AhlolBayt News Agency (ABNA)

source : Press TV
Montag

15 Juni 2009

19:30:00
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Libanon

Generalsekretär der libanesischen Hisbollah spricht über erfolgreiche Diplomatie beim Gefangenenaustausch

Der Generalsekretär der Hisbollah im Libanon gab in einem Interview am 3. Juli 2008 im Süden Beiruts weitere Einzelheiten über den Austausch von Gefangenen zwischen der Hisbollah und Israel bekannt.

Laut Press TV sagte Nassrallah bei diesem Gespräch wie folgt: "Ich bin kein Gefangener, sondern der freieste Mensch auf der Welt. Vielleicht denken sich manche, dass Nassrallah ein schweres Leben hat. Das ist falsch. Ich lebe ein gutes Leben und dabei ist es auch natürlich, dass man manche Vorsichtsmaßnahmen trifft. Ich möchte auf keinen Fall von dem israelischen Feind irgendwelche Sicherheitsgarantien bekommen, während alle Libanesen und Palästinenser und Araber jeden Moment in Lebensgefahr sind."
Angesichts der Bedeutung der Angelegenheit gehe ich gleich zum eigentlichen Thema über. Dabei gibt es zwei Aspekte. Einmal das, was ich auch bei diesem Interview sage und den zweiten Aspekt, den ich am Tag des Austausches als Willkommen der Gefangenen äußern werde.
Heute werde ich aber nicht auf die Politik im Libanon und interne Frage eingehen. Denn vor einigen Stunden erfuhren wir, dass die britische Regierung die libanesische Hisbollah auf die Liste der Terrororganisationen gesetzt hat.
Das war keine unerwartete Entscheidung, ich sehe das als natürlich an; denn sie wurde von einer Regierung getroffen, die hauptsächlich für die Gründung des Besatzerregimes Israel verantwortlich ist. Das Land, in dem der Balfore-Vertrag aufgesetzt wurde und Salman Rushdie die Satanischen Verse schrieb. Ein Schriftsteller, der die gröbsten Beleidigungen unserer Zeit gegen den Propheten des Islam ausdrückte und dann auch noch von der Königin dafür ausgezeichnet wurde.
Wenn jemand unserem Propheten diese haltlosen Anschuldigungen anhängt, da ist es nur natürlich, dass er das gleiche auch mit den Anhängern des islamischen Propheten tut.
Das sind natürliche Entscheidungen und die Engländer sind daran gewöhnt. Jedes Mal, wenn die Besatzer Palästinas, des Irak, Afghanistans und des Libanon derartige Anschuldigungen aussprechen, sehen wir das als eine Ehrenmedaille für uns, denn das zeigt, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden und mit unserem Volk den Besatzern gegenüber stehen.
Doch der Zeitpunkt für diese Entscheidung ist bedenklich, da er mit dem Gefangenenaustausch zusammentrifft. Diese Aktion zeigt nochmals das menschliche Wesen des Widerstandes und die Würdigung des Menschen und seiner Ehre durch die Hisbollah. Denn sie ist dagegen, dass ihre Kinder in den Gefängnissen der Feinde ausharren. Der Widerstand im Libanon ist modern und menschlich. England, das sich als erster und wichtigster Verbündeter des zionistischen Regimes sieht, versucht dieses Gesicht zu besudeln, doch wir sind solche Aktionen gewöhnt.
Die Geschichte wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zeigen, dass alle Angriffe gegen den Widerstand abprallen werden und nichtig sind.
Kommen wir zum eigentlichen Thema zurück.
Zu den Gesprächen nach Kriegsende und der Resolution 1701 wurde auch die Frage nach einer Vermittlung zur Befreiung der Gefangenen aktuell. Im Gegensatz zu dem, was behauptet wurde, wurde die Vermittlung durch den UN-Generalsekretär und nicht durch Deutschland vorgeschlagen. Der UN-Generalsekretär schlug einen deutschen Vermittler vor. Ich erinnere mich daran, dass in den schwierigen Phasen Deutschland eingriff, doch der Hauptinitiator war die UNO.
In der ersten Phase der Gespräche stellten wir die Bedingung, dass alle Verhandlungspunkte geheim bleiben müssen. Wir wollten keine Propaganda. Man hätte auch immer wieder für Schlagzeilen bei den Verhandlungen sorgen können, doch wir hatten ein menschliches Ziel; wir wollten, dass die Gefangenen befreit, das Schicksal der Verschollenen geklärt und die Leichen der Märtyrer in die Heimat zurück gebracht werden.
