Wie die Ahlulbayt Nachrichtenagentur ABNA berichtet, Libanon ist mit einer Gesamtfläche von weniger als 10 Tausend 500 Quadratkilometern und circa 6 Millionen und 800 Tausend Einwohnern ein kleiner Staat. Dennoch ist es laufend Krisen ausgesetzt und diese haben besonders im letzten Jahr stark zugenommen und zu wiederholten Bürgerprotesten gegen die Regierung und politische Gruppen in diesem Land geführt. Die Krisen sind wirtschaftlicher oder politischer Natur oder betreffen die Sicherheit.
Was die wirtschaftliche Krise anbelangt, ist Libanon mit einer schweren Abwertung der Nationalwährung, einer gestiegenen Inflation, Schulden und einer schlechten Einkommenslage der Bevölkerung konfrontiert. Dazu kommt eine Energiekrise darunter im Bereich Benzin und Stromversorgung. Vor zwei Jahren bekam man noch für 1500 libanesische Lira einen Dollar, aber inzwischen muss man 25 Tausend für einen Dollar bezahlen. Aufgrund der Abwertung der Nationalwährung sind in den letzten Monaten die Preise für Waren und Dienstleistungen in Libanon enorm angestiegen. Gemäß offizieller Statistiken haben sich die Preise für Nahrungsmittel seit 2020 vervierfacht. Laut Berechnungen der Weltbank, sind die Staatsschulden auf mehr als 150 Prozent des Bruttoinlandsproduktes angestiegen und Libanon zählt nun zu den am meisten verschuldeten Staaten.
Zurzeit lebt mehr als die Hälfte der Bevölkerung dieses Landes unter der Armutsgrenze. Die UNO warnte, dass mehr als drei Viertel der Haushalte in Libanon nicht genügend Geld besitzen um Nahrung zu besorgen und keiner der vielen Flüchtlinge aus Syrien, die in Libanon leben, den Nahrungsbedarf finanzieren kann. Laut jüngstem Bericht von UNICEF – dem UN- Kinderfonds – gehen im Libanon circa ein Drittel der Kinder abends hungrig schlafen oder erhalten am Tag keine drei Mahlzeiten und jedes 10. libanesische Kind muss arbeiten gehen, damit seine Familie sich ernähren kann. Die Weltbank hat die Krise in Libanon als einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen seit dem 19. Jahrhundert eingestuft.
Auch hat die Energiekrise in Libanon zu sozialen Krisen geführt. Obwohl Brennstoff in Libanon knapp geworden oder gar nicht aufzutreiben ist, hat der Vorsitzende der libanesischen Zentralbank beschlossen, die Subventionen für Energie zu streichen, was zu einer starken Verteuerung von Brennstoff und zu wachsender Knappheit geführt hat. Wegen dem nachlassenden Brennstoffangebot kam es zu oftmaligem Stromausfall und zu langen Warteschlangen. Aber auch Brot wurde knapp und ist schwierig aufzutreiben. Viele Bäcker mussten ihre Arbeit einstellen und viele Krankenhäuser stehen ernsthaften Problemen gegenüber. Dies alles hat zu Demonstrationen geführt. Die Demonstranten sind über die Tatenlosigkeit der Verantwortungsträger erzürnt und haben viele Straßen im Lande blockiert.
Was die politische Lage anbelangt, so steckt man bei der Bildung eines neuen Regierungskabinettes nunmehr seit mehr als einem Jahr in der Sackgasse. Hassan Diab ist im August vorigen Jahres nach der Explosion am 4. August im Beiruter Hafen aus dem Amt des Premierministers zurückgetreten. Seitdem wurden 3 Premierminister vorgestellt. Mustafa Adib gab schon nach einem Monat und Saad Al Hariri nach 9 Monaten die Kabinettsbildung auf, während Nadschib Mikati danach mit der Kabinettsbildung beauftragt wurde. Dennoch hat der Libanon auch nach seiner Ernennung noch kein neues Regierungskabinett obwohl bereits ein Monat verstrichen ist.
