Nach Informationen der türkischen Regierung begleicht die Türkei ihre Erdgaslieferungen aus dem Iran mit dem Verkauf von Gold. Durch Tauschgeschäfte dieser Art ist es dem Iran möglich, die westlichen Sanktionen zu umgehen, die das Land zur Aufgabe seines Atomprogramms zwingen sollen. Wie die deutschsprachige Ausgabe des Wall Street Journals (WSJ) berichtet, hat der stellvertretende türkische Regierungschef, Ali Babacan, entsprechende Angaben gegenüber dem Haushaltsausschuss des türkischen Parlaments gemacht. Für die Türkei ist der Iran ein wichtiger Energielieferant. Die Türkei bezieht 18 Prozent ihres Erdgases und 51 Prozent ihres Erdöls aus dem Iran. Seit den durch die USA und die EU-Länder verhängten Sanktionen bezahlt Ankara für seine Gaslieferungen in türkischen Lira. Zwar ist die Währung auf den internationalen Märkten nur von begrenztem Wert, doch eignet sie sich hervorragend zum Kauf von Gold in der Türkei. Über den genauen Ablauf der Transaktionen ist wenig bekannt. Seit die Sanktionen wirksam geworden sind, ist in der Türkei das staatliche Kreditinstitut Turkiye Halk Bankasi für die Zahlungsabwicklung im Handel mit dem Iran zuständig. Private Geldinstitute können keinen Zahlungsverkehr mehr mit dem Iran abwickeln.
Die Türkei äußert sich nur ungern über Einzelheiten ihrer Handelsbeziehungen zum Iran, obwohl derartige Tauschgeschäfte legal sind. Ankara fürchtet jedoch, den Zorn aus Washington und Vergeltungsmaßnahmen auf sich zu ziehen. Deshalb hat die türkische Regierung auch stets einen direkten Zusammenhang zwischen steigenden Goldverkäufen und dem Einkauf von Energie aus dem Iran bestritten.
In den ersten neun Monaten des Jahres hat die Türkei nach offiziellen Daten für 6,4 Milliarden US-Dollar Gold in den Iran geliefert, während es im ganzen Jahr 2011 nur 54 Millionen Dollar waren. Damit ist die türkisch-iranische Handelsbilanz nahezu ausgeglichen, die zuvor viele Jahre extrem zugunsten des Irans stand. Auf den Iran entfielen 60 Prozent der Goldausfuhren der Türkei, weitere 30 Prozent gingen in die Vereinigten Arabischen Emirate.
Mittels dieser Goldgeschäfte konnte die Türkei ihr Haushaltsdefizit auf 7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes drücken. Noch zum Jahresende hatte die Lücke bei langfristig untragbaren 10 Prozent gelegen. Der kurzfristige Finanzbedarf aus dem Ausland sank ebenfalls und trug entscheidend dazu bei, dass das Land erstmals in fast zwanzig Jahren wieder ein Investment-Grade-Rating bekam und damit eine Kreditwürdigkeit, die dem Land die Refinanzierung weitaus leichter macht als bisher.
Der florierende Goldhandel mit dem Iran wird flankiert von einer ohnehin starken Handelsbeziehung zwischen beiden Ländern. Allen Sanktionen zum Trotz stieg der Warenaustausch zwischen Türkei und Iran im vergangenen Jahr um 50 Prozent auf ein Rekordvolumen von 16 Milliarden Dollar. Und das mit steigender Tendenz. Allein in den ersten neun Monaten kam der bilaterale Handel auf ein Volumen von rund 18,8 Milliarden Dollar, wobei sich Exporte und Importe die Waage hielten.
Auch im Handelsverkehr mit anderen Ländern hat der Iran alternative Formen der Zahlung für seine Energielieferungen gefunden. Mit Öl- und Gasexporten gegen gegen chinesische Renmimbi, indische Rupien, aber auch in Gold versucht das Land mit wachsendem Erfolg, die internationalen Sanktionen zu umgehen.
Diese von den USA und den EU-Ländern verhängten Sanktionen richten sich gegen das iranische Atomprogramm, wobei der Westen Teheran vorwirft, insgeheim an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten. Teheran bestreitet diese Absichten und erklärt stets, das Programm diene ausschließlich friedlichen Zwecken.