Es sickerten auch Nachrichten durch, wofür jedoch nicht wir verantwortlich waren. Vor einigen Wochen kamen wir zu einer ersten Einigung, die auch durch die Regierung des Feindes bestätigt werden musste. Israelische Medien hatten zwei Wochen zuvor dieses Ergebnis mit allen Einzelheiten bekannt gegeben. Wir haben jedoch nichts gesagt. Wir hatten aus den vorigen Verhandlungen die Lehre gezogen, dass die Bekanntgabe von Einzelheiten dem Verlauf der Verhandlungen schaden wird.
Ihr erinnert euch, dass ich nach der Gefangennahme der zwei israelischen Soldaten eine Pressekonferenz gab, in der ich über diese Angelegenheit sprach und dabei auch Samir Ghantar als ein Hauptthema zur Sprache brachte. Da habe ich keine Grenzen festgesetzt, denn das hätte zu Problemen geführt. So war es nicht nötig, dass ich irgendwelche Grenzen in den Medien nannte; besser war es, fern von Propaganda die Grenzpunkte bei den Verhandlungen festzusetzen.
Dies ist das erste Mal, dass ein Mitglied der Hisbollah darüber spricht, denn das ist allein Aufgabe des Generalsekretärs. So wurde alles unternommen, damit die Verhandlungen bis zum Ende geheim bleiben.
Es begannen langwierige, schwierige und komplizierte Verhandlungen, die manchmal sehr schleppend voran gingen oder gar stecken blieben, denn beide Seiten warteten auf die Gegenseite. Aber wir haben zu keiner Zeit einen Punkt erreicht, in dem wir die Verhandlungen als beendet erklärten und nach anderen Wegen suchten mussten.
Unsere Abgeordneten, die an den Verhandlungen teilgenommen hatten, waren sehr fähige, erfahrene und gläubige Menschen. Sie haben sich sehr bemüht. Ich muss gestehen, dass auch der deutsche Vermittler sich ernsthaft einsetzte, seine langwierigen Gespräche sind lobenswert.
Einige Monate lang wurde nur über Grundsätze und Prinzipien verhandelt. Bei jeder Verhandlung werden zunächst die Grundsätze und Rahmenbedingungen erörtert und dann wird zur nächsten Phase übergegangen.
Aus unserer Sicht galt bei diesen Bedingungen auch, dass über alle Gefangenen, also auch Samir Ghantar, gesprochen wird. Die zweite Bedingung war, dass die Leichen aller Märtyrer, die in Massengräbern lagen, ausgeliefert werden. Der dritte Punkt befasste sich mit den Verschollenen, besonders jenen, die 1982 oder davor verschwunden waren. Der vierte Punkt war die Freilassung der palästinensischen und arabischen Gefangenen und auch die der vier iranischen Diplomaten, die nach unserer Ansicht 1982 von libanesischen Handlangern an Israel ausgeliefert wurden.
Nach der Festlegung dieser Grundsätze ging man dann über zu den Einzelheiten über Namen und Art des Austausches. Israel brachte Ron Arad und die zwei Soldaten zur Sprache. Sie hatten die Leichen der zehn gefallenen israelischen Soldaten vergessen.
Sie willigten in die Freilassung der Libanesen außer Ghantar ein. Unsere Brüder, die heute in den Gefängnissen sitzen und dem Widerstand angehören, haben im Sommer 2006 für die Freilassung der Gefangenen gekämpft. Sie und ihre Familien haben zwei schwere Jahre hinter sich gebracht. Wir konnten sie sehr schnell frei bekommen, doch wir wussten, dass weder sie noch ihre Familien die Freilassung der libanesischen Gefangenen ohne Ghantar akzeptieren würden. Da waren auch die Leichen von acht oder neun Märtyrern, deren Leichen Israel zurückgeben wollte. Die Freilassung von arabischen und palästinensischen Gefangenen lehnte Israel jedoch ab.
Die Verhandlungen wurden fortgesetzt. Ein Jahr der Verhandlungen brachten keine Ergebnisse. Beide Seiten hielten an ihren Grundsätzen fest. Erst in den letzten Monaten hat es Fortschritte gegeben, wofür einige Gründe zu nennen sind.
Zunächst waren es die menschlichen Initiativen. Ein libanesischer Gefangener und zwei Leichen der Widerstandskämpfer gegen die Leiche eines israelischen Siedlers, die aus dem Meer geholt wurde, brachten den Durchbruch.