In Sachen Sicherheit erlebte Libanon im letzten Jahr nicht nur laufend Bürgerdemonstrationen sondern auch Explosionen. Am 4. August hinterließ eine Großexplosion im Beiruter Hafen fast 200 Tote und über 6 Tausend Verletzte, was auch ein schwerer Schlag für die Staatswirtschaft war. Am 15. August des laufenden Jahres, genau ein Jahr nach dieser Großexplosion explodierte in dem Ort Al Talil im Distrikt Akkar in Nordlibanon ein Tankwagen. Der Bürgermeister von Al Talil sagte, dieser Vorfall habe sich ereignet, nachdem die Bürger herbeigeeilt waren um Benzin zu bekommen und jemand ein Feuerzeug anzündete. Diese Explosion, die sich mitten in der Energiekrise ereignete, hinterließ 28 Tote und circa 70 Verletzte.
Es können verschiedene Ursachen für die Krisen genannt werden. Die wichtigsten sind:
Die politische Instabilität und die kurze Dauer von Regierungen:
Seit 1992 bis jetzt kam fünfmal ein Rücktritt von Premierministern vor: Premierminister Omar Karami trat 1992 zurück und an seiner Stelle übernahm Rafiq Al Hariri das Amt. 2005 gab Omar Karami erneut seinen Posten als Premierminister auf . Nadschib Mikati trat 2013 und Saad Al Hariri 2019 aus dem Amt des Ministerpräsidenten zurück und Hassan Diab, der 54. Ministerpräsident nach der Unabhängigkeit Libanons im Jahre 1943 trat ebenfalls (2020) zurück. Diabs Rücktritt war der fünfte eines Ministerpräsidenten innerhalb von 28 Jahren. Die durchschnittliche Regierungszeit der 54 libanesischen Premierminister der 78 vergangenen Jahre beträgt nur ein Jahr und 4 Monate.
Eine der wichtigsten Folgen der politischen Instabilität im Libanon sind die Instabilität der Wirtschaft und die der Sicherheit.
Der zweite Grund für die jetzigen Krisen im Wirtschaftsbereich ist in Folge des politischen Vakuums das Fehlen eines festen langfristigen Wirtschaftsprogrammes. Die kurze Dauer der Amtszeiten libanesischer Regierungskabinette hat eine solche Planung für die Wirtschaft verhindert. Da es an Zukunftsperspektiven für die libanesische Wirtschaft fehlte, geriet diese in einen eintönigen Trott.
Im Gefolge des Mangels an einem langfristigen Wirtschaftsplan entwickelte sich im Zusammenhang mit einigen politischen Gruppen eine korrupte Gesellschaftsschicht. Diese hat die aktuellen Krisen im Libanon mitverursacht. Diese Gruppe von korrupten Individuen greift gezielt und bewusst in die Wirtschaft Libanons ein und schafft aufgrund privater oder politischer oder parteilicher Vorteile die Voraussetzungen für das Horten von wichtigen Gütern und Steigerung der Preise. Seyyed Hasan Nasrollah, Generalsekretär der libanesischen Hizbollah sagt darüber: „Einige politischen Führer im Libanon haben bei der Energiekrise dieses Landes die Hand im Spiel gehabt und sind bei der Verheimlichung der Aktivitäten von Leuten, die Energie hamstern mitbeteiligt.“
Einer der wichtigsten Gründe für die außergewöhnliche Wirtschaftskrise im Libanon ist die weitgehende Korruption. Die Schulden des libanesischen Staates gegenüber Europa demonstrieren die vorhandene Korruption. Diese Schulden haben das Banksystem und die Regierung an den Rand des Bankrotts getrieben. Gemäß dieser Schuldenakte hat die libanesische Regierung in den letzten 10 Jahren Eurobonds im Werte von über 50 Milliarden Dollar für den Ausbau der Infrastruktur im Dienstleistungsbereich erhalten. Aber diese Finanzmittel sind in dem korrupten Banksystem Libanons untergetaucht, und nun ist der Staat gezwungen aus den öffentlichen Mitteln seine Schulden zu begleichen.
