„Es ist erlaubt (halal), in jedem Fall total unbedenklich!“ – Diese Antwort wollen viele Muslime zu dem Thema hören.
Das Leben kann so trügerisch und schädlich sein, wenn man sich selbst belügt. Manchmal erwischt man sich selbst dabei, während man seiner Seele etwas Falsches einredet. Und manchmal häufen sich diese Momente, in denen Verbotenes zu Verpöntes und Verpöntes schließlich zu Erlaubtem wird. Dieser Artikel soll einen Anreiz liefern, die momentane Praxis vieler Muslime zu überdenken.
Es ist richtig zu sagen, dass nicht alles, was erlaubt ist, gleichzeitig gut für uns ist. Doch muss man so manches hinterfragen und selbst überdenken, was die Gesellschaft als „erlaubt“ sieht, aber in Wahrheit aus religiöser Sicht verboten (haram) ist.
Die arbeitenden Bewohner dieses Landes wissen, dass Schwarzarbeit oder Steuerhinterziehung, gesetzlich verboten ist. Trotzdem wird beides sehr häufig von der Gesellschaft akzeptiert. Im Vergleich dazu werden Delikte wie Diebstahl oder Einbruch nicht hingenommen, obwohl es sich bei beiden Kategorien um eine Art von Enteignung handelt.
Oft ist es sogar so, dass Menschen, die „schwarz“ arbeiten, andere Straftäter für ihre Taten stark verurteilen, aber selbst nicht bereit sind zu erkennen, dass sie ebenso etwas vergleichbares tun. Dass hierzulande diese Steuerkriminalität so „normal“ zu sein scheint, hat mit dem Kapitalismus selbst zu tun. Ganz nach dem Motto: „Je mehr Wachstum (des Kapitals) desto besser.“ Es liegt in der kapitalistischen Natur dieses Systems, dass nicht nur die Eliten rauben, sondern sich auch in den unteren Schichten der Bevölkerung ein gegenseitiger Raubzug entwickelt. Aber genau dieser Entwicklung müssen sich die Menschen und besonders die Muslime widersetzen. Wer so handelt, dient bewusst oder unbewusst dem räuberischen Kapitalismus.
Wer allgemeingültige Gesetze bricht, tut genau das, was der Kapitalismus von uns verlangt.
Folgende Begebenheit sollte zum Nachdenken anregen [1]:
Imam Chomeini (r.) wurde einmal von einem Studenten, der in Deutschland lebte, sinngemäß befragt: Darf ein Muslim, der in Deutschland einen Brief mit einer deutschen Briefmarke erhält, die nicht abgestempelt wurde, diese vom Brief abnehmen und ein zweites Mal nutzen?
Die Beobachter der Szene schildern Imam Chomeinis Reaktion wie folgt: Imam Chomeini runzelte die Stirn und entgegnete mit großer Ernsthaftigkeit und Entschiedenheit, dass ein Muslim keinen Diebstahl begeht!
Wie man sieht: Nicht mal eine winzige Briefmarke, darf ein Muslim zu Unrecht nutzen, selbst wenn man ihn niemals erwischen würde!
Auch Imam Chamene’i (h.) äußerte sich klar dazu [2]:
„Man ist in jedem Fall verpflichtet, die Vorschriften des Systems der Gesellschaft zu berücksichtigen, selbst wenn diese von einem nicht-islamischen Staat sind, und das Annehmen von Lohn für eine erlaubte Tätigkeit ist zulässig.“
Dennoch: Man sucht und glaubt, Ausflüchte zu finden. Die Ausreden für das Handeln gegen das Gesetz variieren je nach Gruppe der Bevölkerung. Allgemein beliebt ist: „Das macht doch jeder!“
Speziell bei Muslimen sind aber zum Beispiel folgende Ausreden bekannt:
- „Die westliche Politik ist gegen den Islam und bekriegt die islamischen Länder …
- „Die Politiker missbrauchen unsere Steuern …
- „Deutschland unterstützt Israel mit Waffen …
- „Der Staat fördert u.a. Glücksspiel …
… und das will ich nicht unterstützen!“
Vorab: Selbst wenn das alles so stimmt; seit wann legitimiert es einen Muslim, zu betrügen oder gegen Gesetze zu verstoßen, nur weil andere auch Verbrechen begehen?
Doch es geht noch schlimmer: Manche schrecken nicht davor zurück, sich arbeitslos zu melden, ohne Wissen des Jobcenters zu arbeiten, und dennoch Hartz IV zu kassieren. Ein solches Verhalten ist denjenigen Mitbürgern gegenüber absolut ungerecht, die regelmäßig arbeiten, um beispielsweise 1.200 Euro netto zu verdienen.
Das ist nicht gerade ehrenvoll für einen Muslim. Und da spielt es keine Rolle, ob die deutsche Regierung mit Israel kooperiert und beispielsweise dem zionistischen Regime U-Boote zu einem großen Teil finanziert. Auch in der Arbeiterklasse, müssen sich alle an die Regeln halten, auf die man sich geeinigt hat. Dies ist wichtig für das Zusammenleben in jeder Art von Gemeinschaft.