Dann kam die Freilassung von Nassim Nassr und Übergabe der restlichen Leichen israelischer Soldaten.
Vor einiger Zeit wurde bei den Verhandlungen erwähnt, dass Israel nicht mit der Freilassung von Ghantar einverstanden ist. Wir beließen es dabei, damit die Gegenseite dadurch nicht in Bedrängnis gerät. Aber dann stimmten sie doch seiner Freilassung zu und das Problem war gelöst.
Zu den Einzelheiten muss ich sagen, dass bei den Verhandlungen über Ghantar und vier weitere Kämpfer auch der Name Yahya Askaf zur Sprache kam. Die Israelis bestanden darauf, dass er bei der Operation Dalal Maghrebi den Märtyrertod gefunden hat. Das hatten sie zuvor auch behauptet, wir forderten seinen Leichnam, was die Israels jedoch ablehnten.
Sie meinten, dass sie fünf Leichen von dieser Operation haben, DNA-Tests würden dann ergeben, ob sich Askaf unter ihnen befindet oder nicht. Auf unserer Liste der Märtyrer seit 1987 sind 199 Namen verzeichnet, deren Leichen sich beim Feind befinden. Sie haben nun mit der Aushebung der Gräber begonnen; das war eine wichtige Sache.
Die Familien der Märtyrer wissen sehr gut, welches Gefühl es ist, wenn nach Jahren die Leichen ihrer Lieben wieder in die Heimat zurückkommen.
Die größte Ehre für die Märtyrer ist es, dass sie offizielle Gräber mit Schriften aus Licht haben.
Dabei wurde auch Mohammad Faran erwähnt, ein libanesischer Fischfänger. Er war vor den Küsten im Süden verschwunden, später fand man sein Boot, auf dem Blutspuren zu sehen waren.
Wir glauben, dass er bei den Israelis ist und sie für ihn verantwortlich sind. Seine Situation sich wird am Tag des Gefangenenaustausches endgültig klären.
Aus den Ergebnissen der DNA-Tests können wir entnehmen, dass viele Akten nun geschlossen werden können. Die Situation aller Gefangenen, Leichen, Verschollenen wird sich klären und die Sache wird damit erledigt.
In der Iran-Frage hat es keine Neuigkeiten gegeben. Man erwartet, dass der deutsche Vermittler den Endbericht der Israelis über die vier iranischen Diplomaten erhält. Demgegenüber werden wir unseren Bericht über das Schicksal des israelischen Piloten Ron Arad dem internationalen Vermittler übergeben. In den nächsten zwei Tagen wird er nach Beirut kommen und diesen Bericht erhalten.
Über Ron Arad muss ich sagen, dass wir vor dem Krieg im Sommer 2006 über ihn recherchierten. Damals schon verfolgten wir zwei Spuren. Zunächst das Schicksal von Arad und dann die Operation zur Gefangennahme von Israelis.
Wir recherchierten vor Ort und sammelten Zeugenaussagen. Schließlich kamen wir zu einem Ergebnis, wofür wir Beweise haben. Diese werden aber nicht in den Medien bekannt geben. Es wurde viel unternommen, der Vermittler wird den schriftlichen Bericht erhalten und es ist nun an ihm, ob er diesen Bericht veröffentlicht oder nicht.
Zu der Schlussphase der Verhandlungen ist zu sagen, dass mit der Einwilligung in die Freilassung von Samir Ghantar auch die Freilassung der arabischen und palästinensischen Gefangenen zur Sprache kam. Dazu kann ich aber nichts weiter sagen, den Rest werde ich dann am Tag der Freilassung der Gefangenen bekannt geben. Es gab Faktoren, die diesen Prozess hätten beeinflussen können. Israel sagte uns, dass sie mit Abu Mazan Gespräche führten und gleichzeitig mit der Hamas über die Freilassung von Gilad Schalit verhandelten. Sie argumentierten, wie es möglich sei, dass sie mit den betroffenen Seiten verhandeln, aber die Hisbollah nun die Freilassung der Gefangenen fordert. Das war eine logische Argumentation.
Nach dem Krieg im Sommer 2006 einigte man sich darauf, dass diese beiden Angelegenheiten getrennte Themen sind. So trennten wir die Frage der palästinensischen und libanesischen Gefangenen.
