Wie die Ahlulbayt Nachrichtenagentur ABNA berichtet, Von: Willy Wimmer, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers der Verteidigung a.D. 2.12.2020
Alleine schon die letzten Wochen machen deutlich, was mit der NATO los ist. Jetzt wird der Eindruck beim gestrigen Treffen der NATO-Außenminister erweckt, man könne bei der NATO etwas reformieren, um sie zukunftsfähig zu machen. Das ist eine vergebliche Liebesmüh.
Afghanistan macht deutlich, was an der NATO nicht stimmt und nie stimmig gemacht werden kann. Die NATO dient einzig und allein dem alten Ziel, das bei ihrer Gründung 1949 durch den damaligen NATO-Generalsekretär Ismay ausgegeben worden war: die Amerikaner rein nach Europa, die Russen raus aus Europa und die Deutschen in Europa unten halten. Das war aus angelsächsischer Sicher hochgradig konsequent. Das war seit 1871 und den damailgen
Ansichten des britischen Premierministers Disraeli konsequente britische und amerikanische Politik
nach der Gründung des Deutschen Reiches und wegen der Gefahr einer Zusammenarbeit zwischen den beiden Kontinentalmächten Russland und Deutschland. Über Versailles 1919 wurde diese Politik konsequent fortgesetzt, wie Alexander Sosnowski und ich 2019 in unserem Buch "und immer wieder Versailles" unter Beweis gestellt haben. Selbst der französische Präsident Macron hat in diesem Zusammenhang die Verantwortung Frankreichs für die national-sozialistische Bewegung eines Adolf Hitler vor wenigen Monaten öffentlich festgestellt.
In einer Zeit der gezielten Tötungen wichtiger Persönlichkeiten fremder Länder sollte man sich in Deutschland in Erinnerung rufen, was die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg bestimmte. Da wurde 1922 der damalige deutsche Außenminister Walter Rathenau auf offener Straße ermordet und damit derjenige, der nicht nur für die deutsche Kriegswirtschaft im Ersten Weltkrieg maßgebliche Verantwortung getragen hatte. Walter Rathenau war derjenige, der versuchte, das von "Versailles" bestimmte Deutschland vor dem endgültigen Absturz durch eine enge
Zusammenarbeit mit der Sowjetunion zu bewahren. Zeitgleich wurde durch vor allem amerikanische Finanzmittel und mit Wissen der US-Regierung der stramm antikommunistisch und antisemitisch eingestellte Adolf Hitler vor der politischen Bedeutungslosigkeit mit Hilfe des US-Militärattachés in Berlin bewahrt. Da war es zielführend konsequent, wenn ein Reichskanzler Hitler umgehend die enge Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und Roter Armee nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 beendete.
Für eine Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland waren die amerikanischen Finanzmittel an Hitler jedenfalls nicht geflossen.
Der Art und Weise, wie nach 1990 und dem Ende des Kalten Krieges jede Zusage an die damalige sowjetische Führung, die NATO in einen Konsultationsmechanismus zu verwandeln und keinesfalls eine militärisch integrierte NATO nach Osten auszudehnen, gebrochen wurde, macht heute eines mehr als deutlich. Die alte Zielvorgabe für die Gestaltung des euro-asiatischen Kontinentes bleibt unverändert bestehen. Eine gedeihliche Zusammenarbeit auf dem euro-asiatischen Kontinent zwischen Russland und Deutschland muss unter allen Umständen hintertrieben werden. Das ist der Zweck der NATO und das im Vorfeld einer Präsidentschaft Joe Biden, der wie kein Zweiter für die Kriegs-und Drohnenmord-Politik des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Obama steht.
Was uns da bevorsteht, kann man an einem Punkt der Empfehlungen für die NATO-Außenminister sehen.
Die Einstimmigkeit für Kriegsbeschlüsse soll aufgehoben werden. Die Grünen haben am vorigen Wochenende bei ihrem Parteitag schon deutlich gemacht, welche Weg eingeschlagen werden soll, sich über die Charta der Vereinten Nationen dann hinwegzusetzen, wenn aus Washington wieder zum Krieg geblasen werden soll. Wenn die Einstimmigkeit fällt, fällt der letzte Anker für die Beachtung nationaler Verfassungen und des Völkerrechts, bis auf die Hilfsmittel aus den Zeiten der Kolonialpolitik wie "Recht auf Schutz anderer" und "Verhinderung humanitärer Katastrophen".
Wochen, nachdem die Welt sich an die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse erinnerte, geht die NATO in Missachtung der Konsequenzen aus dem Zweiten Weltkrieg ihren sehr speziellen Weg.
Am Ende des Zweiten Weltkrieges stand die Ächtung des Krieges und das Gewaltmonopol des Sicherheitsrates der UN. Mit dem völkerrechtswidrigen Krieg 1999 gegen die Bundesrepublik Jugoslawien hat die NATO nach Aussagen des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder nicht nur das Völkerrecht gebrochen. Die NATO hat damit den Rechtszustand des Jahres 1939 wiederhergestellt. An nichts wird das deutlicher als an einem Vergleich zwischen der Rechtslage, wie sie zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur NATO bestand und dem globalen Agieren mit Selbstermächtigung heute.
Die Pläne für die Endlos-Verlängerung der NATO werden zu einem Zeitpunkt vorgelegt, an dem die Sinnhaftigkeit des NATO-Einsatzes in Afghanistan hinterfragt wird. Fast 60 tote deutsche Soldaten und Milliarden deutscher Steuermittel wurden für fragwürdige Ziele in Kauf genommen. Es fing nach dem amerikanischen Einmarsch in Shebergan und anderswo mit Massenmorden an, als Container mit afghanischen Männern unter gezieltes MG-Feuer genommen wurden. Im Stationierungsgebiet der Bundeswehr wurde anfangs befriedet. Dies bis zu dem Zeitpunkt, als ohne jede Absprache mit den deutschen Verantwortlichen amerikanische Kräfte mit einem eindeutigen Kampfauftrag im Rücken der Bundeswehr auftauchten. Die deutsche Generalbundesanwältin weigerte sich, wegen der Massentötungen an afghanischen Hochzeitgesellschaften gegen die Täter vorzugehen, weil angeblich auch in den USA gegen die Verantwortlichen vorgegangen werden könne. Dabei weiß jeder, wie die Verantwortlichen in Washington das internationale Recht auf diesem Feld missachten. Nicht anders verhielt es sich mit der Aussage des damaligen afghanischen Präsidenten Karsai, nach der die Taliban 2004 den USA angeboten hatten, die Waffen auf ewig zu strecken und sich zu unterwerfen. Das Angebot wurde seitens der USA abgelehnt, so Karsai. Unsere Gesellschaften sind noch in der Lage, das sich daraus ergebende moralische Dilemma bei fortdauernder Existenz der jetzt bestehenden NATO tendenziell anzusprechen. Wenn die Einstimmigkeit und die Beachtung des Völkerrechtsendgütig fallen, gehen in "Europa und der Welt die Lichter aus".
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