Politisch und moralisch leiste Österreich damit das, was zu erwarten sei, wenn eine Not ausbreche.
Mitterlehner betonte, dass sich Österreich gemeinsam mit Deutschland und Schweden alleine gelassen gefühlt habe. Daher sei es zur Politik der nationalen Maßnahmen gekommen, zu der es aktuell keine Alternative gebe.
Nicht so einig wie die Regierungsspitze zeigten sich die Koalitionsabgeordneten in der Debatte über die Erklärungen von Kanzler und Vizekanzler - nachdem sich ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka ziemlich angriffig über den Koalitionspartner, speziell den Kanzler, äußerte. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bemühte sich unterdessen, die blaue Rolle des "Schmieds" zu unterstreichen.
Zwar sieht Strache - der als Erster sprach - in der "180-Grad-Wendung" der Regierung immerhin einen ersten Schritt in die richtige Richtung, seien doch "zumindest verbal" die wichtigsten FPÖ-Forderungen übernommen worden. Aber er glaubt nicht an eine Umsetzung, "bei all den Bocksprüngen, die ich schon erlebt habe". Zudem habe Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) mit seinen Richtungsänderungen "auf dem internationalen Parkett jede Glaubwürdigkeit verloren". Strikt lehnte Strache ein EU-Abkommen mit der Türkei ab, Österreich müsste ein Veto dagegen einlegen.
Die FPÖ zeichne nur "apokalyptische Bilder", habe aber keine Lösungsvorschläge, konterte SPÖ-Vizeklubchef Josef Cap. Die Regierung bemühe sich um Lösungen, auch mit den anderen EU-Staaten. Aber auch Cap zeigte sich - auch wenn er ein Übereinkommen befürwortet - kritisch gegenüber der Türkei. In den Verhandlungen müsse man deren Umgang mit Justiz, Demokratie, Journalisten, Kurden ansprechen. Empört hat Cap ein "Presse"-Interview des türkischen Botschafters bei der EU, Selim Yenel - wo dieser meint, die Grenzschließungen sprächen gegen die Werte, für die die EU stehe. Der Botschafter "soll uns über Werte nicht belehren", sagte Cap, da wäre vielmehr "umfassende Selbstkritik angebracht".
Lunacek: Linie der Regierung "erschreckend"
Für die Grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek ist die Linie der österreichischen Regierung "erschreckend". Eigentlich seien SPÖ und ÖVP ja Freunde der EU, aber im letzten halben Jahr hätten sie einen "Zick-Zack-Kurs" gefahren, der eine pro-europäische Haltung vermissen lasse. "Seehofer und Orban freuen sich", aber die wichtige europäische Lösung werde durch die "Kehrtwende" der Regierung gefährdet, kritisierte auch Parteichefin Eva Glawischnig.
ÖVP-Klubchef Lopatka pries zwar erst die "gemeinsame Regierungslinie" - bemühte sich dann aber, "klar herauszuarbeiten, wer die Richtung vorgegeben hat". Nämlich ÖVP-Regierungsmitglieder, die sich schon lange gegen "Durchwinken", für den Grenzzaun und eine Obergrenze ausgesprochen hätten - aber der Bundeskanzler habe "alles abgelehnt". Jetzt habe man endlich die gemeinsame Linie, die gelte es jetzt in Brüssel zu vertreten. "Sehr aufpassen" müsse Faymann da aber, was die Türkei betrifft: Sollte es für diese einen "Blankoscheck" in Richtung Visa-Liberalisierung und EU-Beitritt geben, "dann hätten wir wieder ein Problem in der Koalition", mahnte Lopatka zur "Vorsicht".
Ein scharfer Konter darauf kam von SPÖ-Europasprecherin Christine Muttonen: Lopatka habe "peinliches Hick-Hack" geliefert, "weit entfernt von einer diesem Haus würdigen Debatte". Mit solchen Reden lege man einen Stein zu weiterer Politikverdrossenheit der Bürger.