Über die arabischen Gefangenen sagte uns Israel, dass es da Probleme gibt. Sie hätten mit Jordanien einen Friedensvertrag unterzeichnet und könnten daher die jordanischen Gefangenen nicht an die Hisbollah ausliefern. Das Gleiche gelte auch für die syrischen Gefangenen, da Israel auch mit Syrien Verhandlungen aufgenommen hat. Die Hisbollah solle nicht alle Araber vertreten.
Manche israelische Minister sagten, wenn der Hisbollah alle Wünsche erfüllt werden, steigt Nassrallah zum König der Araber empor. Ich habe das nie gewollt und werde es auch nie wollen. Ich will nur den Kämpfern, die in israelischen Gefängnissen sind, helfen.
Wir bestanden darauf, dass die palästinensischen Gefangenen an uns ausgeliefert werden.
Schließlich einigten wir uns aber darauf, dass ich einen Brief über die 11 tausend palästinensischen und arabischen Gefangenen an den UN-Generalsekretär schreibe und die internationale Gemeinschaft für sie verantwortlich mache.
Natürlich werden der UN-Generalsekretär und der israelische Ministerpräsident ihre eigenen Argumente haben.
Der UN-Generalsekretär sah die Verantwortung ein und sagte, er werde sich für die jordanischen und syrischen Gefangenen einsetzen.
So haben wir nun besonders im Fall Libanon diese Ziele erreicht. Der große Erfolg liegt in der Freilassung von Samir Ghantar. Gegenüber dieser Errungenschaft und diesen Möglichkeiten, die für die anderen Gefangenen ebenfalls vorhanden sind, erkläre ich heute offiziell, dass wir diese Vereinbarung ebenfalls akzeptieren und in allen Schritten mitwirken werden.
Unsere Unterhändler haben in dieser Zeit in allen Punkten eine Einigung erzielen können. Ich nehme an, dass in den nächsten Tagen ein konkreter Zeitplan entsteht und der Austausch um den 15. Juli geschieht. Es ist aber besser, dass das Datum nicht festgelegt wird. Ich nehme an, dass in ein oder zwei Wochen die Vereinbarung endgültig umgesetzt wird.
Da muss ich noch drei Punkte anführen und die übrigen Themen auf den Tag des Austausches verlegen.
Erstens gratuliere ich allen Libanesen zu diesem Sieg und Erfolg. Ich hoffe, dass alle Libanesen diese Sache als ihren Sieg anerkennen. Wir wollen ihn auch nicht für interne Diskussionen nutzen. Darin liegen eben unsere Grundsätze. Alle können diesen Sieg als den ihren bezeichnen. Niemand ist dabei gescheitert.
Ich hoffe, dass alle Libanesen die Bedeutung dieses Erfolges erkennen. Denn damit wird der Libanon mit Hilfe Gottes das erste arabische Land sein, das die Akte seiner Gefangenen bei Auseinandersetzungen mit Israel schließt. Danach wird es keine Märtyrer oder Gefangene mehr in den Besetzten Gebieten geben. Manche können sagen, die Hisbollah wolle das für sich nutzen. Das ist aber nicht wichtig; ich denke nur an die Freude der Familien.
Wir konnten das ganze libanesische Land außer den Schebaa-Feldern und die Kfar Schuba-Höhen befreien; auch alle Gefangenen konnten aus israelischer Gefangenschaft befreit werden, was ein großer Erfolg ist.
Zweitens: Die Karawane der Märtyrer wird den Libanon erreichen. Libanesen, Palästinenser, die Palästinenser in den Lagern und die verschiedenen Gruppen müssen bei der Beisetzung der Märtyrer sich ihrer moralischen Verpflichtung bewusst werden und der Opferbereitschaft dieser Märtyrer gedenken.
Dieser Anlass muss zu einer umfassenden und nationalen Ehrung und zu einer Gelegenheit werden die alle Gruppen einander näher rücken lässt. Ich persönlich bin trotz der schwierigen Sicherheitslage bereit, an jeder Feier und jedem Treffen teilzunehmen, das der Annährung der Gruppen und Führer im Libanon weiterhilft. So soll das Land diese empfindliche und schwierige Phase des Misstrauens und des Hasses hinter sich bringen. Ich rufe alle Libanesen auf, an dieser nationalen Feier teilzunehmen.
Drittens: Ich betone, dass alle nationalen und patriotischen Gruppen bei dieser Nationalfeier nichts Provozierendes unternehmen. Man soll gestatten, dass die Opferbereitschaft der Märtyrer und der Gefangenen geehrt und gewürdigt wird, damit wir unsere Herzen vereinen können.


