Unterstützung erfährt die schwarz-gelbe Regierung durch SPD und Bündnis 90/Die Grünen, die ebenfalls die ausländische Militärpräsenz unterstützen. Einzig die Partei Die Linke trägt der Stimmung in der Bevölkerung Rechnung und fordert weiter standhaft den Truppenabzug aus Afghanistan. Mit mäßigem Erfolg allerdings: In einer – nicht repräsentativen – Umfrage haben 67 Prozent von knapp 400 000 teilnehmenden Lesern die Frage »Soll sich die Bundeswehr aus Afghanistan zurückziehen?« beantwortet mit »Ja, es wird Zeit, daß Guttenberg die deutschen Soldaten nach Hause holt«. Ähnlich ist auch die Stimmung in den Internetforen von Welt und Morgenpost.
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) denkt allerdings gar nicht daran, die 4500 deutschen Soldaten zügig aus Afghanistan abzuziehen. Mit nach Hause von seinem jüngsten Hindukusch-Trip nahm der Freiherr am Freitag lediglich fünf der Bundeswehrkräfte, die tags zuvor bei schweren Gefechten mit Aufständischen in Nordafghanistan verletzt worden waren. Vier getötete Soldaten im Alter von 24 bis 38 Jahren sollen an diesem Wochenende, begleitet vom Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, nach Deutschland heimgeholt werden – so es die den Flugverkehr über Europa einschränkende Aschewolke nach dem Vulkanausbruch in Island zuläßt.
Bundeskanzlerin Merkel erklärte während ihrer USA-Reise zu den Todesnachrichten aus dem Kriegsgebiet, sie respektiere die Zweifel vieler Menschen. Sie stehe aber »ganz bewußt hinter diesem Einsatz in Afghanistan«. Das Land müsse stabilisiert werden, die Bundeswehr mithin stationiert bleiben. Merkel behauptete am Donnerstag in einer Rede vor Studierenden an der Universität Stanford, die Soldaten seien gestorben »in einem Einsatz, um unsere Freiheit und Sicherheit zu garantieren«.
Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier machte sich am Freitag für die Fortführung des Kriegseinsatzes stark. Der frühere Außenminister sprach sich wie sein Amtsnachfolger Guido Westerwelle (FDP) gegen einen Rückzug der deutschen Truppen aus und verurteilte den »feigen und hinterhältigen Anschlag«.
Tatsächlich sind die deutschen Soldaten allerdings im Rahmen einer großen militärischen Operation mit rund 3000 Soldaten während mehrstündiger Kämpfe verletzt bzw. getötet worden. Wie das Verteidigungsministerium in Berlin am Freitag mitteilte, starben drei Soldaten, als am Donnerstag neben ihrem gepanzerten Jeep vom Typ »Eagle IV« eine ferngesteuerte Bombe explodierte. Ein vierter Soldat starb später weiter entfernt im Heck eines gepanzerten Sanitätslasters vom Typ »Yak«, der von Aufständischen beschossen wurde. Seine Kolonne war unterwegs, um den zuvor gesprengten Wagen zu bergen.
Manfred Stenner vom Netzwerk Friedenskooperative erklärte, der Tod der Soldaten sollte »nachdenklich stimmen«. Ohne grundlegende Änderung der Afghanistan-Strategie würden die Gefechte in nächster Zeit weiter zunehmen und die Opferzahlen unter den Besatzungssoldaten, den Aufständischen und der afghanischen Zivilbevölkerung noch erheblich ansteigen – »erst recht, wenn die von der Bundesregierung angekündigte Verschärfung des militärischen Vorgehens umgesetzt werde. Daran sollten wir uns nicht gewöhnen«, so Stenner.
Ähnlich kritisierte Die Linke die Kriegskanzlerin. Auf ihrer Klausurtagung in Dortmund erklärte ihre Bundestagsfraktion am Freitag: »Im Interesse der afghanischen wie der deutschen Bevölkerung muß die Bundeswehr unverzüglich aus Afghanistan abgezogen werden.« In Afghanistan herrsche Krieg, »nicht nur umgangssprachlich, sondern ganz real«. Frieden könne nicht mit immer neuer Aufrüstung und immer neuen Offensiven erreicht werden, sondern nur »durch einen wirklich zivilen Aufbau und einen Versöhnungsprozeß in Afghanistan«