Durch die Untersuchung der jüngsten Entwicklungen in Gaza und ihrer globalen Reflexion kritisiert und analysiert Ramzy Baroud Huntingtons „Kampf der Kulturen“-Theorie und betont die grundlegenden Veränderungen in Identitäten und internationalen Beziehungen.
Fließende Identität und historische Veränderungen
Anhand der kontinuierlichen Veränderungen in den Identitäten und politischen Landkarten der Geschichte, insbesondere im Römischen Reich, zeigt der Autor, dass sich die Identitäten immer weiterentwickelt haben. Er stellt fest, dass Kriege, Konflikte und kulturelle Veränderungen eine wichtige Rolle bei der Neudefinition von Identitäten gespielt haben. Dieses Problem lässt sich an den ständigen Veränderungen politischer Linien und wiederholten Neugestaltungen im Laufe der Geschichte erkennen.
Kultureller Einfluss und Globalisierung
Baroud weist in seinem Artikel auf den kulturellen Einfluss der USA und Großbritanniens nach dem Kalten Krieg hin und glaubt, dass dieser Einfluss die natürliche kulturelle Entwicklung verschiedener Gesellschaften gestört hat. Er verweist zudem auf die Rolle der englischen Sprache als Hauptkommunikationsmittel und den Einfluss westlicher Unterhaltung in verschiedenen Gesellschaften und führt diese Veränderungen als Faktoren ein, die die Kluft zwischen den Generationen vergrößert und gesellschaftliche Werte und Prioritäten neu definiert haben.
Kritik an der Theorie des Kampfes der Kulturen
Ramzi Baroud kritisiert die von Samuel Huntington präsentierte Theorie des Kampfes der Kulturen. Huntington glaubte, dass die Welt in „große Zivilisationen“ aufgeteilt würde, deren Beziehungen durch Konflikte bestimmt wären. Baroud stellt diese Theorie als eine Neudefinition rassistischer Stereotypen und als politisches Instrument dar, das nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und im Zuge des ersten Irak-Krieges und des westlichen Militarismus gestärkt wurde.
Er glaubt, dass diese Theorien nicht das gewünschte Ergebnis für den Westen erzielen konnten, nämlich die Welt als Geisel zu nehmen.
Aufstieg der neuen Welt
Der Autor betont die Entstehung einer neuen Welt, die nicht auf zivilisatorischen Suchen, sondern auf demselben alten historischen Muster basiert: Diejenigen, die nach Macht streben, um ihre wirtschaftlichen Interessen auszuweiten und zu schützen, und diejenigen, die für Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit kämpfen. Baroud glaubt, dass diese Muster jenseits zivilisatorischer, religiöser, rassischer und geografischer Tendenzen liegen und dass sich in diesem Prozess auch Großmächte vereinen.
Gaza-Krieg und globale Einheit
Baroud bezeichnet den Gaza-Krieg als einen Punkt der globalen Einheit, der zur Bildung einer neuen Identität in den internationalen Beziehungen geführt hat. Er stellt fest, dass die Solidarität mit den Palästinensern nicht auf religiösen, rassischen, geografischen oder kulturellen Grenzen beruht, sondern auf globaler Gerechtigkeit. Diese Solidarität zeigt sich in weit verbreiteten globalen Protesten von Europa bis Nordamerika und von Afrika bis Lateinamerika, bei denen sich Menschen aller Hautfarben, Rassen, Altersgruppen, Geschlechter und Religionen zusammengeschlossen haben.
Schlussfolgerung
In seiner Schlussfolgerung weist Baroud auf die Bedeutung des globalen Widerstands gegen politische und wirtschaftliche Spaltungen hin und glaubt, dass der Gaza-Krieg gezeigt hat, dass es möglich ist, unterschiedliche Identitäten und Zivilisationen zu überwinden und sich für globale Gerechtigkeit zu vereinen. Dies wird als ernsthafte Herausforderung für die Theorie des Kampfes der Kulturen und traditionelle Konzepte von Macht und Identität in den internationalen Beziehungen angesehen.
Quelle: Baroud, Ramzy. 2024. Civilizational Unity, Not Clash: How Gaza Challenged Samuel Huntington’s Fantasies