Frage: Wir hoffen, dass alle Gefangenen bald frei kommen. Dennoch beobachten wir, dass letztlich ein Gefangener bleiben wird und das sind Sie. Warum wurde dieser Punkt bei den indirekten Verhandlungen nicht zur Sprache gebracht? Zweite Frage, warum haben Sie die libanesische Regierung nicht hinzugezogen?

Nassrallah: Zur ersten Frage muss ich mich bei Ihnen wegen der Aufmerksamkeit bedanken. Die Erklärung jedoch ist, dass ich kein Gefangener bin, sonders der freieste Mann auf der Welt. Vielleicht glauben einige, dass Nassrallah ein schweres Leben führt. Das ist aber falsch. Ich lebe mein Leben und natürlich werde ich dabei auch einige Maßnahmen treffen. Ich habe aber kein Interesse daran, Garantien vom israelischen Feind zu bekommen, während alle Libanesen, Palästinenser und Araber jeden Moment der Gefahr ausgesetzt sind, ihr Leben zu verlieren. Unser Vorbild sind Ragheb Harb, Emad Moghnije und Seyyed Abbas Musawi. Ich werde keine Sicherheitsgarantien vom Feind akzeptieren.
Ich sehe mich als Kämpfer für die Libanesen und alle Freiheitsliebenden und trachte nicht nach solchen Garantien. Zur zweiten Frage muss ich sagen, dass es da kein Problem gab, doch man erinnert sich, während des Krieges und sogar danach haben wir die Akte an den Parlamentschef Nabih Berry weitergegeben.
Er führte Verhandlungen und danach änderte sich die Situation. Berry gab uns die Akte zurück. Das eigentliche Problem ist, dass der Feind die Regierung des Libanon unter Druck setzte und damit die bedingungslose Freilassung der zwei Gefangenen erzwingen wollte. Wir hatten kein Problem, die Regierung hinzuzuziehen, unter der Bedingung, dass die Gefangenen bei uns bleiben.
Ich frage nun, wenn wir die Gefangenen an die Regierung ausgeliefert hätten, was würde dann rechtlich geschehen? Ich habe nur ein menschliches Ziel, das in der Rückkehr der Gefangenen liegt. Es war ein wertvoller Punkt bei diesen Verhandlungen, dass Israel niemals ein Anzeichen und eine Andeutung darüber erhielt, ob die Gefangenen tot oder am Leben sind.
Das Verhandlungsteam der Hisbollah hat zwei Jahre verhandelt, bei jeder Sitzung über 10 Stunden und dennoch gab es keine Anzeichen über das Schicksal der zwei israelischen Gefangenen. Der Märtyrer Rafik Hariri wollte in dieser Angelegenheit vermitteln, wegen seiner Freundschaft zu Chirac. Er reist in der halben Welt herum, doch auch er stellte niemals die Bedingung, dass die israelischen Gefangenen an ihn als Ministerpräsidenten ausgeliefert werden müssen.
Wir verhandelten mit Hariri und es waren ernste und fortgeschrittene Verhandlungen in einer ruhigen Atmosphäre. Hariri war ein ernster Verhandlungspartner. Für uns waren die Ziele wichtig.