Team Stronach-Abg. Waltraud Dietrich missfiel Lopatkas Beitrag ebenfalls: Auch die ÖVP sei einen "Zick-Zack-Kurs" gefahren, erinnerte sie an die frühere Haltung von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. "Es nützt nichts, sich jetzt eine blaue Krawatte umzuhängen und dennoch schwarze Politik zu fahren", sagte sie dem ÖVP-Klubchef.
NEOS-Chef Matthias Strolz präsentierte sich als glühenden EU-Befürworter - und warnte eindringlich vor einem Scheitern in der Flüchtlingspolitik: "Wir haben unendlich viel zu verlieren." Er drängte auf eine solidarische Verteilung der Flüchtlinge - wobei Schengenstaaten, die nicht dazu bereit sind, Schengen verlassen sollten. In Österreich müsse man Kriegsflüchtlingen in Schnellverfahren subsidiären Schutz auf Zeit zuerkennen, statt sie lange in der Grundversorgung warten zu lassen.
Quelle: Apa
Versprochen wurde von der Regierungsspitze, dass man bei einem entsprechenden Pakt der Union mit der Türkei die eigenen Werte nicht über Bord werfen werde. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass sich Europa ausliefere, betonte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Es gebe keinen inhaltlichen Abtausch zwischen den europäischen Grundwerten und dem EU-Beitrittsprozess bzw. der Visa-Liberalisierung, versicherte Faymann.
Dass man eine Vereinbarung mit der Türkei schließen wird müssen, liegt für den Kanzler auf der Hand. Es gebe keine Möglichkeit dem Nachbarn etwas zurückzubringen, wenn dieser das nicht in irgendeiner Art und Weise akzeptiere. Das gelte auch für einen schwierigen Nachbarn wie die Türkei. Könne man sich mit dieser nicht verständigen, müsste man eine Million Flüchtlinge oder mehr in Griechenland abwickeln.
Mitterlehner warb dafür, dass die Balkan-Route geschlossen bleiben müsse und appellierte an die Hilfsorganisationen, hier keine falschen Erwartungen zu wecken. Griechenland forderte der Vizekanzler auf, Menschen nicht weiter Richtung mazedonischer Grenze passieren zu lassen, damit diese dort Druck aufbauten.
Dass die Zeit des Durchwinkens vorbei sei, habe man bereits im EU-Rat festgelegt, erinnerte Faymann. Das sei auch von Griechenland und Deutschland mitbeschlossen worden. An Berlin ging die Forderung Mitterlehners, sich aus seiner schweigenden Rolle zu entfernen und eine Zahl zu sagen, wie viele Flüchtlinge man bereit sei aufzunehmen. Komme diese nicht, würden Asylsuchende weiter Angebote aus anderen Ländern wie Portugal und Luxemburg ablehnen.
Regierung: Österreich Vorbild in der Flüchtlingskrise
Österreich schilderte Faymann "durchaus" als Vorbild. Würde jedes Land gemäß seiner Größe 37.500 Asylanträge annehmen, würde dies zwei Millionen Menschen in Europa die Chance auf ein faires Verfahren bringen. Politisch und moralisch leiste Österreich damit das, was zu erwarten sei, wenn eine Not ausbreche.
Mitterlehner betonte, dass sich Österreich gemeinsam mit Deutschland und Schweden alleine gelassen gefühlt habe. Daher sei es zur Politik der nationalen Maßnahmen gekommen, zu der es aktuell keine Alternative gebe.
Nicht so einig wie die Regierungsspitze zeigten sich die Koalitionsabgeordneten in der Debatte über die Erklärungen von Kanzler und Vizekanzler - nachdem sich ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka ziemlich angriffig über den Koalitionspartner, speziell den Kanzler, äußerte. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bemühte sich unterdessen, die blaue Rolle des "Schmieds" zu unterstreichen.
