AhlolBayt News Agency (ABNA)

source : IRIB
Montag

15 Juni 2009

19:30:00
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Afghanistan

Scharfe Reaktion des afghanischen Präsidenten auf Kritik aus Washington und Brüssel

Der afghanische Präsident, Hamid Karsai, hat in einem Interview mit der "süddeutschen Zeitung" den Westen für die Stärkung der Taliban verantwortlich gemacht und die US-Verantwortlichen aufgefordert, die Tötung, Festnahme, Verhör von Personen sowie Hausdurchsuchungen in Afghanistan einzustellen.

Er sagte dort weiter: " Dass der Krieg nicht zu Ende geht und die vertriebenen Taliban zurückkehren, das ist gewiss nicht allein unser Unvermögen." Karsai warnte die amerikanischen Verantwortlichen davor, seine Regierung durch ihre Handlungen zu schwächen. Das ist nicht das erste Mal, dass der afghanische Präsident so offen über seine Differenzen mit der Nato und den USA spricht. Aber die Kritik des afghanischen Präsidenten am Verhalten des Westens in Afghanistan gewinnt angesichts der gegenwärtigen Debatte über eine neue amerikanische Strategie in Afghanistan und Pakistan an Bedeutung. Karsai vertritt die Verfassung, dass jede Strategie für Afghanistan darauf abzuzielen hat, Frieden und Sicherheit in Afghanistan zu verwirklichen. Denn sonst würden die Taliban stärker, was auch durch vergangene Erfahrungen bewiesen worden sei. Fakt ist, dass die USA ihre Truppen in Afghanistan aufstocken wollen, während die afghanische Regierung der Ansicht ist, dass eine Truppenaufstockung zum Frieden und zur Sicherheit in Afghanistan nicht beiträgt. Die afghanische Regierung verlangt stattdessen Ausbildung und Aufrüstung der afghanischen Armee, damit die Afghanen in die Lage versetzt werden, die Sicherheitsverantwortung selbst zu übernehmen. In diesem Zusammenhang sagte Karsai offen, dass er kein zusätzliches deutsches Militärengagement in Afghanistan wünscht. Es scheint also, sich die Differenzen zwischen dem afghanischen Präsidenten und den US-Verantwortlichen hinsichtlich der Frage nach einer richtigen Strategie zu vergrößern. Auch unter der afghanischen Bevölkerung wächst die Ablehnung gegen die NATO und die US-Truppen mit jedem Kriegstag. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des "Afghan Institute for Social and Public Opinion Research" für die TV-Sender ARD, ABC und BBC hervor. Laut der am Montag veröffentlichten Erhebung hält die Mehrheit der Bevölkerung die vergangenen Jahre für "verlorene Jahre". Mittlerweile fordert eine Mehrheit (51 Prozent) einen schnellen Abzug der Besatzungstruppen - im umkämpften Südwesten des Landes sind es sogar 71 Prozent. In manchen Regionen hält inzwischen mehr als die Hälfte der Bevölkerung Anschläge auf US- und NATO-Soldaten für gerechtfertigt, landesweit ist es immerhin jeder Vierte. "Der Westen hat den Kampf um die Herzen und Köpfe der Afghanen erst einmal verloren", kommentierte Arnd Henze, stellvertretender WDR-Auslandschef, das Umfrageergebnis. Die harte Reaktion des afghanischen Präsidenten auf die permanente Kritik aus Washington und Brüssel, die seine Regierung für die Verschärfung der Krise in Afghanistan verantwortlich machen, ist in diesem Zusammenhang zu verstehen. Was sicher ist, ist, dass die neue Afghanistan- Strategie im Weißen haus skizziert wird, und sie wird möglicherweise nach Rückkehr des Sondergesandten des US-Präsidenten, Richard Holbrooke, aus der Region fertig gestellt.