Gemeinsam mit Forschern vom Center for World Music der Universität Hildesheim wird das kulturelle Erbe digital erfasst. Musik verbindet Teheran und Hildesheim – eine erste Bilanz zogen die Projektpartner am 28. November 2013 im Beisein des Deutschen Botschafters.
Musikethnologen vom Center for World Music (CWM) der Universität Hildesheim digitalisieren und katalogisieren Musikarchive. In Projekten in Sierra Leone, Malawi, Ghana und Ägypten konnten in Kooperation mit Partnern vor Ort physisch in ihrem Fortbestand gefährdete Tondokumente gesichert werden. Darunter sind liturgische Gesänge der koptischen Kirche aus Kairo und frühe Highlife-Aufnahmen aus den Archiven der Ghana Broadcasting Corporation in Accra.
In Zusammenarbeit mit dem Musikmuseum Iran werden nun aktuell Ton- und Musikaufnahmen aus 100 Jahren iranischer Musiktradition digitalisiert. Bis Ende 2013 sind 4500 Platten aus den Jahren 1906 bis 1960 digital erfasst. Nun steht der Aufbau der zweisprachigen Datenbank bevor. „Dies ist aufwendig, Beilagenhefte existieren in der Regel nicht, Informationen zu Aufnahmejahr, Genre, Titel, Interpret und Erscheinungsjahr müssen recherchiert werden“, erklärt Keyvan Aghamohseni, Doktorand der Musikethnologie an der Uni Hildesheim. Der Doktorand Samuel Mund organisierte die DJ-Plattenspieler, eine „Waschmaschine“ für Schelleckplatten und rüstete die Technik mit speziellen Nadeln und Verstärkern um. Die Stiftung Niedersachsen und das Auswärtige Amt unterstützen das Projekt.
„Die Werke der alten Meister sind Teil des iranischen Kulturerbes. Unser Klangarchiv zeigt die Vielfalt der iranischen Kultur, als eine der ältesten der Welt. Wir respektieren alle Musikgenres und versuchen alle Musikgattungen der iranischen Kultur zu bewahren. Dabei ist Kultur keine isolierte Sache. Wir würden uns freuen, wenn durch die Kooperation Musikliebhaber aus aller Welt und besonders in Deutschland die iranische Musik besser als bisher kennen lernen. Wir glauben daran, dass das Musikmuseum Iran durch die Kooperation mit dem Center for World Music der Universität Hildesheim – eines der nennenswerten Institute für Musikforschung auf der Welt – , sich besser auf globaler Ebene präsentieren kann", sagt Farzin Pirouzpey, stellvertretender Direktor des Musikmuseums Iran und Leiter der Internationalen Abteilung.
„Das Center for World Music der Stiftung Universität Hildesheim entwickelt sich zu einer Forschungsinstitution von internationaler Bedeutung. Das reiche kulturelle Erbe iranischer Musik wird von uns und unseren Teheraner Partnern durch das Digitalisierungsprojekt für die internationale Forschung erschlossen. Es zeigt in eindrucksvoller Weise die Bedeutung der deutsch-iranischen kulturellen Zusammenarbeit“, sagt Universitätspräsident Prof. Dr. Wolfgang-Uwe Friedrich.
Zwischen Iran und Deutschland besteht eine interessante historische Verbindung: Vor mehr als 100 Jahren wurden die ersten Schallplatten in Teheran aufgenommen – und in Hannover in der Grammophon-Firma um 1906 gepresst, sagt Prof. Dr. Raimund Vogels, Direktor des CWM. Emil Berliner hatte wenige Jahre zuvor mit der Massenproduktion der Scheiben begonnen. Die beiden Doktoranden Keyvan Aghamohseni und Samuel Mund digitalisierten auch diese Platten in Teheran. Die etwa 200 Musikplatten aus dem frühen 20. Jahrhundert sind äußerst vielfältig und reichen etwa von damaliger klassischer iranischer Musik über Schauspielstücke bis hin zu Musik aus Militärensembles und iranischer Unterhaltungsmusik.
Ende November reiste eine Delegation der Universität Hildesheim nach Teheran, um eine Zwischenbilanz zu ziehen. Am 28. November 2013 sollte im Musikmuseum in Teheran eine Eröffnungsfeier für die erste Phase (Digitalisierung und Datenbankaufbau) des Projekts stattfinden. Es sprachen Ali Moradkhani, Direktor des Museums und Stellvertreter des iranischen Kulturministeriums; der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Michael Freiherr von Ungern-Sternberg; Prof. Dr. Raimund Vogels, Direktor des Center for World Music der Universität Hildesheim und via Skypeverbindung der Präsident der Universität Hildesheim, Prof. Dr. Wolfgang-Uwe Friedrich.