Zwar sieht Strache - der als Erster sprach - in der "180-Grad-Wendung" der Regierung immerhin einen ersten Schritt in die richtige Richtung, seien doch "zumindest verbal" die wichtigsten FPÖ-Forderungen übernommen worden. Aber er glaubt nicht an eine Umsetzung, "bei all den Bocksprüngen, die ich schon erlebt habe". Zudem habe Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) mit seinen Richtungsänderungen "auf dem internationalen Parkett jede Glaubwürdigkeit verloren". Strikt lehnte Strache ein EU-Abkommen mit der Türkei ab, Österreich müsste ein Veto dagegen einlegen.
Die FPÖ zeichne nur "apokalyptische Bilder", habe aber keine Lösungsvorschläge, konterte SPÖ-Vizeklubchef Josef Cap. Die Regierung bemühe sich um Lösungen, auch mit den anderen EU-Staaten. Aber auch Cap zeigte sich - auch wenn er ein Übereinkommen befürwortet - kritisch gegenüber der Türkei. In den Verhandlungen müsse man deren Umgang mit Justiz, Demokratie, Journalisten, Kurden ansprechen. Empört hat Cap ein "Presse"-Interview des türkischen Botschafters bei der EU, Selim Yenel - wo dieser meint, die Grenzschließungen sprächen gegen die Werte, für die die EU stehe. Der Botschafter "soll uns über Werte nicht belehren", sagte Cap, da wäre vielmehr "umfassende Selbstkritik angebracht".
Lunacek: Linie der Regierung "erschreckend"
Für die Grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek ist die Linie der österreichischen Regierung "erschreckend". Eigentlich seien SPÖ und ÖVP ja Freunde der EU, aber im letzten halben Jahr hätten sie einen "Zick-Zack-Kurs" gefahren, der eine pro-europäische Haltung vermissen lasse. "Seehofer und Orban freuen sich", aber die wichtige europäische Lösung werde durch die "Kehrtwende" der Regierung gefährdet, kritisierte auch Parteichefin Eva Glawischnig.
ÖVP-Klubchef Lopatka pries zwar erst die "gemeinsame Regierungslinie" - bemühte sich dann aber, "klar herauszuarbeiten, wer die Richtung vorgegeben hat". Nämlich ÖVP-Regierungsmitglieder, die sich schon lange gegen "Durchwinken", für den Grenzzaun und eine Obergrenze ausgesprochen hätten - aber der Bundeskanzler habe "alles abgelehnt". Jetzt habe man endlich die gemeinsame Linie, die gelte es jetzt in Brüssel zu vertreten. "Sehr aufpassen" müsse Faymann da aber, was die Türkei betrifft: Sollte es für diese einen "Blankoscheck" in Richtung Visa-Liberalisierung und EU-Beitritt geben, "dann hätten wir wieder ein Problem in der Koalition", mahnte Lopatka zur "Vorsicht".
Ein scharfer Konter darauf kam von SPÖ-Europasprecherin Christine Muttonen: Lopatka habe "peinliches Hick-Hack" geliefert, "weit entfernt von einer diesem Haus würdigen Debatte". Mit solchen Reden lege man einen Stein zu weiterer Politikverdrossenheit der Bürger.
Team Stronach-Abg. Waltraud Dietrich missfiel Lopatkas Beitrag ebenfalls: Auch die ÖVP sei einen "Zick-Zack-Kurs" gefahren, erinnerte sie an die frühere Haltung von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. "Es nützt nichts, sich jetzt eine blaue Krawatte umzuhängen und dennoch schwarze Politik zu fahren", sagte sie dem ÖVP-Klubchef.
NEOS-Chef Matthias Strolz präsentierte sich als glühenden EU-Befürworter - und warnte eindringlich vor einem Scheitern in der Flüchtlingspolitik: "Wir haben unendlich viel zu verlieren." Er drängte auf eine solidarische Verteilung der Flüchtlinge - wobei Schengenstaaten, die nicht dazu bereit sind, Schengen verlassen sollten. In Österreich müsse man Kriegsflüchtlingen in Schnellverfahren subsidiären Schutz auf Zeit zuerkennen, statt sie lange in der Grundversorgung warten zu lassen.