ermisst - das steht in großen Buchstaben über einem Foto, das eine junge Frau mit Kopftuch trägt. Darunter heißt es: "Das ist meine Freundin Fatima. Ich vermisse sie, denn ich erkenne sie nicht mehr." Denn sie ziehe sich immer mehr zurück und werde "immer radikaler".
Ähnliche Sujets gibt es auch mit Ahmad, Hassan und Tim. Auf den Plakaten werden besorgte Menschen dazu aufgerufen, sich an eine Beratungshotline zu wenden, wenn ihre Freunde oder Familienmitglieder in radikalen Islamismus abdriften.
Die Steckbriefe, die sich das deutsche Innenministerium unter Leitung von Minister Hans-Peter Friedrich (CSU) ausgedacht hat, sollen ab 21. September in größeren Städten vor allem in Vierteln mit hohem Migrantenanteil aufgehängt werden, im Internet gibt es sie bereits. Zwar sind die gezeigten Personen allesamt fiktiv, doch die Empörung der muslimischen Verbände ist groß.
Von "Stigmatisierung" sprechen der Verband der Islamischen Kulturzentren VIKZ, der Zentralrat der Muslime in Deutschland, der Verband Ditib und die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken in einer gemeinsamen Erklärung. Sie fordern den Stopp der Kampagne und erklären, dass sie bereits bei Konzeption derselben ihre Bedenken geäußert hätten. Doch man habe diese ignoriert.
Potenzielle Gefahr
"Solange Muslime als potenzielle Gefahr dargestellt werden, so lange wird man auch Angst vor Muslimen schüren und Islamophobie stärken", kritisiert auch der Vorsitzende des Islamrats, Ali Kizilkaya. Und der parlamentarische Geschäftsführer der grünen Bundestagsfraktion, Volker Beck, meint: "Friedrichs Kampagne ist kein Beitrag zum Kampf gegen Extremismus und Terror, sondern sie befördert die gesellschaftliche Spaltung und demütigt die islamische Community."
Im Innenministerium ist man von der massiven Kritik an der 300.000 Euro teuren Kampagne überrascht. Man habe die Verbände informiert, und diese hätten ihre Zustimmung gegeben, heißt es. Zwar ist das Ministerium zu kleinen Änderungen bereit, am Grundsatz der Kampagne will man aber festhalten.
Das verärgert die Muslime so sehr, dass sie die "Sicherheitspartnerschaft" mit dem Innenressort auf Eis legen wollen. Diese Initiative ist eine Partnerschaft zwischen den deutschen Sicherheitsbehörden und muslimischen Bürgern, die durch Verbände vertreten werden. Ins Leben gerufen wurde sie im Jahr 2011.
Im Innenministerium war man der Meinung, dass islamistischer Terror nicht ausschließlich von Organisationen wie Al-Kaida ausgeht, sondern zunehmend von jugendlichen Einzeltätern, die sich über das Internet radikalisieren. Und an diese kommen Muslime besser heran als die deutschen Sicherheitsbehörden. Also verpflichteten sich die Verbände, als "Botschafter gegen Extremismus" für ein tolerantes und sicheres Deutschland aufzutreten.