Frage: Israel scheint gegenüber der Hamas und der Hisbollah zur Ruhe zu kommen. Will Israel bald Iran angreifen? Was wird Ihre Antwort auf einen solchen Angriff sein?

Nassrallah: Das kann niemand voraussehen. Meine persönliche Meinung ist, dass das ein Fehler ist. Israel kann niemals ohne Unterstützung aus den USA einen solchen Schritt unternehmen.

Frage: In Ihrer Rede sprachen sie von Möglichkeiten, um einige Dinge umzusetzen. Könnte es sein, dass Sie nochmals Gefangene machen?

Nassrallah: Dazu habe ich keine Antwort.

Frage: Warum akzeptierte Israel einen Gefangenenaustausch mit der Hisbollah aber nicht mit der Hamas? Obwohl nicht feststand, ob die Gefangenen bei der Hisbollah noch leben oder nicht, aber der Gefangene bei der Hamas mit Sicherheit noch am Leben ist.

Nassrallah: Wir haben da keine Andeutungen gemacht. Alle Informationen in Israel basieren auf Vermutung und Analysen. Ich habe sogar gehört, der MOSSAD-Chef habe von einer libanesischen Quelle erfahren, dass die zwei israelischen Gefangenen nicht mehr am Leben sind.
Wir kennen diese Quelle nicht. Die ganze Angelegenheit hatte ihre eigenen Schwierigkeiten. Sie wissen, dass die Sache mit Samir Ghantar sehr kompliziert war. Gilad Schalit könnte aber auch für die palästinensischen Brüder Erfolge haben.

Frage: Werden Sie diesen Sieg den Libanesen schenken und auch über die Waffen der Hisballah reden? Werden Sie sich bei den Einwohnern von Beirut für die Ereignisse im vergangenen Mai entschuldigen?


Nassrallah: Ich habe zuvor erwähnt, dass dieser Sieg allen Libanesen gehört. Den Sieg im Krieg im Sommer habe ich ebenfalls den Libanesen geschenkt. Doch die libanesischen Führer sagten, ob der Sieg nun Iran oder Syrien gebühre. Zu den Waffen muss ich sagen, dass wir unsere Verteidigungsstrategie vor Jahren festgelegt haben. Das wurde erstmals bei der Einigung zwischen der Hisbollah und der Freien Nationalen Bewegung schriftlich festgelegt. Diese Frage wurde auch bei den nationalen Verhandlungen gestellt und wir legten unsere Standpunkte vor.
Wir haben kein Problem damit. Doch in den letzten Tagen ist uns zu Ohren gekommen, dass man behauptet, die Hisbollah will das Abkommen von Doha kentern, denn sie will nicht, dass man über ihre Waffen redet. Das ist lächerlich. Eine Regierung der nationalen Versöhnung war eine Hauptforderung des Widerstandes und der Opposition, für die man zwei Jahre hart gearbeitet hat. Man sollte die Libanesen etwas mehr respektieren. Wir haben uns mehr als alle anderen für die Festlegung einer Wahlverfassung eingesetzt.
Wir haben Informationen darüber bekommen, dass Frau Rice mit libanesischen Verantwortlichen über die Verschiebung der Parlamentswahlen gesprochen haben soll. Das bezieht sich auf die Zeit vor der Wahl von Michel Suleiman. Zur Verteidigungsstrategie muss gesagt werden, dass wir bereit sind jetzt und auch in Zukunft darüber zu sprechen. Nur wer schwach ist, scheut sich vor Verhandlungen. Unsere Logik ist stark und wird mit jedem Tag stärker. Wir haben klare und umfassende Perspektiven und daher fürchten wir uns vor nichts und niemandem.
Wir sind immer bereit zu verhandeln. Zum letzten Punkt muss ich sagen, wenn man sich die Ereignisse nicht genau betrachtet und sich bei einander entschuldigt, wird das zu nichts führen. Die Anhänger des Widerstandes, die zum Teil in Beirut sind, die Familien der Märtyrer und der Gefangenen sind es würdig, dass diejenigen, die sie beleidigt haben, sich bei ihnen entschuldigen. Wenn das geschieht, sind wir auch dafür bereit.
Als die Hisbollah im Jahre 2004 die Gefangenen befreite, stellte sich Anwar Jassin als ein kommunistischer Gefangener nach seiner Freilassung gegen die Hisbollah. Damals sagte man, wer nicht für den Widerstand stimmt, hat gegen sie gestimmt. Nun soll Ghantar freigelassen werden. Er gehört einer gewissen Gruppe im Libanon an, die gegen die Hisbollah ist. Könnte er sich wie Jassin dem Widerstand widersetzen?
Für Personen zu stimmen, die nicht auf der Liste des Widerstandes stehen, bedeutet nicht, dass man gegen ihn stimmt. Wenn jemand dies damals gesagt hat, erkläre ich heute, dass es falsch und ein Fehler war. Wir respektieren Anwar Jassin besonders. Ghantar wird ebenfalls für sich entscheiden. Partei und Überzeugungen sind persönliche Dinge, die jeder für sich entscheiden muss.
Ghantar ist sehr erfahren und sehr geduldig. Seit dreißig Jahren sitzt er in israelischen Gefängnissen. Er ist eine symbolträchtige Persönlichkeit. Für uns ist wichtig, dass er gesund in seine Heimat und zu seiner Familie zurückkehrt. Wir haben nur unsere Pflicht erfüllt und erwarten dafür keinen Preis.

