Der 32. Deutsche Orientalistentag präsentiert bis Freitag in 900 Vorträgen und 80 Panels neue Forschungsergebnisse über Kulturen in Asien, Afrika und anderen Regionen. Zu der Konferenz werden gut 1000 Orientforscher aus aller Welt erwartet.
Ziel der Konferenz ist der fachliche und interdisziplinäre Austausch erfahrener und junger Orientforscher. Zugleich soll der DOT dazu beitragen, Missverständnisse im hiesigen Orient-Bild auszuräumen.
Das Programm umfasst sowohl Grundlagenforschung über Sprachen, Literatur und Geschichte als auch Gegenwartsthemen wie die Arabischen Revolutionen, Extremismus in Nahost, Chinesen in multinationalen Unternehmen oder die islamischen Umweltbewegungen. Eines der Themen ist der Öko-Islam.
Muslime in westlichen Ländern engagieren sich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zunehmend für den Umweltschutz. „Die Bewegung des Öko-Islams breitet sich vor allem in Europa, den USA und Kanada aus“, zitiert der „Informationsdienst Wissenschaft“ die Islamwissenschaftlerin Monika Zbidi, die ihre Forschungsergebnisse auf dem Deutschen Orientalistentag präsentieren wird.
„Die Öko-Aktivisten engagieren sich aus religiösen Motiven im Tier- und Pflanzenschutz, warnen vor nachlässigem Umgang mit Ressourcen wie Boden und Wasser und plädieren für Genügsamkeit und Enthaltung. Ihre Überzeugung begründen sie insbesondere mit Textstellen aus Koran und Sunna, mit Aussagen und Handlungen des Propheten des Islam.“ Noch lasse sich zwar nur von einer Nischenbewegung sprechen, doch durch Websites, Blogs und soziale Netzwerke gewinne die islamische Umweltbewegung an Schwung.
Geistige Väter des „Islamic Environmentalism“, der in den 1960er-Jahren seinen Anfang nahm, sind Zbidi zufolge der iranische Philosoph Seyyed Hossein Nasr und der in England lebende Umweltaktivist Fazlun Khalid.
„Bei den islamischen Naturschützern handelt es
sich zumeist um junge westliche Akademiker, die mit den Debatten um
Umweltzerstörung und Klimawandel aufgewachsen sind und sich als Muslime
engagieren wollen“, so Zbidi, die an der Uni Erlangen-Nürnberg zum
Thema Islam und Ökologie promoviert.
„In Facebook-Gruppen und Blogs, beispielsweise ,The Eco Muslim‘
oder ,khaleafa.com‘, machen sie darauf aufmerksam, dass der Respekt
vor der Schöpfung tief im Islam verankert sei, und werben unter Muslimen
für eine ökologische Lebensweise. Zum Ramadan wird in den Blogs zum
Beispiel vor Lebensmittelverschwendung gewarnt.“ In diesem Rahmen
werde auch diskutiert, „ob Massentierhaltung gegen die Prinzipien
des Islams verstößt und die Gläubigen nach dem Vorbild des Propheten
des Islam weniger Fleisch essen sollten.“
Ökologisches Bewusstsein zeigen auch immer mehr islamische Organisationen und Initiativen, wie die Forscherin darlegt. So setzten sich muslimische Gemeinden wie im britischen Huddersfield für eine nachhaltige Bauweise ihrer neuen Moschee ein. Ähnliche Projekte seien in Cambridge in England und in Norderstedt bei Hamburg geplant. „Gerade heute, wo der Islam im Westen ein schlechtes Image hat, sind viele Muslime stolz, dass ihre Religion ein umweltfreundliches Verhalten verlangt und fördert.“
Der Öko-Islam basiere auf einer islamischen Umweltethik, die Aussagen des Korans und der Hadith-Werke ökologisch interpretiere, wie die Islamwissenschaftlerin erläutert. „Nach dieser Auslegung besteht die gesamte Welt aus Zeichen Gottes und ist darum schützenswert. Gott hat dem Menschen als Statthalter die Verantwortung über die Schöpfung übertragen. Dieser hat demnach die Aufgabe, das Gleichgewicht auf der Erde wiederherzustellen, das durch den Klimawandel gestört ist.“
Auch der Schutz von Tieren lässt sich der Forscherin zufolge mit dem Koran belegen. Dazu würden Sprüche des Propheten des Islam zitiert, nach denen er sich gut um Tiere kümmert und ihre Misshandlung bestraft. Der islamische Glaube ist für viele muslimische Umweltaktivisten das wichtigste Motiv ihres Engagements, wie Zbidis Untersuchungen ergeben haben. Auch das Gemeinschaftsgefühl in Projekten und Kampagnen spiele eine große Rolle für die Motivation.