Das Landgericht Wuppertal hat einen Strafprozess gegen die Salafisten der "Scharia-Polizei" abgelehnt. Die Verantwortlichen der Wuppertaler Behörden sagen, Prävention sei die entscheidendere Maßnahme, um der Lage Herr zu werden.
Die Entscheidung des Wuppertaler Landgerichts hat erneut bundesweit Aufsehen rund um die"Scharia-Polizei" erregt: Nach Ansicht des Landgerichts ist der Auftritt der Salafisten nicht strafbar gewesen. Gerade wegen der Grauzonen brauche es deutlich mehr Prävention bundesweit, sagt der Integrationsbeauftragte der Stadt Wuppertal Jürgen Lemmer n-tv.de. "Salafisten haben immer einfache 'Wahrheiten' für eine immer komplizierter werdende Welt. Gerade Jugendliche müssen wir vor diesen radikalen Ideologien schützen."
Vor einem Jahr patrouillierten die Islamisten in Warnwesten mit der Aufschrift "Scharia-Polizei" durch Wuppertal. Dabei forderten sie Passanten zur Einhaltung islamischen Rechts auf. Das Tragen der Westen ist nach Auffassung des Landgerichts Wuppertal nicht als Uniformierung anzusehen und somit nicht strafbar. Dagegen will die Staatsanwaltschaft Beschwerde einlegen. Lediglich der Salafist Sven Lau soll wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz angeklagt werden.
Man müsse verstärkt mit Lehrern, Sozialarbeitern, Eltern und den Jugendlichen selbst über die Gefahren sprechen - besonders wenn ein konkreter Verdacht vorliege, sagte Lemmer weiter. Einige der in salafistischen Hochburgen Nordrhein-Westfalens rekrutierte Männer seien schon nach Syrien aufgebrochen, um für die Dschihadisten in den Heiligen Krieg zu ziehen. "Wir wollen, dass keiner mehr in die Fänge von Lau und Co gerät." Sven Lau ist einer der führenden Köpfe der Salafisten-Szene und wird vom Verfassungsschutz als "ideologisches Bindeglied" islamistischer Netzwerke bezeichnet.
Empfänglich für die oft geschickt angestellte Gehirnwäsche seien junge Menschen, die eine neue Lebensperspektive brauchen. Oft seien berufliche oder private Misserfolge der Grund für das Abrutschen in die Szene. Salafisten nutzten die religiöse Liberalität Wuppertals aus, sagt Lemmer. Seit 20 Jahren tauschten sich die jüdische, christliche und muslimische Gemeinde der Stadt untereinander am "Runden Tisch" aus. Bald soll der erste muslimische Friedhof in Wuppertal öffnen, direkt neben einem jüdischen und einem evangelischen Friedhof. Genau diese gegenseitige Toleranz würden die Islamisten zerstören wollen.
Wuppertal ist jedoch nur ein Teil des Salafistennetzwerks, das sich über die bergische Region bis ins Ruhrgebiet hinstreckt. Sven Lau, der mittlerweile seinen Wohnort und einen Großteil seiner Aktivitäten nach Düsseldorf verlegt hat, arbeitet eng mit dem ebenfalls bekannten Hassprediger Pierre Vogel aus Mönchengladbach zusammen. Auch nach der Aktion der "Scharia-Polizei" soll Lau noch mehrmals durch Düsseldorf gewandert sein, um Menschen nach salafistischen Vorstellungen zu bekehren - dann aber unter dem Motto "Pro Halal". Als Halal bezeichnet man Handlungen, die nach dem traditionellen islamischen Recht erlaubt sind.
Unter den Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, wurden bislang keine Terroristen entdeckt. Doch vor den Lagern agitieren Salafisten und andere Islamisten.
Beim Thema Flüchtlinge sehen sich die deutschen Sicherheitsbehörden mit einem doppelten Problem konfrontiert – ohne genau zu wissen, welche Dimension es hat. Da ist zum einen die Gefahr, dass mit den vielen tausend Schutzsuchenden auch potenzielle Terrorverdächtige unterwegs sind. Zum anderen wächst offenbar das Risiko der Anwerbung von Flüchtlingen durch Salafisten und andere Islamisten. Wie ist nun der aktuelle Stand?
Die Erkenntnisse von Polizei und Verfassungsschutz können nicht beruhigen, taugen aber auch nicht zur Dramatisierung. Auf die Frage nach mutmaßlich terrorverdächtigen Asylbewerbern sagt eine Sprecherin des Bundeskriminalamts, die Polizei habe deutschlandweit bislang 142 Hinweise auf Personen bekommen, „die in Verbindung zu militanten Gruppen in Krisenregionen gestanden oder für diese gekämpft haben sollen“. Mit „militanten Gruppen“ ist vor allem die Terrormiliz „Islamischer Staat“ gemeint. Und der Begriff „gekämpft haben sollen“ kann auch Kriegsverbrechen bedeuten. In 20 Fällen seien Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Bislang habe sich jedoch kein einziger Verdacht bestätigt, heißt es beim BKA.
Geplatzt ist auch eine Geschichte, die spektakulär zu sein schien. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte am Dienstag verkündet, es spreche „im Moment sehr viel dafür“, dass einer der Selbstmordattentäter von Paris als Flüchtling im Freistaat registriert worden sei. Angeblich soll der Mann namens Ahmad al Mohammad im Oktober in Feldkirchen gewesen sein. Doch am Mittwoch sagte ein Ministeriumssprecher, es gebe keinen Bezug zu den Anschlägen. Möglicherweise handele es sich um eine „Namensdopplung“. Die französische Polizei hatte nahe den Überresten eines Terroristen, der sich vor dem „Stade de France“ in die Luft gesprengt hatte, einen syrischen Pass mit dem Namen Ahmad al Mohammad gefunden. Das Dokument könnte allerdings gefälscht sein. Die Identität des Attentäters steht noch nicht fest.