Frage: Was sagen Sie zu dem heißen Sommer? Was ist Ihr Standpunkt zu den Schebaa-Feldern und der Möglichkeit, dass sie der UNO überlassen werden?

Nassrallah: Zunächst einmal ist das eine verantwortungsvolle Angelegenheit. Ich habe alle Libanesen aufgefordert, im Gegensatz zu den Äußerungen von David Welsch, einen ruhigen Sommer zu verbringen.
Es kursieren viele Gerüchte im Libanon. Wir haben nun die Übergangsphase hinter uns und bestehen auf der Umsetzung des Abkommens von Doha und Linderung der Qualen. Für mich persönlich ist es sehr schwierig, die Türen zu öffnen, doch wir haben das getan.
Der Präsident soll große Anstrengungen unternommen haben. Ich glaube nicht, dass jemand im Libanon Probleme bereiten möchte. Wenn eine neue Regierung gegründet wird, ist es natürlich, dass sich die Lage beruhigen wird. Vor einigen Tagen gab es Auseinandersetzungen in Baalbak und Harmel. Schiiten und Sunniten wurden getötet. Weil es aber einen starken Willen gibt, wurde die Angelegenheit rasch beigelegt. Es bestand die Gefahr, dass der Vorfall religiöse und ethnische Dimensionen annimmt, die Satelliten zu arbeiten beginnen und die Auseinandersetzung sich zuspitzen werde. Ich persönlich bin der Ansicht, dass sich die Dinge ins Positive entwickeln. In den nächsten Tagen werden Treffen stattfinden, die helfen sollen diese gespannte Lage zu lösen.
Im Gegensatz zu dem was behauptet wird, ist die Hisbollah über eine Freigebung der Schebaa-Felder nicht unzufrieden. Am 26. Mai sprach ich über die Strategie der Befreiung. Unsere Verteidigungsstrategie verteidigt das freie Land und nicht die Befreiung. Ich sagte, dass wir die Strategien „Befreiung und Verteidigung" brauchen. Es hat keinen Tag gegeben, an dem die Regierung die Befreiung der Gefangenen anstrebte und dabei von der Hisbollah gehindert wurde. Es hat auch keinen Tag gegeben, an dem die Regierung die Schebaa-Felder befreien wollte und die Hisbollah das verhinderte; im Gegensatz, wir werden dabei helfen.
Uns ist die Befreiung wichtig. Die Erfahrung sagt uns, dass die Diplomatie das Land nicht befreien kann, wenn es aber so sein sollte, begrüßen wir das. An dem Tag, an dem Israel die Schebaa-Felder verlässt, werden wir unser Fest feiern. Doch ich sage euch, jeder der heute über die Schebaa-Felder spricht, hat die bewaffnete Hisbollah im Hinterkopf. Wenn es keine Hisbollah und ihre Waffen nicht gegeben hätte, würde auch niemand über diese Felder sprechen.
Auch wenn wir nicht mit unseren Waffen in den Krieg ziehen und diese Region befreit wird, ist es wegen der Hisbollah und ihren Waffen. Wir sehen kein Problem darin, dass Israel sich zurückzieht und die Region an die UNO abgegeben wird; dennoch sehen wird das nicht als eine vollständige Befreiung. Die tritt erst ein, wenn dieser Teil des Libanon unter Kontrolle der libanesischen Regierung gestellt wird. Der erstaunliche Punkt ist, dass derjenige, der diese Angelegenheit verfolgen muss, darauf verzichtet hat.