Ein Staat hat viele Ausgaben, die nicht alle, wie manche sich vorstellen, für außenpolitische Zwecke genutzt werden. Er muss unter anderem viel für die Infrastruktur, für Schulen oder Universitäten ausgeben und kann es sich nicht leisten, überdimensionale Ausgaben für kriegerische Zwecke auszugeben. Somit schadet man mit Schwarzarbeit zum größten Teil der hiesigen Bevölkerung. Die oben genannten Gegenargumente sind daher eher schwach, wenn man bedenkt, dass es Länder gibt, wo kaum jemand Steuern zahlt und man katastrophale Zustände in der Infrastruktur vorfindet.
Eine ungerechte Politik wird man nicht dadurch bekämpfen, dass man keine Steuern zahlt, von denen man im Umkehrschluss sogar selbst profitiert. Eine solche Politik kann man nur verändern, in dem sich Völker selbst verändern. Es muss erkannt werden, dass Betrug jeglicher Form falsch und schädlich ist!
Natürlich kann man Gelder in Anspruch nehmen, die einem zustehen. Auch hat man Freibeträge bei zusätzlicher Arbeit, wenn man Hartz IV bezieht. Aber wenn man „schwarz“ so viel verdient, dass man niemals diese Leistung beantragen dürfte, ist es ein zusätzliches Vergehen gegen die Allgemeinheit der Bevölkerung.
Nur was sind die Folgen? Diese zeigen sich auf verschiedenen Ebenen.
Zunächst schadet man seiner eigenen Seele und der eigenen Familie. Auf diese Art wirken viele Eltern als „Vorbild“ für ihre Kinder. Diejenigen, die so für ihren Unterhalt sorgen, fühlen sich oft unglücklich – können sich aber nicht erklären, woher dieses Unglück, diese Unvollkommenheit kommt. Dabei liegt es klar auf der Hand: Sie leben von diesem „Haram-Geld“. Sie kleiden, sie essen und trinken – ja sogar spenden – mit solchem Geld. Darum ist es besonders wichtig, dass man sich gut überlegt, welchen Beruf man ergreift und auch wenn man „keine Wahl“ zu haben scheint, diesen zumindest auf legalem Wege ausübt. Und wenn es nicht möglich ist, sollte man die Arbeitsstelle wechseln. Dafür ist es nie zu spät!
Die Konsequenzen für ein solches Vergehen sind klar. Im Diesseits können Strafen drohen, die auf staatlicher Ebene durchgesetzt werden, hohe Bußgelder, Steuernachzahlungen, ja sogar Freiheitsstrafen. Gibt es eine Garantie, dass man nicht belangt wird? Und wenn doch, dann ist das sicherlich auch eine von Allah auferlegte Konsequenz, die man zu tragen hat. Wird man aber während seines gesamten Lebens nicht erwischt, so sind bei vielen dieser Menschen häufig „unerwünschte“ Rechnungen aufzufinden. Hier und da geht mal ein Smartphone kaputt, dann ein Auto, ein Fenster oder Schlimmeres. Allah ist allmächtig, und Er gibt und nimmt. Nicht nur im Geben, was die meisten Menschen gerne sehen, sondern auch im Nehmen, steht Allah nichts im Wege!
Im Jenseits aber wird Allah gewiss darüber nach Seiner vollkommenen Gerechtigkeit richten. Da die Sachlage, religionsrechtlich gesehen, mehr als klar ist, kann man mit einer gewaltigen Strafe rechnen.
Neben der persönlichen, schadet man auch auf gesellschaftlicher Ebene. Da in Deutschland in den letzten Jahrzehnten ein höherer Wohlstand herrschte, machen sich die Auswirkungen solcher Vergehen nur langsam bemerkbar. Dieser nimmt aber stetig aufgrund verschiedener Faktoren ab . Hierzu zählen Raubzüge von Konzernen, Banken aber auch durch den „kleinen Bürger“ auf nationaler wie internationaler Ebene. Dieses Handeln richtet auf Dauer jedes System zugrunde. Das kann man beispielsweise stark an den USA erkennen. Lange wird es nicht mehr, weder politisch noch wirtschaftlich, in einem kapitalistisch orientierten Land so weiter gehen können.
Was bleibt also den Muslimen oder besser gesagt – allen Menschen – übrig? Wollen wir weiter so tun, als hätte dieses Handeln keine Auswirkungen? Dass all die Vergehen gegen uns selbst und der Gesellschaft, ohne Konsequenzen bleiben, nur weil diese „gesellschaftlich akzeptiert“ zu sein scheinen? Es ist offensichtlich, dass die Muslime in diesem Bereich die absoluten Vorbilder sein müssen und die Gesetze einhalten müssen. Wir sagen doch, dass wir eine reine Religion vertreten. Somit sollten wir auch unsere Arbeit auf eine reine Art ausüben. Und wenn wir es auf die erlaubte Art gemacht haben, dann, am Ende des Lebens, werden wir die Früchte unserer Arbeit sehen – wenn es der erhabene Gott so will.
So sagte Imam Sadiq (a.) [3]: „Wer sich auf rechtschaffene Weise bemüht, den Unterhalt seiner Familie aufzubringen, ist gleich dem, der sich im Wege Gottes (Dschihad) abmüht.“
Aber wie soll es dem Wege Gottes gleich sein, wenn es nicht auf die rechtschaffene Weise passiert?
Quelle : offenkundiges.de
[1] http://www.muslim-markt.de/demokratie/rechtstreue.htm
[2] Adschwibat-ul-Istifta’at, Vol. 2.
[3] Al-Kafi, B. 5, S. 88.