Politische Meinungsverschiedenheiten sind ein weiterer Grund für die jetzige Krise. Diese haben 2005, nach dem tödlichen Anschlag auf den damaligen Premierminister Rafiq Al Hariri, begonnen. Sie führten zur Bildung von zwei Lagern: die westorientierten Allianz vom 14. März und die Allianz vom 8. März, die der Widerstandsfront nahesteht. Diese politische Uneinigkeit ist im vergangenen Jahr besonders deutlich geworden. Einerseits wurde die Explosion vom 4. August 2020 im Beiruter Hafen zu einem Vorwand für die gezielten Demonstrationen gegen die Regierung von Hassan Diab. Diesen traf zwar keine Verantwortung, aber er dankte dennoch ab. Andererseits hatten vor allem die Meinungsverschiedenheiten zwischen Saad Al Hariri und Michel Aoun zur Folge, dass es Al Hariri nicht gelang, das Regierungskabinett zu bilden. Saad Al Hariri zu dessen Gunsten der Rücktritt von Diab war, hat nach der jüngsten Explosion in dem Distrikt Akkar ein ähnliches Szenario gegen Michel Aoun eingeleitet und den Rücktritt des Staatspräsidenten Michel Aoun gefordert. Außerdem hat Seyyed Hasan Nasrollah, nach der Brennstofflieferung aus Iran, mitgeteilt, dass Saad Al Hariri behauptete, es sei „ein rascher Weg in Richtung Hölle“ Brennstoff von Iran anzunehmen. Diese Stellungnahme Hariris hat mit seiner ablehnenden Haltung gegenüber der Hizbollah zu tun. Diese Haltung überschattet ebenso die politische und wirtschaftliche Lage des Landes.
Der fünfte Grund für die aufeinanderfolgenden Krisen in Libanon ist die Einmischung von ausländischen Akteuren in die inneren Angelegenheiten des Landes. Libanon ist ein Land, in dem sich regionale und überregionale Akteure einmischen und jeder dieser Akteure hat seine Vertreter in diesem Land, die die Strategien des eigenen Staates umsetzen. Den meisten Einfluss üben Saudi Arabien, die Emirate und die USA aus. Diese Länder behaupten die Islamische Republik Iran würde sich in Libanon wegen der Hizbollah einmischen, aber die IRI hat immer diese Vorwürfe zurückgewiesen und erklärt dass sie lediglich die Hizbollah gegenüber den Bedrohungen von außen insbesondere vonseiten des israelischen Regimes unterstützt.
Diese Vorwürfe werden dem Iran gemacht, während Saudi Arabien und die USA offen die Bildung einer Regierung ohne Mitbeteiligung der Hizbollah in Libanon fordern. Dorothy Shea, US-Botschafterin in Beirut hat sich offen eingemischt indem sie sagte: „Die USA kann unmöglich die Teilnahme der Hizbollah an der Regierung, die gebildet wird, zulassen.“ Im Zusammenhang mit der Brennstofflieferung Irans an den Libanon behauptete sie, dass die Benzinimporte Beiruts keine Lösung für die Krise in diesem Land sein könne. Sie sagte: „Iran ist bestrebt, Libanon in einen vom ihm abhängigen Staat zu verwandeln damit es dieses Land zur Umsetzung seiner politischen Vorhaben nutzen kann.“ Diese Äußerungen haben nur die Spannungen in Libanon verstärkt, denn die Personen und Gruppen, die den USA nahestehen, flößen der öffentlichen Meinung solche Ansichten ein und fördern auf diese Weise soziale Gewalt.
Saudi Arabien spielt eine wichtige Rolle bei der Verschlimmerung der Probleme in Libanon insbesondere im Wirtschaftsbereich. Während Libanon großen wirtschaftlichen Problemen gegenübersteht, hat das saudische Regime die Einfuhr von Obst und Gemüse aus Libanon wegen angeblicher Drogenschmuggel von Libanon nach Saudi Arabien eingestellt. Aber Walid Al Bukhari , der Botschafter Saudi Arabiens in Libanon hat bei seinem Treffen mit dem Militärbefehlshaber dieses Landes behauptet, die Hizbollah würde sich in die militärischen und Sicherheitsangelegenheiten Libanons einmischen und betonte, der Einfluss der Hizbollah müsse abnehmen. Der Oberbefehlshaber der libanesischen Armee Joseph Aoun erklärte dem Botschafter der Saudis jedoch, dass die Hizbollah nicht den geringsten Einfluss auf die militärischen und Sicherheitsfragen Libanons habe.
Kurzum: Länder wie die USA und Saudi Arabien versuchen durch Druck auf Libanon an ihre Ziele, die sich gegen die Front des Widerstandes richten , in diesem Land und der Region einzumischen und verfolgen dabei auch ihre anti-iranischen Pläne. Dies ist einer der Hauptgründe für die aufeinanderfolgenden Krisen in Libanon.