Frage: Es scheint, dass Sie mit ihrem Bericht über Ron Arad das Schicksal der iranischen Diplomaten aufklären können?

Nassrallah: Lasst uns nicht voreilig sein. Der deutsche Vermittler wird den Bericht erhalten und an uns weiterleiten. Lasst uns zunächst sehen, was in diesem Bericht steht und was die israelische Seite meint. Noch ist die Akte.

Frage: Sie sprachen über die Punkte der Einigung, doch haben Sie nicht auf die Pläne der Minenfelder hingewiesen?

Nassrallah: Die wurden schon zuvor ausgehändigt. Sie meinten, dass das alles sei. Doch diese Pläne waren nicht vollständig. Zu den Streubomben kann es keine Pläne geben.

Frage: Sie sagten, dass die Akte der Gefangenen geschlossen ist und das Problem der Schebaa-Felder politisch beendet werden kann. Sind Sie nicht besorgt über den Widerstand? Eine andere Frage ist, werden Sie am Tag der Freilassung neben Saad Hariri und Walid Dschonblat an der Begrüßung teilnehmen?

Nassrallah: Zur ersten Frage: Wir fürchten uns nicht und sind bereit, unsere Verteidigungsstrategie für den Libanon durchzuziehen. Die Befreiung der Gefangenen und der besetzten Gebiete hat gezeigt, dass nun die Angelegenheit mit der Befreiung beendet und nur noch die Verteidigung Thema ist.
Da gibt es noch die Expansionspolitik Israels in den libanesischen Gewässern. Das wird in einem Bericht belegt, der vor kurzem veröffentlicht wurde. Dann gibt es noch die Frage der palästinensischen Flüchtlinge. Das alles zeigt, dass sich Libanon weiterhin im Kreis der Bedrohung befindet.
Die Verteidigungsstrategie bedeutet, wie wir als Libanesen uns vor der Habgier und der Gefahr wehren können. Wenn es eine Logik in anderen Verteidigungsformen gibt, warum sollten wir sie nicht nutzen, damit unsere Mitglieder zu ihrem normalen Leben zurückkehrenkönnen?
Wir wollen unsere Waffen nicht ewig behalten. Diese Waffen und die Kämpfer werden aber für ihre nationale Verantwortung eingesetzt, die sich Verteidigung der Heimat nennt. Wenn jemand die Probleme der Menschen im Süden des Libanon, die in den letzten 30 Jahren dort herrschten, lösen kann- Menschen, die in dieser Zeit am meisten unter den Aggressionen Israels gelitten haben- dann werden wir uns ihm anschließen. Es wird immer gesagt, dass eine Gruppe im Libanon den Widerstand monopolisiert hat. Aber haben wir je behauptet, dass der Widerstand auf eine besondere Gruppe beschränkt ist?
Wir haben uns nicht als Stellvertreter der Regierung vorgestellt. Aus religiöser Überzeugung meinen wird, dass die Verteidigung des Libanon eine religiöse Pflicht ist. Wenn jemand die Pflicht erfüllen kann, dass soll er es tun. Die Anhänger des Widerstandes sind realistisch und geduldig. Sie müssen aber Verantwortung übernehmen und das akzeptieren, was dem Land am besten dienen kann.
Sie sind bereit ihr Blut, ihre Häuser und ihre Familie zu opfern, damit der Libanon geehrt wird. Wenn es solche Treffen geben sollte, habe ich kein Problem damit. Doch nehme ich nicht an, dass ich wie 2004 öffentlich auftreten und die Befreiten begrüßen kann. Wenn Gott mir jemals den Segen des Märtyrertodes geben sollte, ziehe ich es vor, dadurch nicht andere zu gefährden.