Wie die Ahlulbayt Nachrichtenagentur ABNA berichtet, Eine Analyse von Seyed Alireza Mousavi
Im von Israel besetzten Westjordanland und Ostjerusalem ist die Lage seit längerer Zeit sehr angespannt. Gewaltsame Übergriffe jüdischer Siedler auf Palästinenser haben im letzten Jahr stark zugenommen, bis zum Herbst waren es Hunderte. Im Westjordanland und Ostjerusalem ist es zugleich in den vergangenen Wochen zu mehreren Anschlägen von Palästinensern auf Israelis gekommen, einige davon verliefen tödlich. Vor dem Hintergrund der jüngsten heftigen Gefechte zwischen israelischen Siedlern und Palästinensern traf sich kürzlich Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erstmals seit Jahren mit dem israelischen Verteidigungsminister Benny Gantz.
Das ungewöhnliche Treffen fand am 29. Dezember im Privathaus des israelischen Verteidigungsministers in Tel Aviv statt. Die palästinensische Seite vermeldete, es sei darüber gesprochen worden, wie ein "politischer Horizont" zur Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts geschaffen werden könnte. Im Vorfeld des Treffens machten Berichte die Runde, wonach Abu Mazen (Abbas) zu diesem Treffen nach Tel Aviv komme, um eine politische Botschaft zu überbringen, die darauf hinweist, dass die Situation in den besetzten Gebieten am Rande einer Explosion steht. Abbas hatte zum Ziel, den diplomatischen Prozess voranzubringen, um eine Explosion angesichts der Missstände in der Westbank abzuwenden.
Die palästinensische Führung sieht laut Haaretz Gantz als das einzige hochrangige Mitglied der derzeitigen israelischen Regierung an, das diese Warnungen beachten könnte. Der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett hat sich mehrfach gegen einen palästinensischen Staat ausgesprochen. An einer Wiederbelebung der seit Jahren ins Stocken geratenen Friedensgespräche hat seine Regierung kein Interesse gezeigt. Abbas machte insofern eine freundliche Geste in Tel Aviv und ging ein weiteres Risiko für sein Image ein. Der Hamas-Sprecher nannte vor Kurzem das Treffen in Tel Aviv "einen Messerstich in den Rücken" und einen Verrat an der palästinensischen Sache.
Das Problem besteht allerdings darin, dass Abbas keine Legitimitätsbasis mehr im Westjordanland besitzt, nachdem er im Vorfeld des letzten aufgeflammten Konflikts zwischen Hamas und israelischer Armee im Mai 2021 im Alleingang die Parlamentswahl abgesagt hatte, um der Hamas die Möglichkeit zu nehmen, sich auf diesem Wege mehr Legitimität zu verschaffen.
Eine im Juni 2021 veröffentlichte Umfrage ergab, dass 53 Prozent der Palästinenser der Meinung sind, dass die Hamas es am meisten verdienen würde, das palästinensische Volk zu vertreten und zu führen. Dagegen zeigen nur 14 Prozent Sympathie für die Fatah-Partei von Abbas. Die Hamas-Bewegung schafft derzeit eine enge Verbindung zwischen Gaza und Westbank.
Unter der Oberfläche haben sich die Spannungen und Unruhen im Westjordanland, insbesondere seit dem Gaza-Konflikt im Mai, weiterentwickelt. Middle East Eye kommentierte diesbezüglich, dass 2022 weder ein Krieg zwischen Iran und Israel noch zwischen Israel und Hisbollah stattfinden werde. Es werde auch keinen Konflikt im großen Ausmaß mit der Hamas geben. Die größte Gefahr für Israel könnte in diesem Jahr vom Westjordanland ausgehen. Der Status quo, der sich in der Besatzung, dem Ausbau israelischer Siedlungen und der mehr oder weniger fortgesetzten Sicherheitskooperation zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde widerspiegelt, könnte auf einmal zusammenbrechen und eine großangelegte Rebellion gegen Besatzer sowie die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland auslösen.
Insofern hat Israel auch daran Interesse, Abbas zu unterstützen, um den in der palästinensischen Bevölkerung zunehmend unbeliebten Abbas gegenüber der Hamas wieder zu stärken, um damit die Sicherheitslage in den besetzten Gebieten durch eine Verbesserung der Kooperation mit der Autonomiebehörde in gewissem Maße zu stabilisieren. Israel wird allerdings an der Fortsetzung der Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten festhalten, während die Regierung in Tel Aviv versucht, einen Mechanismus – basierend auf der Zuckerbrot-und-Peitsche-Methode – durch die Palästinensische Autonomiebehörde zur Kontrolle der Lage in den besetzten Gebieten zu entwickeln.
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