Ein Beitrag von: Shraga Elam, Schweizer-israelischer Autor
Es muss alles daran gesetzt werden, um zumindest einen längeren Waffenstillstand, wenn nicht sogar Frieden zu erreichen. Dabei scheinen ausgerechnet die israelischen Bemühungen, zwischen den Kriegsparteien zu vermitteln, vielversprechend zu sein. Obwohl Premierminister Naftali Bennett bestimmt nicht uneigennützig agiert, verfügt er über positive Voraussetzungen. Denn es ist nicht nur so, dass Israel relativ neutral geblieben ist und eine verhältnismäßig gute Beziehung zu Vladimir Putin pflegt, sondern es kann – nicht zuletzt dank der starken zionistischen US-Lobby – der Biden-Administration die Stirn bieten. Bennett sollte diesen Einfluss stärker nutzen, braucht dafür aber mehr Unterstützung von anderen Staaten, Organisationen und Personen der Öffentlichkeit. Was eine friedliche Regelung verhindert, scheint in großem Maß auch die sture Haltung der ukrainischen Regierung und der Biden-Administration zu sein, und dies nicht nur wegen ihrer kontraproduktiven Sanktionen. Diese sind im besten Fall ein zweischneidiges Schwert und treffen eher Europa und vor allem arme Länder weltweit. Profitieren davon tun vor allem bestimmte US-Wirtschaftszweige. Mir ist kein Fall bekannt, in welchem Sanktionen gegenirgendeinen Staat wirklich etwas Positives bewirkt haben. Im Gegenteil: Sie treiben eher zu einer härteren Gangart der jeweiligen Staatsführung. Das ist beim Iran, bei der Hamas, aber auch Israel (siehe BDS-Kampagne) der Fall. Sogar bei Südafrika gibt es Beweise, dass nichtwirklich Sanktionen und Boykott zur formellen Auflösung des Apartheid-Regimes führten. Es braucht mehr ausgewogenen Druck, also auch auf Selensky und die USA, damit diese ernsthaft ihren Beitrag zur Beendung des Kriegs leisten werden. Hätte die Ukraine nicht auf eine Nato-Mitgliedschaft gedrängt, die dieses Land wirklich nicht braucht, sondern mehr für ein friedliches und demokratisches Zusammenleben getan, wäre es bestimmt nicht zu einer solchen Eskalation gekommen. Anstatt wirklich ernsthaft auf Bennetts vielversprechende Anstrengungen einzugehen, Selensky & Co. weiter, und zwar mit ihren Forderungen nach einer Flugverbotszone für russische Helikopter, Flugzeuge und Raketen über der Ukraine. Mit ihrer gefährlichen Haltung drängt die ukrainische Führung praktisch auf einen dritten Weltkrieg. Dass das russische Staatsoberhaupt ein ernsthaftes und realistisches Friedensangebot machte, beweist schon allein die Tatsache, dass Premier Bennett und der russisch sprechende Minister Ze’ev Elkin als religiöse Juden es auf sich nahmen, sogar an einem Samstag nach Moskau flogen, wo es doch gläubigen Juden verboten ist, am Shabbat zu reisen, es sei denn, es geht um Menschenleben. Hier Putins Verhandlungsvorschlag gemäß Financial Times vom 16.3.2022.Leider muss ich immer wieder betonen, dass ich keinesfalls ein so genannter "Putin-Versteher" bin, sondern dass meine Einschätzung auf einer nüchternen Analyse der Situation beruht. Dass Selensky und Biden die Bremsklötze sind, ist offensichtlich. Israel wird von beiden kritisiert, und Selensky bemüht sich angestrengt, Israel in eine direkte militärische Konfrontation mit Russland zur verwickeln, um Israel unter anderem zu einem ungeeigneten neutralen Vermittler zu machen: Selensky versucht, das israelische Raketenabwehrsystem „Iron Dome“ zu bekommen. Wenn Israel dieses System liefern würde, müsste es ja auch von erfahrenem Personal in die Ukraine begleitet werden. Zudem versucht Selensky mit seiner peinlichen Holocaust-Keule, Druck auf Juden weltweitauszuüben. Diese durchsichtige Manipulation ging aber tüchtig in die Hose: Die Gedenkstätte Yad Vashem verweigerte dem ukrainischen Präsidenten einen Auftritt mit der begründeten Befürchtung, dass er vorhabe, die jetzige Situation in seinem Land mit der Shoa zu vergleichen. Eine absolut unhaltbare Parallele, welche den NS-Juden-Gozid verharmlost. Selensky lässt indes nicht locker, und sein Botschafter geht selbstsicher voll in die Offensive, was in Israel Kopfschütteln auslöst. Nicht weniger schlimm ist die Fake-News-Verbreitung durch Selensky, der behauptete, das russische Militär habe angeblich das Mahnmal für die NS-Massenmorde von Babi Jar zerstört, was international Empörung auslöste. Der renommierte israelische Kriegsreporter Ron Ben Yishai ging am nächsten Tag hin und stellte fest, dass das Denkmal intakt war. Selensky hätte das auch wissen können, ja, müssen. Das Fact Checking von Ben Yishai machte allerdings kaum Schlagzeilen außerhalb von Israel, was bei der derzeitigen Berichterstattung der Medien nicht erstaunt. Wie verlogen Selensky ist, zeigt auch die Tatsache, dass die Hauptstraße, die zum Babi-Yar-Mahnmal führt, nach dem berühmten NS-Kollaborateur und Judenmörder Stepan Bandera noch nicht so lange her umbenannt worden war. Bandera wird, wie ähnliche Kriegsverbrecher, als Nationalheld in der Ukraine gefeiert. Es ist nicht bekannt, dass Selensky etwas gegen diese Verehrung unternommen hätte. Putin versucht zwar auf seine zynische Art, den starken Einfluss von ukrainischen Faschistenauszunützen, um seine Invasion zu rechtfertigen. Die große Bedeutung solcher Kräfte gibt es aber tatsächlich in der Ukraine und ist nicht nur russische Propaganda. Die Faschisten waren nicht nur maßgebend beim Putsch von 2014, sondern sind u. a. dafür verantwortlich, dass die russische Minderheit im Lande verfolgt und diskriminiert wird und dass seit acht Jahren Krieg im Donbass herrscht. In seiner Wahlkampagne versprach Selensky, für Frieden im Land zu sorgen und die massive Korruption zu bekämpfen. Beide Versprechen hat er aber nicht einmal zu erfüllen versucht. Dies sicherlich auch unter dem Druck der radikalen Nationalisten. Und wie die Pandora Papers belegen, sind auch er und sein enger Kreis korrupt. Selensky behauptet hingegen, das Geld sei ins Ausland geschmuggelt und dort in Offshore-Gesellschaften verschleiert worden, um ihn vor dem alten pro-russischen Regime zu schützen. Dass Selensky als positiver Held gefeiert wird, ist deshalb völlig absurd. Auch er trägt eine Verantwortung für die unnötige Eskalation und sicherlich auch dafür, dass die Zerstörung und das Leid so vieler Menschen – nicht nur in der Ukraine – sich fortsetzen. Die Sanktionen des Westens werden Putin kaum weichklopfen, sondern, im Gegenteil, sturer machen. Die antirussischen Maßnahmen tragen dazu bei, dass mehr Menschen weltweit darunter leiden.
342/